Drucksache 17 / 15 476 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Heidi Kosche (GRÜNE) vom 06. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Februar 2015) und Antwort Investieren die BWB genug für den Substanzerhalt des Abwassernetzes? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe - Anstalt öffentlichen Rechts - (BWB) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. Gemäß der Vorlage 17/1919 des Senats vom Oktober 2014 soll die gesellschaftsrechtliche Struktur der BWB stark vereinfacht und das Konsortialvertragskon- strukt aufgelöst werden. Bis wann soll diese Umstruktu- rierung abgeschlossen sein? Werden nach der Umstruktu- rierung noch Vertragsbestandteile aus dem Konsortialver- tragskonstrukt oder sonstige Verträge in Kraft sein? Wenn ja, welche? Zu 1.: Wie bereits in der Abgeordnetenhaus-Vorlage Drs. 17/1919 dargestellt, wird über die endgültige Ziel- struktur und die gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung der Berlinwasser Gruppe dem Abgeordnetenhaus von Berlin eine weitere Vorlage zugeleitet. Diese Vorlage kann vorgelegt werden, sobald ein steuerliches und gesellschaftsrechtliches Gesamtkonzept für den hochkomplexen Umbau der Berlinwasser Gruppe finalisiert wurde. Es wird mit einem strukturellen Umbauprozess ge- rechnet, der einen sich über zwei Jahre erstreckenden Zeitraum in Anspruch nehmen könnte. Ziel des Gesamtprozesses der Neuorganisation der Berlinwasser Gruppe ist es, die konsortialvertraglichen Reglungen und die Verträge über die Stillen Gesellschaf- ten I und II zu beenden. Sonstige Verträge, die davon nicht berührt sind, werden auch nach dem Umbauprozess Bestand haben. 2. Wie hoch sind derzeit die Gewinnrücklagen, die aus der Differenz der Abschreibungsmethode nach Wie- derbeschaffungszeitwerten statt Abschreibung nach An- schaffungs- und Herstellungskosten resultieren, insgesamt bei den BWB AöR und der Berlinwasser Holding? Zu 2.: Der Bestand der Rücklagen aus den Wiederbe- schaffungszeitwerten beläuft sich per 31.12.2014 auf rd. 365,3 Mio. €. Hiervon wurden 183,0 Mio. € (entspricht 50,1%) in die Gewinnrücklage des Landes Berlin und 182,3 Mio. € in die Gewinnrücklage der stillen Beteiligung der Berlinwasser Holding eingestellt. 3. Um welchen Betrag wird die Gewinnrücklage für die Jahre 2015 – 2020 nach den derzeitigen Planungen der BWB anwachsen? Bitte für jedes Jahr einzeln darstellen. Zu 3.: Auf Basis der vom Aufsichtsrat der BWB be- schlossenen Planung wird sich die Zuführung der Rückla- ge in den Jahren 2015 – 2020 wie folgt entwickeln: Mio. € 2015 2016 2017 2018 2019 2020 WBZW-Rücklage BWB 41,6 44,9 44,4 45,8 47,6 47,5 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 476 2 4. Gemäß dem Konsortialvertrag nach der 5. Änderungsvereinbarung vom 23.10.2003 wird eine Ge- winnrücklage in Höhe von 60% der Abschreibungsdiffe- renzen aus Abschreibung nach Wiederbeschaffungs- zeitwerten statt Abschreibung nach Anschaffungs- und Herstellungskosten gebildet, die „insbesondere die Substanz des Abwassernetzes langfristig und nachhaltig si- chert“. Wie können diese Rücklagen laut den Vorlagen des Senats an das Abgeordnetenhaus zum Substanzerhalt des Abwassernetzes genutzt werden, wenn laut Ge- schäftsbericht BWB 2013 die Entnahmen aus den Rück- lagen – wie auch in den Jahren davor – 0,00 € betrugen? Zu 4.: Die Gewinnrücklage wird aus dem Jahresüber- schuss der BWB gebildet. Um den Betrag, der jährlich in die Gewinnrücklage eingestellt wird, verringert sich die Gewinnausschüttung der BWB an das Land Berlin / stille Beteiligungen der Berlinwasser Holding. Durch die ver- ringerte Gewinnausschüttung steht den BWB die ent- sprechende Liquidität zur Finanzierung der Investitionen zur Substanzerhaltung zur Verfügung. Die Rücklagen bauen sich entsprechend auf und bleiben den BWB auf Dauer erhalten. Handelsrechtlich können Rücklagen nur in Wege der Entnahme, sprich Ausschüttung an den Gesellschafter oder durch Umwandlung in Stammkapital, abgebaut wer- den. Die Investitionen zur Substanzerhaltung spiegeln sich somit nicht in einer Veränderung der Rücklagen wieder. 5. Gemäß dem Konsortialvertrag nach der 5. Änderungsvereinbarung vom 23.10.2003 wird eine Ge- winnrücklage in Höhe von 60% der Abschreibungsdiffe- renzen aus Abschreibung nach Wiederbeschaffungs- zeitwerten statt Abschreibung nach Anschaffungs- und Herstellungskosten gebildet. Die Höhe von 60% wird begründet mit der zu erwartenden pauschalen, kumulier- ten Ertragsteuerbelastung in Berlin (einschließlich Ge- werbesteuer) in Höhe von 40%. Wie hoch ist die derzeiti- ge kumulierte Ertragsteuerbelastung der BWB? Wofür werden etwaige Überschüsse aus einer niedrigeren Steu- erbelastung (unter 40%) verwendet? Zu 5.: Die Dotierung der Rücklage richtet sich nach der 5. Änderungsvereinbarung. Die BWB haben hier keinen Gestaltungsspielraum. Die Berechnung der Auftei- lung des Effektes in 60 % Rücklage sowie 40 % Aus- schüttung basiert auf den o.g. Vorgaben. Eine Abwei- chung der tatsächlichen kumulierten Ertragssteuerbelas- tung hat hierauf keine Auswirkung. 6. Weshalb bedürfen die BWB zur Finanzierung von Investitionen einer Erhöhung des Eigenkapitals durch die Gewinnrücklage? Zu 6.: Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 4 verwie- sen. 7. Um wie viel niedriger wären die Investitionen der BWB, wenn die BWB nicht auf die Eigenkapitalstärkung, die mit der Gewinnrücklage und der damit behaupteten Verbesserung der Liquidität einhergeht, zurückgreifen könnten? Wie hoch ist der Anteil der Investitionen, die aufgrund der beschriebenen Gewinnrücklage aus den Abschreibungsdifferenzen zusätzlich realisiert werden? Bitte für jedes Jahr einzeln darstellen. Zu 7.: Ausschlaggebend für die Investitionen der BWB sind technische Belange, Auflagen von Dritten bzw. gesetzliche Anforderungen. Diese Investitionen führen die BWB unabhängig von Finanzierungsquellen (Bankdarlehen oder Rücklagen) durch. Insofern beläuft sich der Anteil der Investitionen, der aufgrund der Ge- winnrücklage zusätzlich investiert wird, auf 0 €. Die BWB realisieren also keine Investitionen, die ausschließ- lich durch die zusätzliche Liquidität aus den Rücklagen begründet sind. Die Rücklage vermeidet sonst notwendige Fremdkapitalaufnahmen. 8. Laut Antwort auf die Anfrage 17/15 106 vom 12.12.2014 planen die BWB Gesamtinvestitionen bis 2020 in Höhe von 1,601 Mrd. Euro. Entsprechen diese geplanten Gesamtinvestitionen dem tatsächlich bekannten Investitionsbedarf oder ist ein darüber hinaus gehender Investitionsbedarf bekannt? Wenn ja, wie groß ist dieser? Bitte für die einzelnen Unternehmensbereiche aufge- schlüsselt darstellen. Zu 8.: Sobald Investitionsbedarfe erkennbar und bezif- ferbar sind, werden diese in die Investitionsplanung auf- genommen. Die Investitionsplanung wird jährlich fortge- schrieben und den aktuellen Erkenntnissen angepasst. 9. Wie viel Kilometer des Abwassernetzes wurden in 2012, 2013 und 2014 saniert bzw. erneuert und welchem Investitionsvolumen entspricht diese Sanierungstätigkeit? Zu 9.: Die erbetenen Angaben sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen: 2012 2013 2014 Sanierte Länge (in km) 26,8 34,5 49,2 Investitionen (in Mio. €) 45,5 60,8 69,4 10. Wie viel Kilometer Trink- und Abwassernetz planen die BWB in den Jahren 2015 bis 2020 jährlich zu sanieren? Welche Berliner Gebiete sind davon betroffen? a) Wie viele Schäden der Schadensklasse 1A sind derzeit im Berliner Abwassernetz bekannt und wie viele dieser Schäden sollen im Jahr 2015 behoben werden und welcher Kanalnetzlänge entspricht diese Sanierungsrate? b) Welcher Betrag wird bis zum Abschluss der Ka- nalsanierungsarbeiten jährlich für diese Arbeiten aufgewendet und wie wird dieser Betrag finan- ziert? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 476 3 Zu 10.: In den Jahren 2015 bis 2020 planen die BWB, insgesamt 245 km Trinkwassernetz, 400 km Kanalnetz und 38,1 km Abwasserdruckrohrnetz zu erneuern. Die Investitionen erfolgen im gesamten Berliner Stadtgebiet. Von ursprünglich rund 14.000 Schäden im Kanalnetz im Jahr 2011 bestanden Ende 2014 noch 7.469. Im Rah- men der laufenden Inspektionen seit 2011 sind rund 4.000 Schäden hinzugekommen. Im Jahr 2015 soll die Anzahl der Schäden um rund 2.700 Stück reduziert werden. Für das Jahr 2015 ist eine Sanierung von 63,2 km Kanalnetz geplant. Das entspricht einer Sanierungsquote von 0,65 %. In den Jahren 2015 bis 2020 werden rund 550 Mio. € in das Kanalnetz investiert. Rund 80 % der Mittel fließen in die Kanalsanierung. Die Finanzierung erfolgt im We- sentlichen aus Eigenmitteln. 11. Haben die BWB Kredite in Schweizer Franken aufgenommen? Wenn ja, in welcher Höhe zu welchen Konditionen und inwiefern sind sie dadurch von den aktuellen Wechselkursentscheidungen der Schweiz be- troffen? Zu. 11.: Die BWB haben keine Kredite in Schweizer Franken aufgenommen. 12. Haben die BWB Kredite bei anderen Berliner Landesunternehmen aufgenommen? Wenn ja, bitte die jeweiligen Kredite und die zugehörigen Konditionen auflisten (Kreditsumme, Laufzeit, Zinssätze). Zu 12.: Die BWB haben zwei Kredite von Berliner Landesunternehmen aufgenommen: a) Von den Berliner Stadtreinigungsbetrieben AöR (BSR): - Volumen = 100 Mio. € - Laufzeit = 10 Jahre (31.03.2014 - 28.03.2024) - Tilgung = in einer Summe am Laufzeitende - Zinssatz = 2,00% p.a. b) Vom IT-Dienstleistungszentrum Berlin AöR (ITDZ): - Ursprüngliches Volumen = 12.782.297,03 € - Kreditsaldo per 31.12.2014 = 4.090.335,06 € - Laufzeit = 25 Jahre (23.07.1997 - 01.09.2022) - Tilgung = ratierlich - Zinssatz = 6,00% p.a. 13. Haben die BWB anderen Berliner Landesunternehmen Kredite gewährt? Wenn ja, bitte auflisten in wel- cher Höhe, zu welchen Konditionen und welchen Landes- unternehmen diese Kredite gewährt wurden. Zu 13.: Die BWB haben keine Kredite an andere Ber- liner Landesunternehmen vergeben. Berlin, den 23. Februar 2015 In Vertretung Henner B u n d e .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Feb. 2015)