Drucksache 17 / 15 357 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 21. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Januar 2015) und Antwort Soziale Mindeststandards bei freien Trägern im Sozialbereich Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele freie Träger im Bereich Soziales, die Verträge mit dem Land Berlin haben, gibt es derzeit? Um welche handelt es sich dabei genau? Wie hoch ist der Anteil an a) kirchlich/religiösen, b) karitativen und c) rein gewerblich orientierten freien Trägern? (Bitte nach a) Betriebsgröße, b) Umsatzvolumen, c) Anzahl geringfügig Beschäftigter und regulär beschäftigter Mitarbeiter sowie d) der Fallzahlen und Betreuungsplätze aufschlüsseln) Zu 1.: a, b, c: Siehe nachfolgende Liste (Stand 01.01.2015) Pflegeeinrichtungen, Stand: 1.1.2015 Anteil an allen Pflege- einrich- tungen Anteil der Träger in Bezug auf … Statio- näre HOSPI- ZE Ambulan- te Pflege- dienste Kurz- zeit- pflege Tages- pflege Pflege- heime Sum- me in % gewerblich 4 493 15 39 177 728 70,1 kirchlich/religiös 5 59 6 23 75 168 16,2 karitativ/gemeinnützig 6 56 6 24 47 139 13,4 kommunal 1 2 3 0,3 Gesamtergebnis 15 608 27 87 301 1038 100,00 Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 SGB XII) und für Menschen mit besonderen Schwierigkeiten (§§ 67, 68 SGB XII), Stand: 1.1.2015 Anzahl der Ein- richtungen [absolut] Anteil an allen Einrichtungen [in %] Anteil der Träger in Bezug auf… gewerblich 43 19,91 kirchlich/religiös 41 18,98 karitativ/gemeinnützig 132 61,11 Gesamtergebnis 216 100,00 Die Aufschlüsselung nach Betriebsgröße, Umsatzvo- lumen, Beschäftigtenstruktur und Betreuungsplätzen liegt in zusammengefasster Form nicht vor. Eine Vielzahl von Trägern hat mehrere Einrichtungen und Leistungstypen und dementsprechend mehrere Verträge mit dem Land Berlin. Die Informationen sind vertragsgenau online zu- gänglich unter: (http://www.berlin.de/sen/soziales/vertraege/verguetung/i ndex.shtml). Informationen zu stationären Pflegeeinrichtungen sind online (Webseite „Pflegelotse“) zugänglich unter: (http://www.berlin.de/gesundheitsplattform/pflegelotse- ber- lin/%28S%28ffcisoajyusysyfhd1h20jey%29%29/presenta tion/pl_suche.aspx). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 357 2 2. Welche freien Träger bilden in ihren Einrichtungen aus oder bieten den Mitarbeitern langfristige Zukunftsper- spektiven durch Übernahme in unbefristete Arbeitsver- hältnisse? (Hierzu bitte jeweilige Anzahl ausführen) Zu 2.: Gewerbliche Einrichtungsträger bilden in einem ähnlichen Umfang wie freigemeinnützige Einrichtungs- träger Altenpflegeauszubildende aus. In den Pflegeheimen wurden am 31.12.2012 insgesamt 546 Auszubildende über den Entgeltzuschlag nach § 82 a SGB XI finanziert. Für das Jahr 2014 kann folgende Entwicklung gemeldet werden: Art der Finanzie- rung der Ausbil- dung Finanzierung gem. § 82 a II SGB XI Sonstige Finanzierung (durch Einrich- tungsträger u.ä.) Ausbildung in Anrechnung auf den Personal- schlüssel Finanzierung über die Agentur für Arbeit Anzahl der Aus- zubildenden 694 104 99 179 Insgesamt bildeten 191 Pflegeheime Altenpflegerin- nen und Altenpfleger aus. Zur Übernahme der Auszubildenden nach abgeschlos- sener Berufsausbildung liegen keine Informationen vor. Für weitere Leistungsbereiche liegen in zusammenge- fasster Form keine Daten vor. 3. Wie werden die freien Träger im Bereich Jugend (z. B. Stadtteilzentren und Kinderbetreuung) finanziert und ausgewählt? Zu 3.: Träger einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages be- treut werden oder Unterkunft erhalten, bedürfen für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis. Die Betriebser- laubnis wird gemäß § 45 SGB VIII von der Einrichtungs- aufsicht für Kindertagesstätten und Einrichtungen der Erziehungshilfe erteilt. Prüfkriterien sind im § 30 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfege- setzes (AG KJHG) beschrieben. Gemäß § 23 Abs. 1 Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG) soll die Finanzierung von Tageseinrichtungen der Träger der freien Jugendhilfe auf der Grundlage einer landesweiten Leistungsvereinbarung erfolgen. „Hierbei werden (...) die Betriebskosten durch eine Kostenerstat- tung des Landes Berlin, angemessene Eigenleistungen des Trägers und eine Kostenbeteiligung der Eltern gedeckt.“ Die Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder basiert demgemäß auf der zwischen der Liga der Spitzen- verbände der freien Wohlfahrtspflege, dem Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS e.V.) und dem Land Berlin abgeschlossenen Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen (RV Tag). Die RV Tag weist in ihren Kostenblättern Pauschalen aus, die nach dem Alter und dem Betreuungsumfang der Kinder variieren. Die Pau- schalen enthalten Sach- und Personalkosten. Von den Gesamtkosten werden 93% abzüglich der Elternkostenbe- teiligung nach dem Tagesbetreuungskostenbeteiligungs- gesetz (TKBG) durch das Land Berlin finanziert. Die Finanzierungsarchitektur sieht einen 7%igen Eigenanteil der Kita-Träger vor. Die Umsetzung des Infrastrukturförderprogramms Stadtteilzentren (IFP STZ) in Verantwortung der für So- ziales zuständigen Senatsverwaltung erfolgt in Kooperati- on mit dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin e.V. Für das Programm stehen rund 4,36 Mio. € aus dem Landeshaushalt jährlich zur Verfügung . Die Finanzplanung, inklusive der jährlichen Ent- scheidung über die im Folgejahr zu fördernden Projekte, erfolgt im Kooperationsgremium Stadtteilzentren unter Berücksichtigung von Abstimmungsverfahren mit den Bezirken. 4. Welche Kriterien muss ein freier Träger im Sozi- albereich erfüllen, um entsprechende Verträge zu erhal- ten? Gab es in den letzten fünf Jahren freier Träger, deren Verträge vorzeitig beendet wurden? Wenn ja, um welche freien Träger handelt es sich und aus welchen Gründen kam es zur vorzeitigen Beendigung? Zu 4.: Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Versorgungsvertrages zur Zulassung zur stationären oder ambulanten Pflege sind im § 72 SGB XI geregelt und für alle Einrichtungsträger einheitlich. Die Voraussetzungen für den Abschluss der Verträge für die ambulante Pflege nach dem SGB XII sowie für den Bereich der Eingliederungshilfe § 75 ff. SGB XII sind im Berliner Rahmenvertrag Soziales geregelt. Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung hat die Verträge nach § 75 Abs. 3 SGB XII mit zwei Pflegediens- ten vorfristig wegen nicht erbrachter Leistungen durch fristlose Kündigung beendet. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wird von der namentliche Benennung dieser Pflegedienste abgesehen. Kindertagesbetreuung: siehe Antwort zu 3. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 357 3 5. Wie ist das Verhältnis zwischen gesetzlich vorge- schriebenem und angewendetem Betreuungsschlüssel? Zu 5.:Einen gesetzlich vorgeschriebenen Betreuungs- schlüssel gibt es für die Träger im Sozialbereich und im Bereich der Hilfen zur Erziehung nicht. Dieser wird (wurde) ausgehandelt und ist Bestandteil der jeweiligen Verträge. Im Bereich der Kindertagesbetreuung beruht die Per- sonalausstattung auf den Regelungen des § 11 Kinderta- gesförderungsgesetz (KitaFöG) i.V. mit §§ 12 ff. der Verordnung zum Kindertagesförderungsgesetz (VOKita- FöG). Die Personalausstattung richtet sich nach dem Alter der Kinder und dem jeweiligen Betreuungsumfang zuzüg- lich Personalzuschlägen für die Betreuung von Kindern mit Behinderungen, die Förderung von Kindern nicht- deutscher Herkunftssprache und von Kindern, die in Wohngebieten mit sozial benachteiligenden Bedingungen leben. Ein weiterer kindbezogener Personalzuschlag wird für die Leitung von Kindertageseinrichtungen gewährt. Die Einhaltung der gesetzlichen Personalmindeststan- dards obliegt den Trägern und wird durch die Einrich- tungsaufsicht Kindertagesstätten in der für Jugend zustän- digen Senatsverwaltung kontrolliert. 6. Wie ist die Überprüfung der freien Träger struktu- riert, wann und was wird kontrolliert und von welcher Stelle? Zu 6.: Die Pflegeeinrichtungen und stationären Hospi- ze überprüft der Medizinische Dienst der Krankenversi- cherung auf Grundlage von §§ 113 ff. SGB XI. Die Hei- maufsicht prüft in Berlin die stationären Pflege- und Be- hinderteneinrichtungen im Rahmen der Vorschriften des Wohnteilhabegesetzes (WTG). Umfang und Art der Prü- fungen ergeben sich aus den genannten gesetzlichen Best- immungen. Umfang und Art der Prüfung ergeben sich für den Be- reich der Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 SGB XII) und der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwie- rigkeiten (§§ 67, 68 SGB XII) aus dem Berliner Rahmen- vertrag Soziales. Die Prüfung der Qualität und der Leis- tungen erfolgt anlassbezogen. Es ist geplant, künftig an- lassfreie Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung der Ver- tragsbestandteile durchzuführen. Die Möglichkeiten und der Umfang dieser Kontrollen werden derzeit geprüft. Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung haben über die Meldepflichten des § 47 SGB VIII und des § 31 AG KJHG der Einrichtungsaufsicht vor Betriebsaufnah- me und bei Änderungen im laufenden Betrieb unterjährig und fortlaufend Angaben über das in der Einrichtung tätige Personal mitzuteilen. Darüber hinaus wird in der Einrichtungsaufsicht für die Kindertagesstätten neben der unterjährigen Meldepflicht jährlich zum Stichtag 15. März die Personalausstattung aller Einrichtungen geprüft und ggf. die erforderlichen Schritte zur Korrektur bzw. Nachbesserung eingeleitet. Träger von erlaubnispflichti- gen Einrichtungen haben darüber hinaus unverzüglich Ereignisse und Entwicklungen anzuzeigen, die geeignet sind, das Wohl der von ihnen betreuten Kinder und Ju- gendlichen zu beeinträchtigen. Im Kontext der gesetzlichen Regelungen nach §§ 77, 78a SGB VIII (für die Hilfen zur Erziehung) sind keine spezifischen Prüfrechte verankert. Bei Anzeichen eines Vertragsverstoßes leitet die für Jugend und Familie zu- ständige Senatsverwaltung ein Vertragsverletzungsverfah- ren ein. Grundlage für das Vertragscontrolling ist der Berliner Rahmenvertrag Jugend (BRVJug, insbesondere Anlage B). Im Trägervertrag ist ferner das Verfahren zur Beurtei- lung der Qualität (Senatsverwaltung, Jugendamt und Leistungserbringer) vereinbart. Grundlage für die Bewer- tung der Prozess-, Struktur- und Ergebnisqualität sind die definierten Fachstandards nach Rahmenleistungsbe- schreibungen. U.a. werden die Strukturdaten der Träger- verträge, zu denen die Abfrage nach Daten von erweiter- ten Führungszeugnissen, Vorhalten von Kinderschutz- fachkräften, Qualifikationen und Organigrammen gehö- ren, in diesem Kontext erfragt und bewertet. Die vereinbarungsgemäße Leistungserbringung vor Ort wird im Rahmen der Hilfeplanung durch das Jugend- amt kontrolliert. Berlin, den 03. Februar 2015 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Feb. 2015)