Drucksache 17 / 15 484 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 09. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Februar 2015) und Antwort Vorgehen gegen Mietpreisüberhöhung, Leerstand und Abriss in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Auswirkungen hatte der 2013 an die Bezirksämter gerichtete Aufruf des damaligen Senators für Stadtentwicklung und Umwelt, Ordnungswidrigkeits- verfahren nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz wieder in Be- tracht zu ziehen, weil Berlin mit der Kappungsgrenzen- Verordnung zu einem Gebiet mit angespanntem Woh- nungsmarkt erklärt wurde, in dem die Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen wieder erfolgversprechend sei? Antwort zu 1: Auf Grund des Schreibens des Senators für Stadtentwicklung und Umwelt an die Bezirksbürger- meisterinnen und Bürgerbürgermeister vom 15. Juli 2013 hat sich der Rat der Bürgermeister mit der Verfolgung von Mietpreisüberhöhungen gemäß § 5 Wirtschaftsstraf- gesetz (WiStG) befasst. Die Wahrnehmung dieser Ord- nungsaufgabe wurde in den Bezirksämtern erörtert. In wie vielen Fällen bereits die öffentliche Thematisie- rung der möglichen Verfolgung von Mietpreisüberhöhun- gen zur Vereinbarung einer im Rahmen § 5 WiStG re- gelmäßig angemessenen Miete geführt hat, kann nicht eingeschätzt werden. Frage 2: Wie vielen Verdachtsfällen von Mietpreis- überhöhung sind die Bezirke in den letzten fünf Jahren (bitte nach Bezirken und Jahren auflisten) nachgegangen, und in wie vielen Fällen war das Verfahren erfolgreich? Antwort zu 2: Die Verfolgung von Verdachtsfällen von Mietpreisüberhöhung gemäß § 5 WiStG ist in Berlin Aufgabe der Bezirksämter. Eine zur Beantwortung der Frage durchgeführte Umfrage bei den für das Wohnen zuständigen Fachbereichen in den Berliner Bezirksämtern hat ergeben, dass lediglich im Bezirk Steglitz-Zehlendorf von Berlin aufgrund einer Anzeige im Jahr 2014 in einem Fall einer Mietpreisüberhöhung gemäß § 5 WiStG nach- gegangen wird, jedoch das Verfahren noch nicht abge- schlossen ist. Im Bezirk Treptow-Köpenick von Berlin konnte im Zusammenhang mit anderen wohnungswirt- schaftlichen Genehmigungsverfahren im Jahr 2013 in einem und im Jahr 2014 in fünf Fällen erreicht werden, dass allein aufgrund des Hinweises durch das Bezirksamt die ursprüngliche Mietpreisvorstellung durch den Verfü- gungsberechtigten auf das gemäß § 5 WiStG grundsätz- lich zulässige Maß (ortsübliche Vergleichsmiete plus 20 %) reduziert werden konnte. Die anderen Bezirke haben mitgeteilt, dass keine Verfolgungen von Verdachts- fällen nach § 5 WiStG in den letzten fünf Jahren erfolg- ten. Frage 3: Wie schätzt der Senat die aktuelle Rechtslage zum § 5 Wirtschaftsstrafgesetz ein, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung, wonach ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum dann gegeben ist, wenn es die Nachfrage nicht um mindestens 5 % übersteigt? Antwort zu 3: Nach Kenntnis des Senats hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) dieser Rechtsauffassung nicht angeschlossen und abschließend zu § 5 WiStG nicht ent- schieden, wann ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen vorliegt. In den bekannten Entscheidungen des BGH zu § 5 Absatz 2 WiStG stand der Nachweis des Ausnutzens des geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum durch den Vermieter zur Erzielung der (unter- stellten) überhöhten Miete im Mittelpunkt der Entschei- dung. Frage 4:n Welche Ergebnisse hatte die Bundesratsini- tiative Hamburgs zur Novellierung des § 5 Wirtschafts- strafgesetz, und wie handelt der Senat auf Bundesebene, um Mietpreisüberhöhungen rechtssicher zu verhindern? Antwort zu 4: Auf der Grundlage eines Gesetzesan- trags der Freien und Hansestadt Hamburg hat der Bundes- rat am 7. Juni 2013 die Einbringung eines Gesetzent- wurfs zur Änderung des Wirtschaftsstrafgesetzes in den Deutschen Bundestag beschlossen. Der Gesetzentwurf wurde aufgrund des Diskontinuitätsprinzips mit Ablauf der 17. Wahlperiode im Deutschen Bundestag nicht wei- ter behandelt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 484 2 Um sehr hohe Mietforderungen bei Mietbeginn zu- künftig zu vermeiden, unterstützt der Senat den raschen Abschluss des Gesetzgebungsverfahren über ein Miet- rechtsnovellierungsgesetzes, welches die sogenannte Mietpreisbremse beinhaltet. Mit der Vorgabe zur Be- schränkung der Miethöhe bei Mietbeginn auf 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete kann regelmäßig ein über § 5 Wirtschaftsstrafgesetz hinausgehender Mieter- schutz realisiert werden. Unter anderem auf Einrede des Senats wurde auf die noch im Referentenentwurf eines Mietrechtsnovellie- rungsgesetzes ursprünglich vorgesehene Streichung des § 5 Wirtschaftstrafgesetzes verzichtet. Mit der Stellung- nahme zum Entwurf des Mietrechtsnovellierungsgesetzes vom 7. November 2014 hat der Bundesrat seine Forde- rung zur praxistauglichen Änderung des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz erneuert. Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung darauf hingewiesen, dass sie sich einer Prüfung der praxistauglichen Umgestaltung des § 5 Wirtschaftsstrafgesetz nicht grundsätzlich verschließt. Sie weist aber darauf hin, dass die Frage, ob neben dem Entwurf eines Mietrechtsnovellierungsgesetzes eine wei- tere objektive Mietpreisbegrenzung in Höhe von 20 Pro- zent über der ortsüblichen Vergleichsmiete erforderlich ist und in welchem Verhältnis sie zu der einzuführenden sogenannten Mietpreisbremse stehen soll, zunächst einer sorgfältigen Untersuchung bedarf. Frage 5: In wie vielen Fällen hat die Staatsanwalt- schaft in Berlin in den letzten fünf Jahren Verdachtsfälle von Mietpreiswucher verfolgt, und in wie vielen Fällen waren Verfahren erfolgreich? Antwort zu 5: Dem Senat liegen keine Informationen über die Anzahl der in den letzten Jahren wegen Miet- preiswuchers eingeleiteten Ermittlungsverfahren und deren Ausgang vor. Ausweislich der Strafverfolgungssta- tistik für die Jahre 2009 bis 2013 sind wegen Mietwu- chers gemäß § 291 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Strafgesetz- buch (StGB) keine Personen rechtskräftig verurteilt wor- den. Frage 6: In wie vielen Fällen haben die Bezirke bis heute Verfahren wegen Leerstands eingeleitet, der nach dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum als melde- und genehmigungspflichtig gilt? Frage 7: Wie viele Genehmigungen für längeren Leer- stand sind erteilt worden (bitte nach Bezirken auflisten)? Frage 8: In wie vielen Fällen haben die Bezirke bis heute Verfahren wegen Abrisses oder baulicher Verände- rungen nach dem Gesetz über das Verbot der Zweckent- fremdung von Wohnraum eingeleitet (bitte nach Bezirken auflisten)? Frage 9: Wie viele Genehmigungen für die Beseiti- gung von Wohnraum durch Abriss oder bauliche Verän- derungen sind erteilt worden (bitte nach Bezirken auflis- ten)? Frage 11: Wie hoch ist die Summe der bislang ange- ordneten Geldbußen wegen ordnungswidrigen Handelns bei Leerstand und Beseitigung von Wohnraum, und in welcher Bandbreite liegen die Geldbußen-Höhen? Antwort zu den Fragen 6 bis 9 und 11: Der Senat bit- tet, die Antwort auf die Fragen der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Die Angaben wurden aus einer anlässlich der vorliegenden Schriftlichen Anfrage erfolgten aktuel- len Abfrage bei den Bezirken generiert und spiegeln in- soweit das jeweilige bezirkliche Verständnis zu den Fra- gen wider. Frage 6: eingeleitete Verfahren wegen Leer- stand Frage 7: erteilte Leer- stands- genehmigungen Frage 8: eingeleitete Ver- fahren wegen Abriss oder bau- licher Verände- rung Frage 9: erteilte Genehmigungen für Abriss oder bauliche Verände- rung Frage 11: Summe der bis- lang angeordne- ten Geldbußen Friedrichshain- Kreuzberg 38 0 0 0 0 Pankow 0 0 0 0 0 Charlottenburg- Wilmersdorf 125 0 21 2 0 Spandau 1 0 0 0 0 Steglitz- Zehlendorf 0 0 1 1 0 Tempelhof- Schöneberg 0 0 0 0 0 Neukölln 0 0 0 0 0 Treptow- Köpenick 183 34 2 1 0 Marzahn- Hellersdorf 21 8 4 0 0 Lichtenberg 289 120 0 0 0 Reinickendorf 5 0 0 0 0 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 484 3 Hinsichtlich der zu 11. gestellten Frage nach der „Bandbreite“ von Geldbußen verweist der Senat darauf, dass Ordnungswidrigkeiten nach § 7 Absatz 2 des Zweck- entfremdungsverbot-Gesetzes mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden können. Näheres zum Ord- nungswidrigkeitenverfahren und insbesondere auch zur Bemessung von Geldbußen und den Rahmenbeträgen bittet der Senat den Ausführungsvorschriften über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in dortiger Nr. 22 zu entnehmen. Frage 10: Falls Auflagen an die Genehmigung länge- ren Leerstands, der Beseitigung von Wohnraum oder baulicher Veränderungen geknüpft wurden: Welche Auf- lagen (insbesondere Ausgleichszahlungen in welcher Höhe) wurden mit der Genehmigung verbunden? Antwort zu 10: Nach Angabe der Bezirke wurden Ge- nehmigungen unter der Auflage Ersatzwohnraum und unter Ausgleichszahlungen (5 Euro/m²/monatlich) erteilt. Berlin, den 17. Februar 2015 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Feb. 2015)