Drucksache 17 / 15 427 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (GRÜNE) vom 29. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Januar 2015) und Antwort Rechtsextreme Angriffe in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat dahingehend, dass die rechtsextreme Szene in Berlin die Strategie ver- folgt, verstärkt gegen Personen vorzugehen, die sich ge- gen Rechts engagieren? Zu 1.: Personen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, wurden - teilweise wiederholt - Ziel von An- schlägen und Einschüchterungsversuchen. Anonyme Bedrohungen sowie Angriffe auf die politische Gegensei- te sind Strategie eines Teils der gewaltbereiten rechtsext- remistischen Szene. Zu Straftaten kann es außerdem kommen, wenn im Zuge von Wahlkämpfen oder De- monstrationen Rechtsextremisten auf politische Gegner beide Seiten treffen. Statistisch belegte valide Aussagen kann der Senat je- doch nicht treffen. Eine Klassifizierung von Taten der Politisch motivierten Kriminalität – rechts (PMK – rechts), die sich gegen Personen aufgrund ihres Engage- ments gegen „Rechts“ richteten, ist im Rahmen des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch mo- tivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) nur eingeschränkt über die im bundeseinheitlichen Themenfeldkatalog vor- handenen Unterthemen „gegen Links“ oder „gegen sonstige politische Gegner“ möglich. Allerdings sind hier auch Taten enthalten, die das angefragte Kriterium nicht erfül- len, so dass eine aus den Fallzahlen der PMK – rechts resultierende Einschätzung nicht valide wäre. 2. Wie viele Delikte der PMK-rechts, die sich gegen Engagierte gegen Rechtsextremismus und Rassismus richten, hat die Polizei in Berlin in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (aktueller Stand zum Bearbeitungszeitpunkt) erfasst? (Bitte tabellarisch nach Jahren, Bezirken, Delik- ten und Ermittlungsstand aufschlüsseln.) 3. Wie viele Delikte der PMK-rechts, die sich gegen Politiker*innen richten, hat die Polizei in Berlin in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (aktueller Stand zum Bear- beitungszeitpunkt) erfasst? (Bitte tabellarisch nach Jah- ren, Bezirken, Delikten und Ermittlungsstand aufschlüs- seln) 4. Wie viele Delikte der PMK-rechts, die sich gegen Journalist*innen richten, hat die Polizei in Berlin in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (aktueller Stand zum Bear- beitungszeitpunkt) erfasst? (Bitte tabellarisch nach Jah- ren, Bezirken, Delikten und Ermittlungsstand aufschlüs- seln.) Zu 2.- 4.: Wie viele Fälle der PMK – rechts sich gegen Engagierte gegen Rechtsextremismus und Rassismus, Politikerinnen oder Politiker bzw. Journalistinnen und Journalisten richteten, lässt sich im Rahmen des KPMD- PMK nicht recherchieren, da der Beruf bzw. die ausgeüb- te Tätigkeit von Opfern kein Erfassungskriterium dar- stellt. 5. Inwieweit werden Vorfälle in der PMK-rechts er- fasst, bei denen ein möglicher PMK-Bezug besteht, das Verfahren jedoch eingestellt wurde, ohne den Sachverhalt abschließend dahingehend aufklären zu können, z.B. wegen Nichtermittelbarkeit der Täter? Welche Unter- schiede für die mögliche Erfassung ergeben sich, wenn wegen eines klassischen Staatsschutzdeliktes ermittelt wird im Gegensatz zu einer Prüfung des PMK-Bezuges aufgrund der Tatumstände? Werden die Vorfälle, die ggf. nicht in der PMK-rechts berücksichtigt werden, einer anderen - auch statistischen - Auswertung unterzogen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 427 2 Zu 5.: Bei der Einordnung einer Tat als politisch mo- tiviert werden bei der polizeilichen Erst-bewertung neben der vermutlichen oder tatsächlichen Motivation der Täte- rin bzw. des Täters auch die Umstände der Tat betrachtet. Dies trifft vor allem bei den Fällen zu, zu denen keine Tatverdächtigen ermittelt werden konnten. Liegen z.B. aufgrund der angegriffenen Person bzw. des angegriffe- nen Objektes Anhaltspunkte dafür vor, dass die Tat aus einer rechtsgerichteten Motivation heraus begangen wor- den sein könnte, wird sie als PMK - rechts bewertet. Fäl- le, die durch die zuständige Staatsanwaltschaft eingestellt wurden, weil keine Tatverdächtige bzw. kein Tatverdäch- tiger ermittelt werden konnte, werden weiterhin als PMK - rechts gezählt. Als sogenannte „klassische Staatsschutzdelikte“ werden Straftaten gemäß §§ 80 - 83, 84 - 86a, 87 - 91, 94 - 100a, 102 - 104a, 105 - 108e, 109 -109h, 129a, 129b, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) bezeichnet. Diese richten sich gegen die freiheitliche demokratische Grund- ordnung, den Bestand und die Sicherheit des Staates, beinhalten sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder zielen auf die äußeren Belange der Bundesrepublik Deutschland ab. Diese Fälle sind im Rahmen des KPMD-PMK melde- pflichtig und somit statistisch zu zählen, auch wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht tatauslösend war. Sofern keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie einem Phänomenbereich zuzuordnen sind, werden sie als Deliktsqualität „Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation“ klassifiziert und dem Bereich „Sonstige/Nicht zuzuordnen“ zugerechnet. Berlin, den 10. Februar 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Feb. 2015)