Drucksache 17 / 15 350 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 12. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Januar 2015) und Antwort Wie geht es weiter mit der Pilotanlage SPREE2011 im Osthafen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist die Pilotanlage SPREE2011 Bestandteil der Strategie zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Berlin? a) Wenn nein, warum nicht? b) Wenn ja, ist ein Weiterbetrieb für einen guten Zu- stand der Spree notwendig? c) Wenn ja, welche Pläne haben die BWB für die zukünftige Planung der Pilotanlage? Antwort zu 1: Die Pilotanlage ist derzeit kein Bestand- teil der Strategie zur Umsetzung der Wasserrahmenricht- linie. Antwort zu 1a: Ziel des aktuellen Berliner Mischwas- sersanierungsprogramms ist es, das Entlastungsvolumen und die Entlastungsfrachten zu reduzieren. Dazu sind Zielgrößen vereinbart worden. Die Zielgrößen sind: Entlastungsrate Abflussvolumen: < 25 % des Jahresregenabflusses im Mittel über 20 Jahre Entlastungsrate Frachten (CSB,BSB5, AFS): < 20 % der Gesamtfracht im Jahresregenabfluss im Mittel über 20 Jahre Als Referenz für diese Zielstellung dient ein fiktives Trennsystem. Das heißt, es dürfen durch die Mischwas- serüberläufe nicht mehr als 25 % der Abflussmenge und 20 % der Schmutzfrachten eines fiktiven Trennsystems eingeleitet werden. Dies bedeutet, dass 75 % des mittleren Jahresregenabflusses und 80 % der mittleren Jahresfrach- ten im Kanalnetz zurückgehalten werden müssen. Auf der Grundlage dieser Zielstellung sind für sämtliche Pumpwerkseinzugsgebiete im Berliner Mischsystem Maßnahmen zum Rückhalt entwickelt worden. Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel werden aus dem Lan- deshaushalt bereitgestellt. Die Maßnahmen im Bereich Osthafen sind nahezu abgeschlossen. Über das laufende Mischwassersanierungsprogramm hinausgehende Ziele, die weitere Maßnahmen erforderlich machen würden, sind noch nicht festgelegt worden. Es zeichnet sich aber ab, dass auch nach Abschluss der flä- chendeckenden Maßnahmen für einzelne Gewässerab- schnitte in ökologischer Hinsicht ein weitergehender Sanierungsbedarf besteht. Denn auch nach Abschluss des Sanierungsprogramms können je nach Abfluss- und Wit- terungsverhältnissen durch Mischwasserüberläufe aus angrenzenden Einzugsgebieten kritische Sauerstoffman- gelsituationen auftreten. Zudem ist die Nutzung der Ge- wässer im Bereich der innerstädtischen Mischkanalisation zum Baden ein langfristiges Ziel. Die weitergehenden Planungen beginnen 2016. Die problembehafteten Ge- wässerabschnitte liegen alle in der Innenstadt. Hauptsäch- lich sind der Neuköllner Schifffahrtskanal, der Land- wehrkanal, die Spree (zwischen Landwehrkanal und Schleuse Charlottenburg) sowie der Berlin-Spandauer- Schifffahrtskanal betroffen. Antwort zu 1b und 1c: Entfällt, siehe Antwort zu 1a. Frage 2: Wie viele Mischwasser-Überläufe werden pro Jahr von der Pilotanlage SPREE2011 aufgefangen? a) Welche Schadstofffracht wird so nicht in die Spree eingeleitet? (Bitte um Angabe der Menge und Art der Schadstofffracht) b) Wie viele Mischwasserüberläufe und damit wieviel Schadstofffracht (Bitte um Angabe der Menge und Art der Schadstofffracht) gelangen trotz Anlage weiterhin in die Spree? Antwort zu 2, 2a und 2b: Die Pilotanlage leistet einen Beitrag zur Mischwasserentlastung der Spree von durch- schnittlich 7.500 m 3 /a. Somit werden 12 kg Phosphor, 29 kg Ammonium-Stickstoff und 460 kg Biochemischer Sauerstoffbedarf pro Jahr nicht in die Spree eingeleitet. Durch das Mischwassersanierungsprogramm im Pumpwerkseinzugsgebiet APw Friedrichshain, Berlin XII, Rudolfstraße (Osthafen) wird das Volumen des Misch- wasserüberlaufs in das Gewässer um 200.926 m³/a redu- ziert. Somit wird die Spree um 321 kg Phosphor, 763 kg Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 350 2 Ammonium-Stickstoff und ca. 13.000 kg Biochemischer Sauerstoffbedarf pro Jahr entlastet. Nach Abschluss des Sanierungsprogramms gelangen weiterhin ca. 197.000 m³ Mischwasser pro Jahr aus dem Pumpwerkseinzugsgebiet APw Friedrichshain, Berlin XII, Rudolfstraße in den Osthafen. Das entspricht einer Fracht von 315 kg Phos- phor, 748 kg Ammonium-Stickstoff und ca. 12.800 kg Biochemischer Sauerstoffbedarf pro Jahr. Siehe auch Antwort zu 3. Frage 3: Die Pilotanlage SPREE2011 ist als Teil des Forschungsprojekts kleiner dimensioniert als an Regen- überlauf notwendig wäre. a) Welche zusätzliche Speicherkapazität wäre am vorliegenden Regenüberlauf notwendig? b) Welche zusätzliche Speicherkapazität wäre an den Regenüberlauf im Osthafen notwendig, um diesen „einleitungsfrei“ zu gestalten? c) Mit welchen Kosten ist hier zu rechnen? Antwort zu 3a, 3b und 3c: Der Bezug auf einen ein- zelnen konkreten Regenüberlauf ist wasserwirtschaftlich nicht sinnvoll. Eine handhabbare Bezugseben ist das Pumpwerkseinzugsgebiet bzw. das gesamte Mischwas- sergebiet. In Berlin gibt es über 200 Regenüberläufe. Im Pumpwerkseinzugsgebiet APw Friedrichshain, Berlin XII, Rudolfstraße wird durch das Mischwassersa- nierungsprogramm durch Schaffung von 11.050 m³ Spei- cherraum das Überlaufvolumen um 200.926 m³/a redu- ziert. Die aktuellen Sanierungsziele werden damit bereits deutlich unterschritten. Durch die Pilotanlage (470 m³ Speicherraum) reduziert sich das Überlaufvolumen ca. um weitere 7.500 m³/a. Das entspricht einer zusätzlichen Quote von 4% bezogen auf das bereits zurückgehaltene Mischwasservolumen. Frage 4: Wie geht es mit der Pilotanlage SPREE2011 weiter, wenn das vom BMBF geförderte Forschungspro- jekt ausläuft? Antwort zu 4: Dazu liegen dem Senat keine Erkennt- nisse vor. Frage 5: Erwägt das Land Berlin einen Ankauf der Anlage durch die BWB, um einen Rückbau, der eine stärkere Verschmutzung der Spree zur Folge hätte, zu vermeiden? a) Wenn ja, von welchen Gegebenheiten ist solch ein Kauf abhängig? b) Wenn nein, warum nicht? c) Was würde der Ankauf der Anlage für das Land Berlin bzw. für die BWB kosten? d) Was würde der Bau eines notwendigen Mischwasserüberlaufs an dieser Stelle kosten? e) Würde ein Rückbau gegen das Verschlechterungsverbot gemäß WRRL verstoßen? Antwort zu 5 und 5a: Nein, das Land erwägt den An- kauf der Pilotanlage nicht. Antwort zu 5b: Die Ziele des Mischwassersanierungs- programms werden für das Pumpwerkseinzugsgebiet Berlin XII mit den geplanten und zum größten Teil umge- setzten Maßnahmen bereits sicher erfüllt. Zusätzlicher Speicherraum in der Größenordnung der Pilotanlage wird keine wesentliche Wirkung im Gewässer zeigen. Hin- sichtlich der Pilotanlage liegen dem Land Berlin keine Antragsunterlagen vor, der Probebetrieb ist noch nicht abgeschlossen und es liegt kein Abschlussbericht zur Bewertung der Anlagentechnik vor. Entscheidungen über den weiteren Umgang mit der Pilotanlage könnten erst im Rahmen einer Gesamtabwägung getroffen werden. Die Übernahmebedingungen sind in der Koordinierungsver- einbarung zum Forschungsprojekt Spree2011 zwischen den Berliner Wasserbetrieben und der LURI.watersystems GmbH geregelt. Antwort zu 5c: Dazu liegen dem Land Berlin keine prüfbaren Unterlagen vor. Die Beantwortung dieser Frage könnte zudem erst nach Rücksprache mit dem Fördermit- telgeber (BMBF 1 ) erfolgen. Antwort zu 5d: Siehe Antworten zu 1 und 3. Antwort zu 5e: Nein. Frage 6: Wann läuft die wasserrechtliche Genehmi- gung durch die Genehmigungsbehörde aus? In welchem Stadium befindet sich die Verlängerung der Genehmi- gung? Antwort zu 6: Die wasserbehördliche Genehmigung für das Pilotvorhaben ist bis zum 22.04.2015 befristet. Ein Verlängerungsantrag der Berliner Wasserbetriebe liegt nicht vor. Vor einer Verlängerung der Genehmigung müssen erneut Stellungnahmen vom Bezirk Friedrichs- hain-Kreuzberg, dem Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin (WSA) und den Eigentümern der anliegenden Grundstü- cke eingeholt werden. Unabhängig davon ist eine strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung des WSA Ber- lin erforderlich. Frage 7: Wären die durch eine Übernahme verursach- ten Kosten aus gebührenrechtlicher Sicht für die BWB ansatzfähige Kosten? Wenn nein, welche Voraussetzun- gen müssen geschaffen werden, damit die Kosten ansatz- fähig werden? Antwort zu 7: Die verursachten Kosten sind gebühren- rechtlich anrechenbar, wenn die wasserbehördlichen An- forderungen zum Betrieb einer solchen Anlage bestehen und diese Anlage damit für die Berliner Wasserbetriebe betriebsnotwendig wird. 1 Bundesministerium für Bildung und Forschung Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 350 3 Frage 8: Wie hoch sind die Kosten für das Land Berlin und die BWB pro Mischwasser-Überlaufbecken? (Bitte um Aufschlüsselung des Kostenanteils des Landes und der BWB) a) Welche Kosten entstehen durch den Bau eines Mischwasserrückhaltebeckens wie der Pilotanlage SPREE2011? (Bitte um Aufschlüsselung der Kos- ten nach Bau, Unterhalt und ggf. weiterer Kosten) b) Welche Kosten entstehen durch den Bau eines vergleichbaren , unterirdischen Mischwasserrückhal- tebeckens mit Kapazität zwischen 400 m³ und 800 m³ wie sie Standard bei den BWB ist? (Bitte um Aufschlüsselung der Kosten nach Bau, Unterhalt und ggf. weiterer Kosten für mindestens 3 Maß- nahmen) Antwort zu 8: Der Kostenanteil teilt sich, wie bei allen Anlagen in der Mischwasserkanalisation, zu 60 % Land Berlin und 40 % Berliner Wasserbetriebe auf. Antwort zu 8a: Aus dem Schreiben der LURI.watersystems.GmgH an die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung ist ersichtlich, dass die Kosten für den Bau der Pilotanlage 3.650,03 €/m³ betragen haben. Der Unterhalt ergibt sich im Wesentli- chen aus Instandsetzungsaufwendungen. Diese sind we- gen des kurzen Betriebszeitraumes der Pilotanlage nicht bezifferbar. Für diese Anlagenkonfiguration gibt es keine Referenzanlagen, so dass eine Abschätzung für den Lang- zeitbetrieb zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist. Antwort zu 8b: Da die spezifischen Kosten mit ab- nehmender Speichergröße sehr stark ansteigen, ist der Bau von Anlagen mit Kapazitäten zwischen 400 m³ und 800 m³ nicht als zielführend anzusehen. Die üblichen Anlagen der Berliner Wasserbetriebe haben ein Speicher- volumen von rund 3.000 m³; die spezifischen Kosten liegen im Durchschnitt bei 1.000 bis 1.500 €/m³. Nur in hoch verdichteten innerstädtischen Gebieten können auf- grund der städtebaulichen Bedingungen höhere spezifi- sche Kosten entstehen. Die spezifischen Kosten für die Maßnahmen im Pumpwerkseinzugsgebiet APw Fried- richshain, Berlin XII, Rudolfstraße (Osthafen) mit einem Speichervolumen von 11.050 m³ liegen bei 652 €/m³. Berlin, den 09. Februar 2015 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Feb. 2015)