Drucksache 17 / 15 337 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 20. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Januar 2015) und Antwort „Null Toleranz“ bei Cannabis: Hohle Propagandashow von Innen- und Justizsenator? (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Rechnet der Senat zur Realisierung der Regelung zu „Null Toleranz“ bei Cannabis ab dem 1. April 2015 mit zusätzlichem personellen und materiellen Strafverfol- gungsaufwand und wenn ja, in welchem Umfang (bitte auflisten nach Stellenbedarf bei Polizei, Staatsanwalt- schaft, Gerichten sowie konsumtiven Ausstattungsmitteln bei den genannten Behörden)? 2. Wenn 1. ja: Wie wird die Absicherung dieses Zu- satzaufwandes sichergestellt? Insbesondere: Welche zu- sätzlichen Haushaltsmittel bzw. Stellen werden wann und aus welchen Haushaltstiteln zur Verfügung gestellt bzw. welche bisher unter Einsatz dieser Ressourcen erledigten Strafverfolgungsaufgaben werden angesichts der Priori- sierung der Repression gegenüber Besitzer*innen gerin- ger Mengen, die bislang nicht verfolgt wurden, zurückge- stellt? 3. Wenn 1. nein: Welchen Effekt soll die Neuregelung haben, wenn daraus resultierend mit keinerlei Zusatzauf- wand für die repressive Verwaltungstätigkeit bzw. die gerichtliche Ahndung gerechnet wird? Zu 1. - 3.: Die Neufassung der Gemeinsamen Allge- meinen Verfügung (GAV) des Senats zur Umsetzung des § 31a Betäubungsmittelgesetz (BtMG (GAV)) befindet sich derzeit noch in der Abstimmung zwischen den Res- sorts, ein etwaiger Mehraufwand kann nicht unabhängig von der konkreten Regelung beziffert werden. Eine Stel- lungnahme ist daher nicht möglich, zumal es sich bei den Straftatbeständen des Betäubungsmittelgesetzes um klas- sische Kontrolldelikte handelt, was die Einschätzung künftiger Entwicklungen des personellen und materiellen Aufwandes vor allem im Bereich der Justiz zusätzlich erschwert. 4. Sieht der Senat jenseits des Cannabishandels Ursa- chen für die Entwicklung der Sicherheitslage am Görlitzer Park? Wenn ja, welche? Zu 4.: Bis auf die Problematik des Drogenhandels weist der Görlitzer Park nach Einschätzung der Strafver- folgungsbehörden keine Besonderheiten im Vergleich zu anderen vergleichbaren Örtlichkeiten im Innenstadtbe- reich auf. 5. Für welche weiteren Betäubungsmittel gelten in Berlin Regelungen zur „geringen Menge“ nach § 31a BtMG, bei der von einer Strafverfolgung abgesehen wer- den kann/soll? Zu 5.: Berlin regelt in der GAV (der Senatsverwaltun- gen für Justiz und Verbraucherschutz, für Inneres und Sport sowie für Gesundheit und Soziales) zur Umsetzung des § 31a BtMG vom 20. Mai 2010 nur die Anwendung im Hinblick auf Cannabisharz und Marihuana, ohne sie auf andere Betäubungsmittel ausdrücklich auszuschlie- ßen. 6. In welchen Bundesländern existieren entsprechen- den Regelungen, wo unter anderem auch der Besitz ge- ringer Mengen von Kokain und Amphetaminen straffrei sein kann (bitte auflisten nach Bundesland, Substanz und Menge)? Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Erfahrungen mit diesen Regelungen? Zu 6.: Regelungen mit ausdrücklichen Mengenanga- ben zu anderen Betäubungsmitteln als Cannabis („harte Drogen“) finden sich in Bremen, Hamburg, NordrheinWestfalen , Sachsen und Schleswig-Holstein: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 337 2 Einstellung möglich bei: Heroin Kokain Amphetamin Ecstasy Bremen 1 g 1 g 3-4 Tabletten Hamburg 1 g 1 g deutlich unter 10 Tabletten Nordrhein-Westfalen 0,5 g 0,5 g 0,5 g Sachsen bis zu 3 Tabletten Schleswig-Holstein 1 g 3 g 3 g In den Ländern Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft im Einzelfall über- lassen. In den Ländern Bayern und Thüringen findet sich wie in Berlin keine Regelung zu „harten Drogen“. BadenWürttemberg hat hingegen ausdrücklich bestimmt, dass bei „harten Drogen“ eine Einstellung nach § 31a BtMG nicht in Betracht kommt. Mecklenburg-Vorpommern hat bislang gänzlich davon abgesehen, die Anwendung des § 31a BtMG in einer Verwaltungsvorschrift zu regeln. Eine aktuelle Länderumfrage zu den Erfahrungen mit Regelungen, die den Besitz geringer Mengen an „harten Drogen“ betreffen, liegt nicht vor. 7. Welche Erkenntnisse hat der Senat über das Volu- men des Cannabis-Handels rund um den Görlitzer Park? In welchem Volumen werden dort andere Betäubungsmit- tel gehandelt? Zu 7.: Das tatsächliche Volumen des Cannabis- Handels rund um den Görlitzer Park lässt sich nicht bezif- fern. Dies liegt insbesondere an der hohen Dunkelziffer im Bereich des Drogenhandels. Im Verhältnis zu anderen Betäubungsmitteln ist indes sowohl nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft als auch der Polizei ein deutliches Übergewicht von Cannabis festzustellen. So betreffen auch die im Zusammenhang mit dem Drogenhandel im und um den Görlitzer Park eingeleiteten Ermittlungsver- fahren überwiegend den Umgang mit Cannabisprodukten und nur in Einzelfällen den mit anderen Betäubungsmit- teln. 8. Inwiefern geht der Senat vor diesem Hintergrund davon aus, dass eine Herabsetzung der „geringen Menge“ bei Cannabis auf 1 Gramm einen Effekt auf den Drogen- handel am Görlitzer Platz entfalten wird? Zu 8.: Bei einer einschränkenden Anwendung der Ei- genbedarfsregelungen zu Cannabisprodukten ist mit ei- nem merklichen Effekt zu rechnen, da der Cannabis- Handel den weit überwiegenden Teil des Drogenhandels am Görlitzer Park ausmacht. 9. Sollen die Maßnahmen des Senats in ihrer Wirk- samkeit evaluiert werden? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Zu 9.: Maßnahmen zur Bekämpfung der Betäubungs- mittelkriminalität unterliegen wie andere Maßnahmen im Bereich der Bekämpfung von Straftaten im Rahmen ihrer Anwendung einer permanenten Bewertung vor allem ihrer Wirksamkeit und Angemessenheit. Berlin, den 05. Februar 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Feb. 2015)