Drucksache 17 / 15 407 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 27. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Januar 2015) und Antwort Sporthallen zur Flüchtlingsunterbringung (II) – Leistungsverweigerung und Nichtbetreiben der Asylverfahren beim LAGeSo Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Erhalten alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden Krankenscheine nach §§ 4 und 6 Asylbe- werberleistungsgesetz (AsylbLG)? Wenn nein, warum nicht? 3. Erhalten alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden Leistungen für Kleidung nach § 3 Abs. 1 AsylbLG? Wenn nein, warum nicht? 7. Erhalten alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden den Barbetrag nach § 3 Abs. 1 AsylbLG? Wenn nein, warum nicht? 8. Welche Möglichkeiten haben die in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden ohne Bargeld ggf. zur Kommunikation mit anderswo lebenden Angehörigen (Telefonate)? 9. Welche Möglichkeiten haben die in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden, ohne Bargeld und ohne Fahrscheine Fahrten mit dem ÖPNV zu Behördentermi- nen, Beratungsstellen etc. durchzuführen, und wer trägt ggf. die erhöhten Beförderungsentgelte und Strafen? 10. Erhalten alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden Fahrscheine für Vorsprachetermine bei Behörden (BAMF, LAGeSo, Gesundheitsamt usw.) nach § 6 Abs. 1 AsylbLG? Wenn nein, warum nicht? Welche Stelle gibt die Fahrscheine aus? 11. Erhalten alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden den „Berlinpass“? Wenn nein, warum nicht? 12. Wurde für alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden förmliche Asylverfahren eingeleitet (förmliche Aufnahme des Asylgesuchs, Ausstellung der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BÜMA), Laufzettel mit Termin beim BAMF)? Wenn nein, warum nicht? 13. Wurde für alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden aufgrund des Asylgesuchs eine Zuwei- sung an die Erstaufnahmestelle eines zuständigen Bundes- landes vorgenommen (Zuweisung nach EASY-Verfahren, ggf. erforderliche ED-Behandlung bei Umverteilung in ein anderes Bundesland)? Wenn nein, warum nicht? Zu 1., 3. und 7. bis 13.: Allein in der Aufnahme- und Weisungsstelle, die u. a. für die Verteilung der Asylsu- chenden zuständig ist, haben in der ersten Februarwoche insgesamt mehr als 1.300 Asylsuchende vorgesprochen, darunter über 700 neue Antragstellerinnen und Antrag- steller. Die Vorsprechenden werden dort registriert und die Verteilentscheidungen eingeholt. Die Verteilung in andere Bundesländer im EASY-Verfahren erfolgt grund- sätzlich bei dieser Erstvorsprache. Weiterreisende erhal- ten am ersten Vorsprachetag eine Fahrkarte für das Ver- teilland. Ausnahmen bilden nur weiterzuleitende Asylsu- chende, die aufgrund ungünstiger Zugverbindungen erst am Folgetag in das Zielland fahren können und deshalb eine Nacht in einer Berliner Notunterkunft verbringen. Erkennungsdienstliche Behandlungen werden durchge- führt. Die nach Berlin verteilten Asylsuchenden können zur Zeit nicht alle sofort im üblichen und leistungsrechtlich korrekten Umfang versorgt werden, da weder die Vermitt- lung eines Platzes in einer Erstaufnahmeeinrichtung noch die technische Abwicklung der Leistungsgewährung (z. B. Falleingabe zur Berechnung und Zahlbarmachung der Leistungen) sofort in allen Fällen bei Erstvorsprache sichergestellt werden können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 407 2 Bei den in den Sporthallen untergebrachten Personen handelt es sich in der Regel um Asylbegehrende, die im Rahmen des EASY-Verfahrens Berlin zugewiesen wur- den. Um bis zur regulären Erfüllung der bestehenden Leis- tungsansprüche zumindest Unterkunft und Verpflegung sicherzustellen, werden sie zunächst in einer Notunter- kunft -Traglufthalle oder Sporthalle - untergebracht und verpflegt. Soweit von dort aus das Landesamt für Ge- sundheit und Soziales (LAGeSo) nicht fußläufig erreich- bar ist, werden Fahrscheine ausgegeben. Aktuell ist das LAGeSo bemüht, die notwendigen Vorkehrungen für die Aufnahme der regulären Leistungs- gewährung binnen fünf bis sieben Tagen zu schaffen. Dann erhalten die Betroffenen die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende, den Laufzettel mit den Hin- weisen zur Vorsprache beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Kostenübernahme für eine Erstaufnahmeeinrichtung, den Behandlungsschein für die medizinische Versorgung, die Leistungen für Bekleidung, den Bargeldbetrag und einen berlinpass. 2. Wurden für alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden die bundesgesetzlich vorgeschriebenen Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen nach § 61 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), § 31 Infektionsschutz- gesetz und § 4 Abs. 3 AsylbLG durchgeführt? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Die Termine für die Röntgenuntersuchungen werden durch das im Bezirk Lichtenberg angesiedelte Zentrum für tuberkulosekranke und -gefährdete Men- schen vergeben, dem seit 26.01.15 bzw. 18.2.15 für die Untersuchung zusätzliche Kapazitäten in der Charité und beim Diagnostikum für Einzelpersonen zur Verfügung stehen. Es ist zu erwarten, dass die Terminstände, die derzeit z. T. mehrere Wochen betragen, deutlich verkürzt werden können. Impfungen werden zum Teil direkt durch die Gesundheitsämter in den Unterkünften angeboten. Ansonsten können sie durch jede niedergelassene Ärztin oder jeden nieder-gelassenen Arzt durchgeführt und mit- tels Behandlungsschein abgerechnet werden. 4. Wie viele Waschmaschinen und Trockner stehen in welchen Sporthallen jeweils zur Verfügung, wie können die Bewohner*innen der Sporthallen ihre Wäsche ggf. sonst unter Einhaltung hygienischer Grundregeln ihre Wäsche waschen und trocknen? 5. Erhalten die Bewohner*innen ggf. Leistungen für Waschmittel, Fahrtkosten zum Waschsalon, Waschsalon- gebühren nach §§ 3 und 6 AsylbLG? Wenn nein, warum nicht? Zu 4. und 5.: Die Betreiberinnen und Betreiber prüfen, inwieweit ihnen eine Aufstellung von Waschmaschinen und Trocknern technisch möglich ist. Im Einzelfall bedeu- tet dies die ergänzende Installation notwendiger An- schlüsse für Elektrik, Wasser und Abwasser. Da in der Regel jedoch eine technische Umsetzung wegen der Erforderlichkeit zusätzlicher Installationen oder/und des Fehlens der dafür notwendigen räumlichen Voraussetzungen nicht möglich ist, erhalten die Bewoh- nerinnen und Bewohner der Notunterkünfte Münzen oder Marken zur Nutzung eines nahe gelegenen Waschsalons. Alle Notunterkünfte wurden aus den Beständen des Sanitätsmittellagers des Senats mit einer entsprechend großer Zahl Bettwäsche und Handtücher ausgestattet. Die Reinigung wird über Wäscheservices sichergestellt. 6. Erhalten alle in den Sporthallen untergebrachten Asylsuchenden Leistungen für Hygienebedarf und Kör- perpflege nach § 3 Abs. 1 AsylbLG? Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: Die in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder in Notunterkünften einschließlich Sporthallen untergebrach- ten Asylsuchenden erhalten Körperpflegemittel und Hy- giene-artikel, die durch die Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Hierzu gehört auch eine persönliche Erstausstattung. 14. Ist es zutreffend, dass das LAGeSo derzeit mit neu eintreffenden Asylsuchenden nach der Maßgabe verfährt „Hauptsache ein Dach über’m Kopf und was zu Essen, alles andere kommt später“, und wie ist dies mit dem Asylbewerberleistungsgesetz und dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012)? Zu 14.: Angesichts der hohen Zugänge der vergange- nen Monate, die sich auf absehbare Zeit fortsetzen dürf- ten, und der damit verbundenen Arbeitsbelastung der mit dieser Aufgabe betrauten Beschäftigten im LAGeSo kommt es zu den geschilderten Verzögerungen bei der Gewährung regulärer Leistungen, die derzeit kaum ver- mieden werden können. Durch die Einstellung zusätzli- cher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im LAGeSo wird an einer nachhaltigen Verbesserung im Leistungsbereich gearbeitet. Berlin, den 13. Februar 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Feb. 2015)