Drucksache 17 / 15 326 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 20. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Januar 2015) und Antwort Archäologie in der Historischen Mitte Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche archäologischen Arbeiten haben bis- her im Bereich des sogenannten „Rathausforums“ stattgefunden und welche sind für 2015 geplant? Antwort zu 1: Im Bereich des sogenannten Rathausfo- rums fanden im Zuge des Weiterbaus der U5 von Ende 2009 bis Juni 2014 großflächige Grabungen in der Rat- hausstraße statt. Höhepunkt war die Freilegung des mit- telalterlichen Rathauses mit seiner rund 600-jährigen Geschichte. Die gute Erhaltung und die geschichtliche Bedeutung des Bodendenkmals führten zu einer Umpla- nung des künftigen U-Bahnhofes, wodurch etwa 80% des Grabungsfundes des alten Rathauses erhalten blieb. Eine Machbarkeitsstudie für die Einrichtung eines archäologi- schen Kellers ist in Arbeit. Seit September 2014 läuft wegen der geplanten Neu- gestaltung des Umfeldes der Marienkirche eine Grabung westlich der Kirche. Dabei wurden bisher zwei Hausstel- len und ein Teil des alten Friedhofes untersucht. Der erste Grabungsabschnitt endet am 13. Februar und ein zweiter Abschnitt wird von April bis Juli 2015 stattfinden. Die Spuren der Hausgrundrisse sollen im neuen Pflaster ge- zeigt werden und auf die einstige Bebauung hinweisen. Parallel zu dieser Grabung fand im November 2014 eine Untersuchung an den Fundamenten des ehemaligen Luther-Denkmals statt. Die Erhaltung des Fundamentes ist sehr gut, sodass die Mauerreste bei der geplanten Neu- aufstellung des Denkmals am alten Ort integriert werden können. Frage 2: Welche Funde von besonderer Bedeutung waren in diesem Zusammenhang bisher zu verzeichnen? Antwort zu 2: Die Grabung im Zuge der U5 hat zahl- lose interessante Funde hervorgebracht (siehe Antwort zu Frage 1). Es ist geplant, Funde und Befunde Ende 2016 monographisch vorzustellen. Genannt seien die Münzen, die erstmalig auf breiter Datenlage Auskünfte über den Umlauf und den Anteil der Fremdwährungen liefern. Zahllose Essensreste (Tierknochen) geben grundstücks- weise Auskünfte über die Nahrung und somit über auch über die soziale Stellung der Bewohnerinnen und Bewoh- ner nach Jahrhunderten gegliedert. Die klassischen Fund- stücke aus Keramik, Glas, Eisen und Buntmetall usw. ergeben durch die ungeheure Fundmenge detaillierte Aussagen zur Herstellung und Typenvielfalt vom 13. bis 20. Jahrhundert, aber auch zur sozialen Zusammensetzung der einstigen Bevölkerung. Bedeutsame Funde aus der jüngsten Vergangenheit stellen 15 Skulpturen sogenannter entarteter Kunst dar, die in den 1930er Jahren von deut- schen Museen eingezogen wurden und in der Rathaus- straße deponiert waren. Eine wissenschaftliche Bearbei- tung und Veröffentlichung dieser Stücke fand bereits durch das Museum für Vor- und Frühgeschichte statt. Frage 3: Wie bewertet der Senat den Stellenwert der archäologischen Arbeiten und ihrer Ergebnisse für das in diesem Jahr durchzuführende Dialogverfahren zur zu- künftigen Gestaltung der Historischen Mitte? Antwort zu 3: Der Senat hat die archäologischen Gra- bungen und deren Ergebnisse als bedeutend für die Ge- schichte und die Entwicklung von Berlin anerkannt. So wurde bereits in den Planungen darauf reagiert und archä- ologische Fenster an den bedeutenden historischen Orten wie dem Schlossareal, dem Petriplatz, dem Molkenmarkt und dem Rathaus vorgesehen. Es existieren umfangreiche Dokumentationen und es wird daran gearbeitet, die Funde auch vor Ort sichtbar zu machen. Daher wird der Umgang mit den archäologischen Funden im Rahmen des Dialog- prozesses ein wichtiges Thema sein. Es ist außerdem davon auszugehen, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Thema aufrufen und in den Prozess einbringen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 326 2 Frage 4: Welche Möglichkeiten gibt es für die Öffent- lichkeit, sich vor Ort einen Eindruck von den jeweils laufenden Arbeiten und ihren Ergebnissen zu verschaffen und wo wird in welcher Weise auf diese Möglichkeiten hin-gewiesen? Antwort zu 4: Die Einbindung der Öffentlichkeit ist durch die zahlreichen Führungen des Landesdenkmalam- tes in den Grabungsbereichen, durch Ausstellungen, durch Pressemitteilungen der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt sowie durch Fachpublikationen des Landesdenkmalamtes möglich. Die Führungen wurden und werden jeweils mittels Internetauftritt der Senatsver- waltung für Stadtentwicklung und Umwelt angekündigt. Frage 5: Wie viele Besucher haben im vergangenen Jahr von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht und welche Anstrengungen unternimmt der Senat, das öffent- liche Interesse an den Ausgrabungen angesichts ihrer Bedeutung für das anstehende Dialogverfahren zur zu- künftigen Gestaltung der Historischen Mitte kurzfristig weiter zu steigern? Antwort zu 5: Es ist eine hohe Besucherzahl zu regist- rieren, eine bezifferte Angabe ist nicht möglich. Durch stetige Projekte der Fachöffentlichkeitsarbeit der Senats- verwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und des Landesdenkmalamtes Berlin werden weitere Interessen- tenkreise erschlossen. Frage 6: Wie weit sind Planung und Umsetzung des Archäologischen Pfades in der Historischen Mitte inzwi- schen gediehen und welche Maßnahmen sind in diesem Zusammenhang für 2015 geplant? Antwort zu 6: Das Konzept des archäologischen Pfa- des soll parallel zu den Ausgrabungen an den bedeuten- den historischen Orten (Rathaus, Graues Kloster, Jüden- hof u. a. m.) in Verbindung mit den jeweiligen örtlichen Bauprojekten realisiert werden. Die Beantragung von Lotto- und von GRW-Mitteln 1 hat nicht zum Erfolg ge- führt. Daher wird in einem ersten Schritt die Aufstellung von zwei Stelen auf den Standorten Petriplatz und Domi- nikanerkloster am Schlossplatz geplant. Die Finanzierung dieser Stelen soll aus Mitteln der Entwicklungsmaßnahme „Hauptstadt Berlin – Parlaments- und Regierungsviertel“ in 2015 erfolgen. Über die Aufstellung weiterer Stelen in den kommenden Jahren ist im Rahmen der Haushalts- planaufstellung zu entscheiden. Berlin, den 06. Februar 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Feb. 2015) 1 Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regiona- len Wirtschaftsstruktur“