Drucksache 17 / 15 542 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 12. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Februar 2015) und Antwort Falsche Verdächtigung durch Berliner Behörden: Einstellung im Fall Costallino Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass sich der Verdacht gegen den Be- treiber des Lokals „Costallino“ in Friedrichshain, die Zerstörungen und Nazi-Schmierereien in seinem Lokal selbst vorgenommen zu haben, nicht bestätigt hat? Zu 1.: Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Ermitt- lungsverfahren gegen den Betreiber des Lokals „Costallino “ wegen des Vorwurfs des Vortäuschens einer Straftat und Anderem am 12. Dezember 2014 gemäß § 170 Ab- satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, weil dem Beschuldigten die Tat nicht mit der für eine Ankla- geerhebung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen war. 2. Wenn ja, hat sich die Berliner Polizei für die Ver- dächtigungen und die bei ihm durchgeführten Maßnah- men (Durchsuchungen etc.) entschuldigt? Zu 2.: Der Betreiber des Lokals hat über die Bera- tungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemiti- scher Gewalt (ReachOut) eine über die Staatsanwaltschaft Berlin an die Polizei gerichtete Beschwerde erhoben, die durch die Beschwerdestelle beim Landeskriminalamt bearbeitet wurde. Ein Fehlverhalten der ermittelnden Dienststelle des Polizeilichen Staatschutzes wurde in diesem Zusammenhang nicht festgestellt. Eine diesbezüg- liche Stellungnahme wird an ReachOut zwecks Erörte- rung mit dem Beschwerdeführer versandt. 3. In welcher Form wird der Betreiber des Costallino für die ihm entstandenen Nachteile, insbesondere die Rufschädigung, entschädigt? Zu 3.: Mit Übersendung der Einstellungsnachricht ist der Betroffene durch die Staatsanwaltschaft Berlin dar- über informiert worden, dass er, entsprechend den Vor- schriften des Gesetzes über die Entschädigung für Straf- verfolgungsmaßnahmen (StrEG), einen Antrag auf Ent- schädigung wegen Schäden, die er durch Strafverfol- gungsmaßnahmen erlitten hat, stellen kann. Ein solcher Antrag liegt bisher nicht vor. 4. Inwieweit wurde bereits in der rechten Szene be- züglich der Straftaten ermittelt und wie ist der aktuelle Stand? Zu 4.: Das wegen Einbruchs geführte Ermittlungsver- fahren gegen Unbekannt ist ebenfalls am 12. Dezember 2014 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da kei- ne Ermittlungsansätze zur Namhaftmachung der Täterin bzw. des Täters bestanden. Siehe auch Antwort zu Frage 5. 5. Wie werten der Senat, die Staatsanwaltschaft und die Berliner Polizei den Fall aus und welche Schlüsse werden daraus gezogen, insbesondere im Hinblick auf die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses im Deutschen Bundestags? Zu 5.: Gemäß den Handlungsempfehlungen des 2. Un- tersuchungsausschusses des 17. Deutschen Bundestages („NSU“-Untersuchungsausschuss) ist in allen Fällen von Gewaltkriminalität, die wegen der Person des Opfers einen rassistisch oder anderweitig politisch motivierten Hintergrund haben könnten, dieser eingehend zu prüfen. Ein vom Opfer oder Zeugen angegebenes Motiv für die Tat muss von der Polizei verpflichtend aufgenommen und angemessen berücksichtigt werden. Auch wenn im vorliegenden Sachverhalt kein Fall von „Gewaltkriminalität“ im Sinne der Definition der Polizeilichen Kriminalstatistik vorliegt, wurden die Ermittlungen beim Polizeilichen Staatsschutz ergebnisoffen in alle Richtungen geführt und eine zunächst nahe liegende Tat- begehung durch rechtsmotivierte Straftäterinnen und Straftäter wurde geprüft. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 542 2 Aus Sicht der ermittelnden Dienststelle des Polizeili- chen Staatsschutzdienststelle ergab sich im vorliegenden Fall jedoch wegen verschiedener Anhaltspunkte der An- fangserdacht des Vortäuschens einer Straftat gegen den Restaurantbetreiber, woraufhin die Staatsanwaltschaft einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erwirkte. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin sind die bei der zuständigen Abteilung für alle Fälle der Gewaltkriminalität, die einen rassistischen oder anderweitig politisch motivierten Hin- tergrund haben könnten, tätigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sensibilisiert und spezialisiert für Ermitt- lungs- und Strafverfahren, die Gewalt-, Staatsschutz- und Freiheitsdelikte betreffen. Diese prüfen dann sorgfältig unter Auswertung des bisherigen Ermittlungsergebnisses und in enger Abstimmung mit den ermittelnden Dienst- kräften des Polizeilichen Staatsschutzes, ob der vermutete Hintergrund zutreffend ist. Das Prüfergebnis wird schrift- lich festgehalten. Die sich an das staatsanwaltschaftliche Prüfergebnis anschließenden strafprozessualen Maßnahmen und Er- mittlungen erbrachten weitere Indizien, die jedoch nicht genügten, um dem Beschuldigten die Tat mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachzuwei- sen. Bei Gesamtwürdigung aller Umstände kann der Senat ein Fehlverhalten der Ermittlungsbehörden nicht erken- nen. Berlin, den 16. Februar 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Mrz. 2015)