Drucksache 17 / 15 491 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Michael Schäfer (GRÜNE) vom 09. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Februar 2015) und Antwort Berlin baut - warum nicht klimaverträglich? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Bei welchen Bauvorhaben landeseigener Un- ternehmen gibt es energetischen Anforderungen, die über die bestehenden Klimavorschriften des Bundes (EnEV, EEWärmeG) hinausgehen? Welche Standards kommen dabei zur Anwendung? Antwort zu 1: Für die Neuerrichtung von Büro- und Verwaltungsgebäuden öffentlicher Einrichtungen und Unternehmen enthält die Berliner Verwaltungsvorschrift für die Anwendung von Umweltschutzanforderungen bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- und Dienstleistungen (Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt – VwVBU) im Anhang 1 mit den Leistungsblättern 27 und 28 einen ambitionierten Energiestandard. Dort ist festge- legt, dass der nach der Energieeinsparverordnung 2009 zulässige Jahresprimärenergiebedarf nach der Energieein- sparverordnung 2009 um mindestens 30 Prozent zu unter- bieten ist. Frage 2: Wie wird die Einhaltung der Energiestan- dards bei öffentlichen Bauvorhaben (inkl. landeseigener Unternehmen) jeweils überprüft? Bei welchen Bauvorha- ben wurden Energieeffizienz-Sachverständige nach EnEV-Durchführungsverordnung bestellt? Bei welchen nicht? (Bitte alle Bauvorhaben von 2011-1016 einzeln auflisten.) Antwort zu 2: Nach der EnEV-Durchführungsverord- nung Berlin (EnEV-DV Bln) besteht seit 2009 eine 4- Augen-Kontrolle durch Prüfsachverständige für energeti- sche Gebäudeplanung bei der Neuerrichtung von Gebäu- den und bei umfangreichen Sanierungen im Bestand, bei denen zum Nachweis der Anforderungen der Energieein- sparverordnung (EnEV) eine rechnerische Energiebilanz zur Ermittlung des Jahres-Primäreenergiebedarfs aufge- stellt wird. Bei solchen Bauvorhaben sind die rechneri- schen Nachweise, die Bauausführung und die Energie- ausweise durch anerkannte Prüfsachverständige für ener- getische Gebäudeplanung zu überprüfen. Die Prüfsach- verständigen werden im Auftrag der Bauherrschaft – analog zu bauordnungsrechtlich bedingten Kontrollaufga- ben - privatrechtlich tätig. Eine Unterscheidung zwischen öffentlicher oder privater Bauherrschaft wird nicht getrof- fen. Eine Listung aller in Berlin nach der EnEV-DV Bln überprüften öffentlichen Bauvorhaben findet nicht statt. Einzelne Aufstellungen über die durch Prüfsachverständi- ge für energetische Gebäudeplanung geprüften öffentli- cher Bauvorhaben, die bis Fristablauf vorlagen, sind der Übersicht halber am Ende des Textes aufgeführt. Neben der baubegleitenden 4-Augen-Kontrolle durch Prüfsachverständige für energetische Gebäudeplanung nach der EnEV-DV Bln ist mit Inkrafttreten der EnEV 2013 eine unabhängige Stichprobenkontrolle von jährlich ausgestellten Energieausweisen und Inspektionsberichten über Klimaanlagen öffentlicher und privater Gebäude durchzuführen. Das unabhängige Kontrollsystem wird zurzeit noch in allen Bundesländern nach einheitlichen Mindestmaßstäben installiert. Das zuständige Gremium der Bauministerkonferenz erarbeitet derzeit unter Mit- wirkung Berlins ländereinheitliche Musterregelungen zu Grundsätzen und Verfahren. Nach Installierung des Kon- trollsystems werden die Stichprobenkontrollen für das Jahr 2014 und 2015 spätestens Anfang 2016 rückwirkend, danach kontinuierlich durchgeführt. Frage 3: Bei wie vielen Bauvorhaben öffentlicher Trä- ger wurde im Land Berlin die Einhaltung der Anforde- rungen aus der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Erneuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) überprüft? Mit welchem Ergebnis? Antwort zu 3: Zur Überprüfung der Anforderungen der EnEV bei Bauvorhaben öffentlicher Träger gelten die Aussagen der Antwort zu Frage 2, erster Absatz. Eine zahlenmäßige Erhebung findet nicht statt. Ebenso wenig liegen statistische Auswertungen der bisherigen Prüfun- gen durch die Prüfsachverständigen für energetische Ge- bäudeplanung über die Prüfergebnisse vor. Allerdings Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 491 2 zeigen allgemeine, nicht repräsentative Befragungen der Prüfsachverständigen für energetische Gebäudeplanung, dass die Qualität von Nachweisen durch die Einbindung qualifizierter Fachingenieure im Bauprozess bei öffentli- chen Bauvorhaben vergleichsweise gut ist. Eine Überprüfung der Einhaltung des Gesetzes zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Er- neuerbare-Energien-Wärmegesetz - EEWärmeG) ist bei öffentlichen oder privaten Bauvorhaben auch im EEWär- meG grundsätzlich nicht vorgesehen. Allerdings erfolgt im Rahmen der zu leistenden Berichtspflichten eine Mit- teilung an den Bund darüber, wie die Nutzungspflicht im Land Berlin im Bereich der öffentlichen Liegenschaften eingehalten wird. In seinen Aussagen stützt er sich dabei im Wesentlichen auf Zuarbeiten von den liegenschafts- verwaltenden Stellen. Im Rahmen der Berichtspflicht im Juni 2013 konnte mitgeteilt werden, dass die Anforderun- gen gem. EEWärmeG bei den Gebäuden der öffentlichen Hand überwiegend durch Ersatzmaßnahmen nach § 7 EEWärmeG (Fernwärme und erhöhte Wärmedämmung der Bauteile) erfüllt wurden. Frage 4: Bei wie vielen Bauvorhaben privater Träger wurde im Land Berlin die Einhaltung der Anforderungen aus der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Er- neuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) über- prüft? Mit welchem Ergebnis? Welche Zahlen liegen den zuständigen Bauaufsichtsbehören der Bezirke vor über Verstöße gegen die EnEV und eingeleitete Verfahren zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 27 EnEV i.V. m. § 8 EnEG? Antwort zu 4: Auch bei Bauvorhaben privater Träger gilt das 4-Augen-Prinzip durch Prüfsachverständige für energetische Gebäudeplanung (s. Antwort zu Frage 2, erster Absatz). Die Nachweise über die Einhaltung der EnEV-Anforderungen unterliegen keiner generellen oder zusätzlichen Prüfung durch die zuständigen Bauaufsichts- behörden und sind unabhängig von bauordnungsrechtli- chen Verfahren zu führen. Außerdem besteht keine Vor- lagepflicht für die Bestätigungen der geprüften EnEV- Nachweise bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde. Eine zahlenmäßige Erfassung ist daher nicht möglich. Gleich- wohl werden die Bauaufsichtsbehörden zur Verfolgung von begründeten Anzeigen in Einzelfällen ordnungsrecht- lich tätig. Eine statistische Erfassung von Ordnungswid- rigkeitsverfahren erfolgt jedoch auch hierfür nicht. Nach Berichten der Bezirke liegen die Fälle eingeleiteter Ver- fahren jährlich im einstelligen Bereich. Mit Inkrafttreten der novellierten Fassung des EE- WärmeG-DG Bln und Änderung des Zuständigkeitskata- logs Ordnungsaufgaben (ZustkatOrd) liegt die Zuständig- keit für Ordnungsaufgaben aufgrund des EEWärmeG seit Dezember 2014 ebenfalls bei den Bauaufsichtsbehörden der Bezirke. Auf Grundlage des EEWärmeG-DG Bln wurde eine Durchführungsverordnung (EEWärmeG-DV Bln.) erarbeitet, die Befassung durch den Rat der Bürger- meister (RdB) erfolgt voraussichtlich noch im I. Quartal 2015. Die EEWärmeG-DV Bln. wird dann voraussichtlich im II. Quartal in Kraft treten. Eine stichprobenartige Überprüfung der Anforderungen aus dem EEWärmeG bei Bauten privater Träger erfolgt dann entsprechend, wobei eine Stichprobe von jährlich 2 Prozent vorgesehen ist. Frage 5: Inwieweit gibt es Schätzungen zu Dunkelzif- fern bei nicht aufgedeckten Verstößen gegen die EnEV und wenn ja wie hoch sind diese? Antwort zu 5: Dem Senat sind hierüber keine Daten bekannt. Frage 6: Ist der Senat der Meinung, dass in Berlin die Regelungen und Personalausstattungen zur Überwachung und zur Verfolgung von Anzeigen über Verstöße gegen die EnEV angesichts der Berliner klimapolitischen Ziel- stellungen im Gebäudesektor und angesichts der ver- schärften Anforderungen durch die neue EnEV ausrei- chend sind? Antwort zu 6: Für die Pflichten in Verbindung mit der unabhängigen Stichprobenkontrolle und damit verbunde- ne und zusätzliche Ordnungswidrigkeitstatbestände auf- grund der EnEV sind neue Regelung über Verfahren und Zuständigkeiten erforderlich. Dazu läuft derzeit die not- wendige Überarbeitung der EnEV-Durchführungsverord- nung, in der auch weitere Festlegungen zur Stärkung des Vollzugs vorgesehen sind. Mit der Pflicht der Länder zur unabhängigen Kontrol- le entstehen laut Begründung zur EnEV-Novelle dem Land Berlin – wie allen Ländern – dauerhaft laufende Aufwendungen für die Überprüfung der Ausweise bzw. Inspektionsberichte, die Auswertung von Daten und das Datenmanagement sowie durch Berichtspflichten der Länder gegenüber der Bundesregierung über die Erfah- rungen mit dem unabhängigen Kontrollsystem. Diese sind nicht durch bestehendes Personal abgedeckt. Es ist beab- sichtigt, die Aufgaben als Kontrollstelle auf eine zentrale externe Stelle zu übertragen. Aufgrund der unabhängigen Stichprobenkontrollen und neuer Ordnungswidrigkeitstatbestände ist ein Anstieg ordnungsrechtlicher Verfahren in Verbindung mit der EnEV und somit ein Anstieg von personellen Aufwen- dungen für die zuständigen Bauaufsichtsbehörden nicht auszuschließen. Frage 7: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass andere Bundesländer die Umsetzung von Energiesparvor- schriften stichprobenartig prüfen? Antwort zu 7: Zur Umsetzung der neuen Pflicht der Länder zur unabhängige Stichprobenkontrolle nach EnEV 2013 werden zurzeit ländereinheitliche Musterregelungen erarbeitet, die in die einzelnen Landesvorschriften – auch in die EnEV-Durchführungsverordnung Berlin – einfließen werden. Dem Senat ist nicht bekannt, dass andere Länder die Regelungen zur unabhängigen Stichproben- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 491 3 kontrolle bereits vorab umgesetzt haben und vollziehen. Es ist gleichwohl nicht auszuschließen, dass einzelne Länder bereits stichprobenhafte Kontrollen aufgrund existierender Länderregelungen durchführen. Zu den Stichprobenkontrollen in Verbindung mit dem EEWär- meG s. Antwort zu Frage 4, zweiter Absatz. Bauvorhaben im Zuständigkeitsbereich der Abteilung Finanzen, Liegenschaften und Personal , Serviceeinheit Facility Management, Bezirk Reinickendorf Einrichtung Maßnahme EnEV- Berechnung Prüfsach verst. ja beauftragt 1. 12G09, Grundschule an der Peckwisch Erweiterungsbau x x 2. 12K11, Albrecht-Haushofer-Oberschule Erweiterungsbau x in Vorbe- reitung 3. VKU01, Fontanehaus Sanierung Fassade, Fenster und Dach x * 4. 12G10, Peter-Witte-Grundschule Sanierung Fassade und Fenster x * 5. 12G17, Ellef-Ringnes-Grundschule Brandschaden Sporthalle x in Vorbe- reitung 6. 12Y08, Thomas-Mann-Oberschule Sanierung Fassade, Fenster und Dach x * * hier erfolgten bauteilbezogene Änderungen an der Gebäudehülle. Dazu wurde die Bestätigung der anforderungsgerechten Bauausführung nach § 26 a EnEV durch Erklärung des ausführenden Unternehmens eingeholt. Bauvorhaben im Zuständigkeitsbereich der Abteilung Finanzen und Wirtschaft Serviceeinheiten Facility Ma- nagement (SE FM), Fachbereich Hochbau, Bezirksamt Neukölln: 2002 wurden nahezu alle (~95 %) bezirkseigenen Ge- bäude auf Grundlage der damals gültigen EnEV berechnet und damit die energetisch sanierungsbedürftigen Gebäude ermittelt. Art und Umfang der daraus hergeleiteten Sanie- rungsarbeiten werden vor Beginn der Baumaßnahme in der Regel durch eine Vorplanung in Form einer Prognose definiert. Diese wird jeweils durch einen Energieeffizi- enz-Sachverständigen oder den planenden Architekten durchgeführt. Nach Abschluss der Maßnahme wird die Sanierung auf Grundlage der EnEV überprüft und der Energiepass angepasst. Berlin, den 25. Februar 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Mrz. 2015)