Drucksache 17 / 15 481 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert (GRÜNE) vom 09. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Februar 2015) und Antwort Zur Zukunft der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich der Senat in der ZLB-StiftungsratsSitzung am 8.12.2014, stellvertreten durch den Abtei- lungsleiter Kultur der Senatskanzlei für kulturelle Ange- legenheiten, zu einer Zusammenarbeit der ZLB mit der ekz.bibliotheksservice GmbH (ekz) zwecks des größten Teils des Bucherwerbs positioniert („große Vorab-ID“ nach Empfehlung des Umlauf/Vonhof-Gutachtens zur Bestands- und Organisationsentwicklung der ZLB)? a) Falls es dort zu keiner Positionierung kommen konnte, wie bewertet der Senat bzw. der dem ZLB-Stif- tungsrat vorsitzende Staatssekretär für kulturelle Angele- genheiten das Gutachten und den Vorschlag einer ZLB/ekz-Zusammenarbeit mit „großer Vorab-ID“ heute? Zu 1.: Der auch mit namhaften und erfahrenen Bibli- othekarinnen und Bibliothekaren besetzte Stiftungsrat hat nach ausführlicher Diskussion diese Ausrichtung mit sehr großer Mehrheit in einer ordentlichen Sitzung beschlos- sen. Der Stiftungsrat begrüßt die inhaltliche Neuorientie- rung im Bestandsmanagement der Zentral- und Landes- bibliothek (ZLB) entsprechend des vorgelegten Konzepts und beauftragte den Vorstand, im Rahmen des Konzeptes die weitere Umsetzung zu planen. Das Konzept ist innerhalb dieses beschlossenen Rah- mens inhaltlich seitens der ZLB weiter zu bearbeiten. Angestrebt werden der Bezug von 24.000 Medien in ei- nem Segment des Breitenbedarfs („Masse“) über Outsourcing und Standing Order unter Nutzung des Vorab-ID der ekz.bibliotheksservice GmbH (ekz). In der weiteren Umsetzungsplanung können im Detail auch ergänzende und erweiternde Lösungen entwickelt werden (z.B. Zu- schnitt der Bereiche, Staffelungen, Medienarten, Bezug von besonderen Bereichen durch andere Anbieter etc.), solange die Zielstellungen des Konzeptes damit ver- gleichbar oder besser erfüllt werden. Zu 1. a): Entfällt. 2. Was sind nach Einschätzung des Senats die Vorteile eines Bucherwerbs über die ekz, was dem ZLB-Pro- fil in seiner Komplementärfunktion zu den Bezirksbibli- otheken oder auch der ZLB im Berliner dreistufigen Bib- liothekssystem im Gegensatz zu der Bibliothekenland- schaft anderer deutscher Städte entsprechen würde? Zu 2.: Die Beschaffung eines Teils der Medien in be- sonders stark nachgefragten Segmenten über einen erfah- renen Dienstleister auf Basis einer bundesweiten Lekto- ratskooperation aus deutschen Bibliotheken entspricht der Funktion der ZLB als Zentralbibliothek des öffentlichen Bibliothekswesens in Berlin und ist auch in anderen Bib- liotheken in Deutschland üblich. Die Bibliotheken deut- scher Großstädte haben hiermit sehr gute Erfahrungen gemacht, wie auch deren Sprecher (Sektion 1) im Deut- schen Bibliotheksverband (DBV) bestätigen kann. Vor- teile liegen in der Entlastung des bibliotheksinternen Personals, das für intensivere und neue Kundenservices eingesetzt werden kann. 3. Was sind die „notwendigen strukturellen Veränderungen im Personalbereich“, die die Autoren Umlauf /Vonhof in ihrem Gutachten zur ZLB Bestands- und Organisationsentwicklung dazu führen, die Zusam- menarbeit der ZLB mit der ekz und damit „zielgerichtet Outsourcing als Rationalisierungsinstrument“ vorzuschlagen (S.11)? Zu 3.: Ein veränderter Einsatz des Personals, um in- tensivere und neue Kundenservices entwickeln und reali- sieren zu können. 4. Wie bewertet es der Senat, dass die ZLB als meistgenutzte Kultur- und Bildungseinrichtung Berlins eine solche Umstellung in ihrer Einkaufspolitik und damit in ihrem Profil plant, ohne dass dies vorab mit den Be- schäftigten und in der Öffentlichkeit diskutiert wird und ohne dass Alternativen geprüft wurden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 481 2 a) Falls Alternativen geprüft wurden, in welcher dem Umlauf/Vonhof-Gutachten vergleichbaren Form wurde dies getan und mit welchem Ergebnis? Zu 4.: Diese Entwicklung der ZLB steht völlig im Einklang mit der Praxis in der bibliothekari-schen Fach- welt. Das Konzept ist von zwei renommierten deutschen Bibliotheksexpertinnen und Bibliotheksexperten erstellt worden und im Leitungsbereich der ZLB wie auch mit übrigen Beschäftigten ausführlich und intensiv diskutiert worden. Zuständig für die Entscheidung über die Umset- zung des Konzeptes ist der Stiftungsrat der ZLB. Zu 4. a): Die Gutachterinnen und Gutachter haben keine alternative organisatorische Lösung mit vergleich- baren Effekten für den Personaleinsatz in der ZLB gese- hen. 5. In welcher Form hat der Senat die Auswirkungen einer neuen ZLB/ekz-Zusammenarbeit auf den Berliner Buchhandel erörtert und mit welchem Ergebnis? Inwie- fern wurden so genannte Approval Plans (zur alternativen Titel-Vorauswahl auch durch diese für die Bibliotheken) mit Berliner Buchhandlungen geprüft? Zu 5.: Auswirkungen auf den lokalen Buchhandel sind zu bedenken, können aber nicht im Zentrum der Organi- sationsfragen in der Bibliothek stehen. Für die Bibliothek muss das Prinzip wirtschaftlicher Mittelverwendung im Zentrum stehen. Die ZLB ist aber in intensivem Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern des Berliner Buchhan- dels über zukünftige weitere Kooperationsmodelle. Der ergänzende Einsatz von Approval Plans zur Standing Order wird in der weiteren Erarbeitung des Konzeptes geprüft. Als Ersatz für Standing Order können kleinteilig geführte Approval Plans in der ZLB aber nicht den vergleichbaren Effekt für den Personaleinsatz erzie- len. 6. Wie ist in den Neuzugängen der ZLB bisher das Verhältnis von erworbenen Exemplaren zu Pflicht- exemplaren und zu Geschenken und wie viele Titel davon sind bzw. waren mehrfach vertreten? a) Wie werden oder würden sich diese Zahlen unter der neuen ZLB/ekz-Zusammenarbeit verändern? Zu 6.: Die Fragestellung entspricht nicht der Philoso- phie der Bereitstellung von Medien in der ZLB: Pflicht- exemplare des Berliner Verlagswesens (z.B. Suhrkamp, Aufbau, Springer Wissenschaftsverlag etc., um nur drei der 180 Verlage zu nennen) werden in das Publikumsan- gebot der ZLB integriert – egal ob per Kauf oder als Pflichtexemplar zugegangen. Die ZLB hat gegenwärtig eine Staffelungsquote von 1,1 d.h. es kommen jährlich ca. 64.000 Titel in ca. 70.000 Exemplaren in die ZLB. Der Gesamtzugang setzt sich zusammen aus ca. 57 % Exemp- lare Kauf, ca. 33 % Exemplare Pflicht, ca. 10 % Exempla- re Geschenk. Zu 6. a): Die Frage lässt sich derzeit nicht beantwor- ten, weil die weitere Ausarbeitung/Detaillierung des Kon- zeptes zum zukünftigen Bestandsmanagement noch in Arbeit ist und dies voraussichtlich bis zum Sommer dau- ern wird. Die ZLB wird auch zukünftig ein qualitativ hochwertiges und an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer orientiertes Medienangebot bereitstellen (sie- he Antwort zu 1.). 7. Welcher Anteil der Medienkäufe entspräche in der neuen ZLB/ekz-Zusammenarbeit der „großen Vorab-ID“ der ekz, welcher Anteil den weiterhin von ZLB-Mitar- beiterInnen lektorierten „Boutiquen“ und welcher dem so genannten „Special-Interest-Geschäft“? a) Wie bewertet der Senat den Umstand, dass der ge- samte nicht-deutschsprachige Bestand zukünftig aus dem grundsätzlich eingeschränkten Budget der „Boutiquen“ bestellt werden müsste, da die „große Vorab-ID“ fast ausschließlich aus deutschsprachigen Titeln besteht? b) Wie bewertet der Senat den Umstand, dass fast die gesamte Aus- und Weiterbildungs-Literatur als einem gesetzlich vorgeschriebenen Bereich zukünftig ebenfalls aus dem eingeschränkten Budget der „Boutiquen“ bestellt werden müsste, da die „große Vorab-ID“ diese kaum enthält? c) Wie bewertet der Senat dem Umstand, dass auch der gesamte non-book und e-book-Anteil aus dem grund- sätzlich eingeschränkten Bereich der Boutiquen, in Kon- kurrenz zu Ausbildungsliteratur und zu nicht-deutschen Titeln, bestellt werden müsste, da die „große Vorab-ID“ fast ausschließlich aus Büchern besteht? d) Wie bewertet der Senat, dass mit der ZLB/ekz-Zu- sammenarbeit die Titelzahl in dem für Berlin außeror- dentlich wichtigen Fach Sprache (Stichwort: Integration und Deutsch für Hinzugezogene) insgesamt um mehr als 60 Prozent reduziert werden soll? e) Wie bewertet der Senat den Umstand, dass durch die Einführung der „großen Vorab-ID“ mit einem Verlust um die Hälfte in der Titelbreite der Kinder- und Jugend- literatur in der ZLB zu rechnen ist? Zu 7.: Siehe Antworten zu Frage 1. und Frage 6. a). Zu 7. a): Die Zuordnung der Fachgebiete in der ZLB- Klassifikation zur Systematik für die Bibliotheken (SfB) ist nur mit erheblichen Einschränkungen möglich. Des- halb ist der einfache Vergleich zwischen den Profilen der ekz und der zlb-Fachgebiete irreführend. Hierzu ist der- zeit keine endgültige Aussage möglich, da eine genaue Ausarbeitung noch in Arbeit ist. Die ZLB wird aber auch zukünftig ein qualitativ hochwertiges und an den Bedürf- nissen der Nutzerinnen und Nutzer orientiertes Medien- angebot bereitstellen siehe Antwort zu 1. Der nicht- deutschsprachige Bestand setzt sich im Übrigen aus un- terschiedlichen Zugangsarten zusammen, nicht nur aus dem Kaufzugang für das Masse-Segment. Zu 7. b): Siehe auch Antwort zu 7. a). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 481 3 Die Gutachterinnen und Gutachter gehen im Übrigen davon aus, dass ein verändertes Bestandsmanagement den Bereich der Aus- und Weiterbildungsliteratur gegenüber der heutigen Praxis eher stärken wird. Zu 7. c - e): Siehe Antwort zu 7. a). 8. Soll in der ZLB auf die ekz-spezifische Systematik für Bibliotheken (SfB) umgestiegen werden und wenn ja, für welche Titel, durch welches Personal und mit welchen Kosten ist diese Umstellung voraussichtlich verbunden? a) Wenn nein, welche Folgen und Kosten kann nach Einschätzung des Senats das Nebeneinander zweier Sys- tematiken in der ZLB mit sich bringen? b) Ist dem Senat bekannt, dass mit der Übernahme der SfB durch die kleinere Zahl an Systematisierungsklas- sen die Größe des ZLB-Freihandbereichs radikal be- schnitten würde, dass dies insbesondere auch für einen vereinten Standort gelten würde und wie bezieht der Senat diesen Umstand in die ZLB-Standortplanungen ein? Zu 8.: Die Systematik ist nicht ekz-spezifisch, sondern wird in einer Vielzahl von deutschen Großstadtbibliothe- ken und auch im Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins durch alle Bezirksbibliotheken angewendet. Die Frage zum Aufwand der Umstellung lässt sich derzeit nicht beantworten, da eine genaue Ausarbeitung noch in Arbeit ist. Zu 8. a): Siehe Antwort zu Frage 8. Zu 8. b): Für die Freihandaufstellung der ZLB ist die SfB von ihrem Umfang her ausreichend groß. Dies gilt auch für die geplante Zusammenführung der Publikums- Standorte unter einem Dach. 9. Wann endet die Beurlaubung von Frau Professor Dr. Lux in ihrer Position im ZLB-Vorstand und wann wird der Stiftungsrat entscheiden, ob ihre Position zur Nachbesetzung ausgeschrieben wird? Welches Aus- schreibungsverfahren muss laut Stiftungsgesetz oder anderen Regularien für die Nachbesetzung angewandt werden? Zu 9.: Die Beurlaubung von Frau Professor Dr. Lux endet mit dem Erreichen ihres 65. Lebensjahres im März 2015, ab dem 01.04.2015 tritt sie in den Ruhestand. Der Stiftungsrat hat in seiner Sitzung am 8. Dezember 2014 auf Vorschlag des Managementdirektors hin beschlossen, eine zweite Vorstandsposition als fachbibliothekarische Direktion öffentlich auszuschreiben. Berlin, den 20. Februar 2015 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Feb. 2015)