Drucksache 17 / 15 528 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 10. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Februar 2015) und Antwort Die Arbeit der Gewaltschutzambulanz im ersten Geschäftsjahr Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen haben sich seit Eröffnung der Gewaltschutzambulanz am 17.02.2014 an diese gewandt? a) Wie viele davon waren weiblich? b) Wie viele davon waren männlich? c) Wie viele davon waren Kinder und wie alt waren diese jeweils? Zu 1.: Im 1. Geschäftsjahr (17. Februar 2014 bis 16. Februar 2015) wandten sich insgesamt 382 Personen an die Gewaltschutzambulanz. Hierbei berichteten 196 Per- sonen von akut sichtbaren Verletzungen, sodass 196 Un- tersuchungstermine vereinbart wurden. In 186 Fällen handelte es sich nicht um körperliche Gewalt oder die Gewalt lag schon länger zurück, sodass keine Verletzun- gen mehr sichtbar waren, oder es wurde eine DNA- Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt gewünscht. Da in diesen Fällen eine rechtsmedizinische Verletzungs- dokumentation nicht möglich war, wurde den Betroffenen eine andere Ansprechpartnerin/ein anderer Ansprechpart- ner vermittelt. Von den 196 vergebenen Untersuchungs- terminen wurden 175 Termine wahrgenommen. Zu a): Von den 175 untersuchten Personen waren 96 Personen weiblich, von den 21 nicht wahrgenommen Terminen waren 16 Personen weiblich und von den Wei- tervermittlungen an andere Ansprechpartner waren 138 Personen weiblich. Insgesamt waren 250 Personen der 382 Personen, die sich im ersten Geschäftsjahr an die Gewaltschutzambulanz gewandt haben, weiblich. Zu b): Von den 175 untersuchten Personen waren 13 Personen männlich, von den 21 nicht wahrgenommen Terminen waren zwei Personen männlich und von den Weitervermittlungen an andere Ansprechpartner waren 48 Personen männlich. Insgesamt waren 63 Personen der 382 Personen, die sich im ersten Geschäftsjahr an die Gewalt- schutzambulanz gewandt haben, männlich. Zu c): Von den 175 untersuchten Personen waren 66 Kinder und von den 21 nicht wahrgenommen Terminen waren drei Kinder. Bei den Weitervermittlungen an ande- re Ansprechpartner wird das Alter nicht erfasst. Die Kin- der waren bei Vorstellung zwischen zwei Monate und 17 Jahre alt Der größte Teil war bei Vorstellung unter fünf Jahre alt. 2. Durch welche Stellen wurden die Betroffenen je- weils an die Gewaltschutzambulanz verwiesen? Zu 2.: Die Zuweisung an die Gewaltschutzambulanz erfolgte bei den untersuchten Fällen in 54 Fällen durch die Polizei, in 52 Fällen durch das Jugendamt und den Kindernotdienst, in 25 Fällen durch Ärzte oder Kranken- häuser, in 14 Fällen durch die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen - BIG e.V.-Hotline -, in sechs Fällen durch den Weißen Ring und in 24 Fällen durch Medi- en/Internet oder Mundpropaganda. Bei den nicht wahrge- nommenen Untersuchungsterminen und bei Weiterver- mittlungen an andere Ansprechpartner erfolgte keine Erfassung der zuweisenden Stelle. 3. In wie vielen Fällen handelte es sich um häusliche Gewalt bzw. Gewalt durch eine*n Partner*in? Zu 3.: In 74 Fällen handelte es sich um häusliche Ge- walt, also um Gewalt durch einen Partner oder Ex-Partner bzw. eine Partnerin oder Ex-Partnerin. 4. Welche Formen der Gewalt konnten jeweils fest- gestellt werden? Zu 4.: In 171 Fällen wurde die Einwirkung von stump- fer Gewalt, in sechs Fällen von scharfer Gewalt, in drei Fällen von thermischer Gewalt (Verbrennung/Ver- brühung) und in 25 Fällen von Gewalt gegen den Hals festgestellt. In einigen Fällen fanden sich verschiedene Gewaltformen gleichzeitig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 528 2 5. Wie oft konnte Gewalt gegen Hals festgestellt wer- den? Zu 5.: Gewalt gegen den Hals wurde in 25 Fällen fest- gestellt. Diese erfolgte in 19 Fällen im Rahmen von häus- licher Gewalt, in fünf Fällen bei Gewalt durch Personen aus dem Umfeld (vor allem Kindesmisshandlung) und in einem Fall durch einen unbekannten Täter. Insgesamt wiesen 26 % der Personen, die häusliche Gewalt angaben, Verletzungen durch Gewalt gegen den Hals auf, sodass von einer zumindest abstrakten Lebensgefahr ausgegan- gen werden muss. 6. In wie vielen Fällen handelte es sich um eine Ersttat und in wie vielen Fällen lag eine Wiederholungstat vor? Zu 6.: Insgesamt handelte es sich um 67 Ersttaten, um 94 Wiederholungstaten und in 14 Fällen wurden keine Angaben gemacht. Betroffene von häuslicher Gewalt berichteten in 73 % der Fälle eine Wiederholungstat wo- hingegen Opfer unbekannter Täter in 84 % eine Ersttat berichteten. 7. Wie viele Anzeigen wurden erstattet? Zu 7.: In 97 Fällen wurde eine Strafanzeige erstattet. In 14 Fällen wurde berichtet, dass eine Strafanzeige ge- plant sei und in 64 Fällen erfolgten diesbezüglich keine Angaben. 8. In wie vielen Fällen haben sich Betroffene von se- xualisierter Gewalt an die Gewaltschutzambulanz ge- wandt und wohin wurden diese weiter verwiesen? Zu 8.: 37 Betroffene von sexualisierter Gewalt wand- ten sich im ersten Geschäftsjahr an die Gewaltschutzam- bulanz mit der Bitte um gynäkologische Untersuchung und DNA-Spurensicherung. Diese wurden an die Ret- tungsstellen der Charité und an das Landeskriminalamt verwiesen, da nur dort eine DNA-Spurensicherung nach Erstattung einer Strafanzeige möglich ist. 9. An welche Einrichtungen wurden die behandelten Personen nach der Untersuchung jeweils weiter vermit- telt? Zu 9.: Im Anschluss an die Untersuchung wurden 42 Personen im Beratungsraum der Gewaltschutzambulanz durch Beraterinnen der BIG-Hotline oder der Opferhilfe - Hilfe für Opfer von Straftaten in Berlin e.V. (Opferhilfe Berlin e.V.) - beraten. 32 Personen wurden an die BIG- Hotline vermittelt, 79 Personen an Kliniken oder das Jugendamt, 28 Personen an die Traumaambulanzen, 24 Personen an die Opferhilfe Berlin e.V., 17 Personen an den Weißen Ring und 10 Personen an die ehrenamtliche Rechtsberatung. Teilweise wurde an zwei verschiedene Stellen vermittelt, wenn z. B. sowohl eine medizinische Versorgung als auch eine Beratung sinnvoll erschienen. Von den von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen nah- men 57 % das Angebot der Beratung in den Räumen der Gewaltschutzambulanz wahr. 10. Wie viele Infoveranstaltungen und Fortbildungen wurden zu welchen Themen durch die Gewaltschutzam- bulanz im ersten Jahr durchgeführt? Zu 10.: Im ersten Geschäftsjahr führte die Gewalt- schutzambulanz 38 Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Kindesmisshandlungen, fünf zum Thema häusli- che Gewalt und drei zum Thema sexualisierte Gewalt durch. Weiterhin erfolgten 44 Informationsveranstaltun- gen zum Angebot der Gewaltschutzambulanz. Berlin, den 25. Februar 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mrz. 2015)