Drucksache 17 / 15 577 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 17. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Februar 2015) und Antwort Sicherheitsüberprüfungen von Personen in Berlin (I) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Personen müssen sich in Berlin einer „Sicherheitsüberprüfung “ durch den Berliner Verfassungsschutz unterziehen? Zu 1.: Alle Personen öffentlicher Stellen und nicht- öffentlicher Stellen, die Zugang zu Verschlusssachen haben oder sich Zugang zu Verschlusssachen gemäß § 6 Berliner Sicherheitsüberprüfungsgesetz (BSÜG) verschaf- fen können, müssen sicherheitsüberprüft sein. Das Sicherheitsüberprüfungsverfahren ist freiwillig. Keine Person kann dazu gezwungen werden, sich einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu müssen. Die Ge- heimschutzbeauftragten der öffentlichen Stellen und die zuständige Stelle für die nicht-öffentlichen Stellen (Se- natsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und For- schung) reichen die Erklärungen beim Verfassungsschutz Berlin ein. Im Rahmen der Mitwirkung führt der Verfas- sungsschutz Berlin die für die Durchführung der Sicher- heitsüberprüfung erforderlichen Maßnahmen durch und teilt das Ergebnis den Geheimschutzbeauftragten oder der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und For- schung mit. 2. Die Ausübung welcher Tätigkeiten an welchen Stellen gilt für den Senat in Berlin als „sicherheitsempfindlich “ und wo ist dies im Einzelnen festgelegt? (Bitte die Tätigkeiten/Stellen abschließend auflisten) Zu 2.: Die sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten wer- den im § 2 Nr. 1., 2. und 3. BSÜG aufgezählt. Danach üben Personen in den Behörden und sonstigen öffentli- chen Stellen des Landes Berlin sicherheitsempfindliche Tätigkeiten aus, die Verschlusssachen der Geheimhal- tungsgrade Verschlusssachengrad (VS)-Vertraulich und höher herstellen, bearbeiten, verwalten und/oder im Rah- men ihrer Tätigkeit zur Kenntnis nehmen könnten. Gemäß § 26 BSÜG werden auch durch nicht- öffentliche Stellen die oben genannten sicherheitsemp- findlichen Tätigkeiten im Auftrag von Berliner Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen ausgeführt. Die sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten werden durch die Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter und deren Geheimschutzbeauftragten nach Abschnitt II der Verschlusssachenanweisung für das Land Berlin (VSA) in eigener Zuständigkeit bestimmt. Es gibt keine Aufstellung über die sicherheitsempfind- lichen Tätigkeiten in den einzelnen Berliner Behörden, sonstigen öffentlichen Stellen oder nicht-öffentlichen Stellen. 3. Welche Einrichtungen oder Teile von Einrichtun- gen gelten in Berlin als schützenswert und wo ist dies festgelegt? Zu 3.: Die Bestimmung der schützenswerten öffentli- chen Einrichtungen oder Teilen von öffentlichen Einrich- tungen erfolgt nach § 2 Abs. Nr. 4. BSÜG in Verbindung mit der Verordnung zur Festlegung der Arten lebenswich- tiger Einrichtungen im Land Berlin. Eine entsprechende Festlegung von schützenswerten Einrichtungen ist bisher nicht erfolgt, weil die Vorausset- zungen hierfür nicht erfüllt waren. Für die Festlegung der schützenswerten nicht- öffentlichen Einrichtungen oder Teilen von nicht- öffentlichen Einrichtungen ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zuständig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 577 2 4. Wie viele Personen sind in den Jahren seit 2010 durch den Verfassungsschutz Berlin (Senatsverwaltung für Inneres und Sport Abteilung II) sicherheitsüberprüft worden im Rahmen einer a. einfachen Sicherheitsüberprüfung (SÜ 1), b. erweiterten Sicherheitsüberprüfung (SÜ 2) oder c. erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicher- heitsermittlungen (SÜ 3)? (Bitte nach Jahr, Art der Sicherheitsüberprüfung und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 4.: Die Sicherheitsüberprüfungen sind nur nach der Anzahl und ohne Unterscheidung der Art bei Behörden / sonstige öffentliche Stellen und nicht-öffentliche Stellen erfasst. Die Sicherheitsüberprüfungen der Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde wer- den nicht erfasst. Jahr Sicherheitsüberprüfungen Behörde / sonstige öffentliche Stelle Sicherheitsüberprüfungen nicht-öffentliche Stelle 2010 290 124 2011 445 35 2012 486 77 2013 580 77 2014 427 83 Eine Unterscheidung der Arten der Sicherheitsüber- prüfung wird statistisch nicht erfasst. Eine statistische Erfassung ist auch nicht beabsichtigt. 5. Welche konkreten Erkenntnisse über Personen gel- ten dem Verfassungsschutz Berlin als „Sicherheitsrisiko“? (Bitte nach Art der Sicherheitsüberprüfung aufschlüsseln.) Zu 5.: Die Sicherheitsrisiken unterscheiden sich nach § 7 Absatz 2 Nr. 1., 2. und 3. BSÜG in drei Kategorien: § 7 Absatz 2 Nr. 1. BSÜG: Zweifel am Bekenntnis des Betroffenen zur freiheitli- chen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grund- gesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhal- tung. § 7 Absatz 2 Nr. 2. BSÜG: Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. § 7 Absatz 2 Nr. 3. BSÜG: Eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- oder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbe- sondere die Besorgnis der Erpressbarkeit. Eine Unterscheidung der Sicherheitsrisiken erfolgt nicht nach der Art der Sicherheitsüberprüfung. Die Krite- rien sind für alle Arten gleich. Die Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, wird immer im Einzelfall nach den tatsächlich vorliegenden Anhaltspunkten entschieden. 6. Bei wie vielen in den Jahren seit 2010 sicherheits- überprüften Personen ist der Verfassungsschutz zu dem Ergebnis gekommen, dass ein „Sicherheitsrisiko“ vorliegt ? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) 7. Bei wie vielen in den Jahren seit 2010 sicherheits- überprüften Personen hat der Verfassungsschutz Berlin „sicherheitserhebliche“ Erkenntnisse gehabt? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) 8. Bei wie vielen in den Jahren seit 2010 sicherheits- überprüften Personen ist der Verfassungsschutz Berlin zu dem Ergebnis gekommen, dass „in der Person des Ehegatten oder Lebenspartner oder Lebensgefährten Anhalts- punkte“ vorlagen, „die ein Sicherheitsrisiko begründen“? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 6., 7., 8.: Diese Fälle werden vom Senat statistisch nicht erfasst. Eine statistische Erfassung ist auch nicht beabsichtigt. 9. Welche Erkenntnisse/Hinweise a. der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, b. der Landeskriminalämter und Polizeidienststellen, c. des Bundeskriminalamtes, d. der Meldebehörde, e. der Staatsanwaltschaften, f. der Grenzschutzdirektion, g. der Nachrichtendienste des Bundes, werden bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen konkret abgefragt? Zu 9.: Es werden folgende Behörden bei den Sicher- heitsüberprüfungen abgefragt: bei der Sicherheitsüberprüfung (SÜ) 1 (§ 15 Abs. 1 BSÜG): a., b., c., d., e. bei der SÜ 2 (§ 15 Abs. 2 BSÜG): betroffene Person a., b., c., d., e., f., g. einbezogene Person a., b., c., d., e. bei der SÜ 3 (§ 15 Abs. 3 BSÜG): betroffene Person a., b., c., d., e., f., g. einbezogene Person a., b., c., d., e. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 577 3 10. Welche Dateien/Datenbanken a. der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, b. der Landeskriminalämter und Polizeidienststellen, c. des Bundeskriminalamtes, d. der Meldebehörde, e. der Staatsanwaltschaften, f. der Grenzschutzdirektion, g. der Nachrichtendienste des Bundes, werden bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen konkret abgefragt? (Bitte nach Behörde und Datei einzeln aufschlüsseln.) Zu 10.: Die Namen der Dateien / Datenbanken bei den einzelnen Behörden besonders außerhalb des Landes Berlin, die diese für die Auskünfte bei den Sicherheits- überprüfungen benutzen, sind dem Senat bis auf wenige Ausnahmen nicht bekannt. Es können deshalb nur die bekannten Dateien benannt werden. Der Verfassungs- schutz Berlin hat darüber keine Kenntnis, ob durch die einzelnen Behörden neben den genannten Dateien / Da- tenbanken noch weitere Dateien / Datenbanken genutzt werden. Soweit bekannt, durch die einzelnen Behörden genutz- te Dateien / Datenbanken: a. „Nachrichtendienstliche Informationssystem“ (NADIS), d. Melderegister, e. Zentrales staatsanwaltschaftliches Verfahrensregis- ter, Bundeszentralregister. 11. In welcher Datenbank (Datei) des Verfassungs- schutzes Berlin werden die sicherheitsüberprüften Perso- nen gespeichert und wie viele Personen sind darin aktuell gespeichert? Zu 11.: Eine Speicherung erfolgt in Datenbanken über Sicherheitsüberprüfungen für öffentliche und nicht- öffentliche Stellen und dem eigenen Dienst (5.913 Da- tensätze, Stand 24.02.2015). Die Datenbanken umfassen sowohl Personen, die zur- zeit eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausüben, als auch Personen, die bereits aus der sicherheitsempfindli- chen Tätigkeit ausgeschieden sind, deren Akten aber noch nicht vernichtet werden dürfen. Eine Person kann mehrere Datensätze haben, wenn bei ihr mehr als eine Sicherheits- überprüfung durchgeführt wurde. 12. Wie häufig hat der Verfassungsschutz Berlin in den Jahren seit 2010 die personenbezogenen Daten von sicherheitsüberprüften Personen an andere Verfassungs- schutzbehörden übermittelt, da „dies für Zwecke der Spionage- und Terrorismusabwehr oder zur Abwehr sons- tiger extremistischer Bestrebungen von erheblicher Be- deutung erforderlich“ gewesen sein soll? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 12.: Diese Fälle werden vom Senat statistisch nicht erfasst. Eine statistische Erfassung ist auch nicht beab- sichtigt. Berlin, den 27. Februar 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mrz. 2015)