Drucksache 17 / 15 460 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanna Kahlefeld und Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 31. Januar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Februar 2015) und Antwort Skandalöse Geschäftemacherei bei der Unterbringung von Flüchtlingen – was tut der Senat? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum ist eine Begehung der Flüchtlingsuntebrin- gung eines Hostel-Betreibers in der Karl-Marx-Straße in Neukölln durch das LaGeSo bisher noch nicht erfolgt, obwohl der Bezirk die zuständigen Stellen bereits am Anfang dieses Monats über die unhaltbaren Zustände informiert hat und wann ist eine Begehung geplant? 2. Sind für das LaGeSo die Überbelegung von Räu- men, die Tatsache, dass einer Familie mit sieben Perso- nen, davon 5 Kindern nur vier Betten, eins davon schad- haft, zur Verfügung gestellt werden, so dass sich die Kin- der Betten teilen müssen, dass der Familie ein gemeinsa- mes Essen am Tisch unmöglich ist, da nicht genug Stühle vorhanden sind, elektrische Installationen schadhaft und damit gefährlich insbesondere für Kinder sind, für 15 Personen jeweils nur eine Toilette und Dusche zur Verfü- gung stehen und die hygienischen Verhältnisse besorgnis- erregend sind, nicht ausreichende Gründe, um auf eine Meldung aus einem Bezirksamt umgehend zu reagieren? 3. Wird das LaGeSo Sorge dafür tragen, dass die zur Zeit 51 bei diesem Betreiber untergebrachten Menschen (zeitweilig waren es schon 65) eine angemessene Unter- kunft erhalten, wenn ja wann? 4. Welche Entgelte erhielt der Betreiber für die Unter- bringung der Flüchtlinge? Welche Möglichkeit der Rück- forderung besteht für eine derart unangemessene Unter- bringung? 5. Wird das LaGeSo diese Unterkunft weiter belegen, nachdem die Zuverlässigkeit des Betreiber doch sehr in Frage steht? 6. Wie will das LaGeSo sicherstellen, die Unterbrin- gung von Flüchtlingen auch bei anderen privaten Anbie- tern ordnungsgemäß erfolgt? Welche Kontrollen erfolgen in welchen Abständen? Zu 1. bis 6.: Die Unterbringung von Asylbegehrenden in Hostels oder ähnlichen Beherbergungsbetrieben erfolgt nur im Ausnahmefall, wenn auf Grund hoher Zuzugszah- len zum Zeitpunkt der Vorsprache keine freien Kapazitä- ten in Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 Asylverfahrens- gesetz (AsylVfG) verfügbar sind und nur auf diese Weise die Obdachlosigkeit der betroffenen Personen vermieden werden kann. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) nutzt dieses Instrument grundsätzlich nur für eine kurzfristige Übergangszeit, bevor die Asylsuchenden in eine Aufnahmeeinrichtung umziehen können. Da es sich bei Hostels und vergleichbaren Objekten nicht um vertragsgebundene Gemeinschaftsunterkünfte handelt, die den in Berlin geltenden Qualitätsanforderun- gen unterliegen, sondern um Privatbetriebe des Hotelge- werbes, sind, anders als bei Gemeinschaftsunterkünften, keine anlassunabhängigen Begehungen durch das LA- GeSo vorgesehen. Dessen ungeachtet unternimmt das LAGeSo alle gebotenen Anstrengungen, um eine men- schenwürdige und bedarfsgerechte Unterbringung auch in Hostels oder ähnlichen Beherbergungsbetrieben zu ge- währleisten, und geht insbesondere konkreten Hinweisen auf gravierende Unzulänglichkeiten schnellstmöglich nach. Zu der Nutzung des in der Frage zu 1. genannten Hos- tels wird Folgendes ausgeführt: In dem in Rede stehenden Haus nutzt das LAGeSo seit Dezember 2013 Platzkontin- gente für die vorübergehende Einquartierung von Asylbe- gehrenden. Mit dem Betreiber wurde ein Tagessatz in Höhe von 25,00 Euro pro Person (exklusive Vollverpfle- gung) vereinbart. Das LAGeSo erhielt erstmals am 12.01.2015 durch das zuständige Bezirksamt von Neukölln Kenntnis über vermeintliche Missstände bei der Unterbringung von Asylbegehrenden in diesem Hostel. Daraufhin wurde als Sofortmaßnahme ein vorläufiger Belegungsstopp bis zur abschließenden Aufklärung des Sachverhalts verfügt und der für Soziales zuständige Bezirksstadtrat wurde um die Übersendung des Protokolls über den vom Bezirksamt am Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 460 2 07.01.2015 durchgeführten Ortstermin gebeten, damit das LAGeSo in die Lage versetzt wird, die Entscheidung über eventuell gebotene Maßnahmen auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse und einer fundierten Faktenlage vorzunehmen. Dieses Protokoll ging beim LAGeSo am 20.01.2015 ein. Die Auswertung gab Veranlassung zu einer eigenen Begehung durch Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter des LAGeSo, welche zu Beginn der sechsten Kalenderwoche 2015 stattfand. Zuvor war bereits das Bezirksamt über das geplante Vorgehen durch das LA- GeSo unterrichtet worden. Im Ergebnis dieser Überprüfung vor Ort wurde im Wesentlichen festgestellt, dass offenbar eine Nutzungsge- nehmigung für Unterbringungszwecke lediglich für die ersten beiden Stockwerke des Hinterhauses erteilt worden ist, in den übrigen Gebäudeteilen wird die Nutzung für Unterbringungszwecke von der zuständigen Ordnungsbe- hörde lediglich geduldet. Ferner wurde festgestellt, dass die Möglichkeit zur Zubereitung eigener Speisen in eingeschränktem Umfang besteht und die Ausstattung der Zimmer grundsätzlich für eine vorübergehende Unterbringung als ausreichend er- achtet werden kann. Gleichwohl entschied das LAGeSo - vorrangig auf Grund der unzureichenden Dokumentation über die erfor- derlichen ordnungsbehördlichen Genehmigungen -, dass die in diesem Hostel untergebrachten Asylsuchenden kurzfristig in andere Unterkünfte verlegt werden sollen. Die Verlegung begann am 04.02.2015 und wurde am 05.02.1015 abgeschlossen. Ob dieses Haus zukünftig erneut für die vorübergehende Unterbringung von Asyl- begehrenden in Betracht kommt, hängt maßgeblich von der Vorlage der erforderlichen ordnungsbehördlichen Genehmigungen sowie einer erneuten Begehung ab und setzt insbesondere voraus, dass das LAGeSo keine An- haltspunkte für unzumutbare Unterbringungsbedingungen in diesem Haus feststellen sollte. Das LAGeSo prüft der- zeit weiterhin, ob und ggf. in welcher Höhe Rückforde- rungen gegenüber dem Betreiber geltend zu machen sind. Berlin, den 17. Februar 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Feb. 2015)