Drucksache 17 / 15 584 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 17. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Februar 2015) und Antwort Wie sieht der Asbestbeseitigungsfahrplan bei der degewo aus? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis be- antworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die degewo um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben: Frage 1: Wie viele Wohnungen der landeseigenen de- gewo und ihrer Tochtergesellschaften waren zum Stichtag 31.12.2014 noch mit Asbest belastet? Antwort zu 1: Gemäß Angaben der degewo könnten in bis zu 22.100 Wohnungen sogenannte Floorflexplatten als Bodenbeläge und Spritzschutz im Wandbereich eingebaut sein, welche Asbestfasern in gebundener Form enthalten könnten. Das betrifft Wohnungen, die zwischen 1960 und 1993 in den westlichen Bezirken Berlins errichtet wurden. Soweit diese Platten nicht beschädigt sind, geht von ihnen keine Gesundheitsgefährdung aus. Entsprechend der Sa- nierungsstrategie der degewo werden die Boden- und gegebenenfalls Wandbeläge einschließlich Kleber bei Meldung von Schäden durch die/den Mieterin/ Mieter, vor Neuvermietung und vor umfassenden Modernisierun- gen untersucht. Frage 2: Wie sieht der Fahrplan bei degewo zur Sanie- rung der Wohnungen aus? In welchen Jahresscheiben und mit welchem Endzeitpunkt sollen alle Wohnungen von Asbest befreit sein? Antwort zu 2: Nach einer Mängelmeldung wegen ei- nes Belages untersucht die degewo das Material und sa- niert bei vorhandenen Asbestfasern die Räume. Während der Sanierungsmaßnahme muss die/der Mieterin/Mieter die Räume verlassen und anderweitig untergebracht wer- den. Damit verbunden sind zusätzliche Unterbringungs- und Umzugskosten. Wird eine Wohnung durch Auszug einer/eines Miete- rin/Mieters frei, untersucht die degewo bei Verdacht auf Asbest Materialproben, um sich Gewissheit zu verschaf- fen. Werden Asbestfasern nachgewiesen, werden die entsprechenden Produkte ausgebaut. Im Rahmen einer umfassenden Sanierung einer Lie- genschaft werden alle asbesthaltigen Fliesen und Kleber entfernt. Die Daten über den Umfang der Sanierungsarbeiten einzelner Wohnungen und Räume werden in einem Bau- stoffverzeichnis zentral hinterlegt. Die degewo stellt ein jährliches Budget zur Asbestsa- nierung bereit. Ein Endzeitpunkt, bis zu dem alle asbest- haltigen Materialien entfernt sein werden, ist nicht ge- plant. Dazu besteht bei fest gebundenen Materialien auch keine gesetzliche Verpflichtung. Frage 3: Um welche asbestbelasteten Bauteile handelt es sich bei den oben genannten Wohnungen jeweils? Antwort zu 3: Bei den belasteten Bauteilen handelt es sich um Vinyl-Flex-Fliesen, die sowohl als Bodenbelag verwendet wurden, als auch als Spritzschutz im Wandbe- reich. Zum Teil wurden diese Fliesen mit asbesthaltigem Kleber angebracht. Frage 4: Gibt es einen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und allen landeseigenen Wohnungsbau- gesellschaften abgestimmten Standard zur Asbestsanie- rung von Wohnungen, und wie lauten die Grundzüge dieses Standards? Antwort zu 4: Asbestsanierungen müssen nach der technischen Regel für Gefahrstoffe 519 erfolgen. Eine darüber hinausgehende Absprache mit der Senatsverwal- tung für Stadtentwicklung und Umwelt ist entbehrlich. Über die Einhaltung dieser Richtlinie wacht das Landes- amt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 584 2 Frage 5: Wie viele Wohnungen hat degewo in der Vergangenheit saniert, ohne Asbest vollständig zu besei- tigen und wie sieht der weitere Umgang mit diesen Woh- nungen aus? Antwort zu 5: Alle Wohnungen in denen vor 2013 der Fußboden saniert wurde, wurden nach den damals ein- schlägigen, geltenden Vorschriften saniert, wobei eine Versiegelung des Klebers mit Epoxidharz erfolgte. Über die Anzahl der teilsanierten Räume kann die degewo keine Angaben machen. Frage 6: Führt degewo selbst zum Abschluss der As- bestsanierung von Wohnungen eine Messung der Asbest- belastung in den Räumen durch? Falls nein, wer verant- wortet dann die Schlussmessung? Antwort zu 6: Alle vertraglich gebundenen Asbestsa- nierungsfirmen arbeiten nach Verfahren mit geringer Exposition gegenüber Asbest bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten. Dabei muss es sich um ein Verfahren mit behördlicher Genehmigung durch das Lan- desamt für Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) handeln oder einem Verfahren, das durch das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Ge- setzlichen Unfallversicherung genehmigt ist. Erfolgsmessungen sind nach diesen Sanierungen nicht erforderlich. Nach Sanierungen einer bewohnten Woh- nung veranlasst die degewo aber regelmäßig eine Er- folgsmessung, ebenso bei unbewohnten Wohnungen stichprobenhaft zur Qualitätssicherheit. Frage 7: Wie viele Wohnungen von degewo befinden sich am Standort Schlangenbader Straße und wie viele sind davon mit Stichtag 31.12.2014 asbestbelastet? Antwort zu 7: In der Schlangenbader Straße befinden sich 1.234 Wohnungen, von denen 199 positiv auf Fasern untersucht wurden und saniert werden. Bei 150 ist die Sanierung abgeschlossen. Frage 8: Wie ist der konkrete Sanierungsfahrplan für den Standort Schlangenbader Straße? Antwort zu 8: Für die Liegenschaft Schlangenbader Straße gibt es keine gesonderte Sanierungsstrategie, die degewo handelt so, wie in den anderen degewo- Liegenschaften auch. Frage 9: Welche Spezialfirmen sind zur Asbestbesei- tigung für degewo tätig? Antwort zu 9: Es sind ausschließlich Firmen im Ein- satz, die auf der Grundlage einer europaweiten Aus- schreibung mit einem emissionsarmen Verfahren, wie unter Frage 6 beschrieben den Zuschlag erhielten. Frage 10: Welche konkreten Leistungen werden zur Asbestbeseitigung jeweils für Spezialfirmen ausgeschrie- ben? Antwort zu 10: Die Leistungspositionen umfassen je- weils die rechtzeitige Anmeldung einer Baustelle beim LAGetSi, die Baustelleneinrichtung entsprechend den Arbeitsstättenrichtlinien, den Ausbau der asbesthaltigen Fliesen und das Abfräsen des Klebers. Die Abfälle sind getrennt nach Fliesen und Fräsgut in sogenannten Big Bags zu füllen und bis zur Verbringung der Abfälle in ein Zwischenlager bzw. auf die Deponie in verschlossenen Containern zu verwahren. Frage 11: Welche Probleme gab es in der Vergangen- heit mit Firmen bei der Asbestbeseitigung, z.B. Nichtein- haltung von Arbeitsschutzvorschriften, Staubentwicklung in Nachbarwohnungen und Treppenhäusern, Arbeiten bei offenem Fenster, mangelhafte Entsorgung? Antwort zu 11: Der degewo ist nur eine Havarie be- kannt, bei der Bruchstücke von fest gebundenen asbest- haltigen Fliesen aus einem angerissenen Entsorgungssack fielen. Das LAGetSi und das Landeskriminalamt wurden eingeschaltet. Beide Behörden kamen zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um einen Vorfall handelte, welcher ordnungs- oder strafrechtlich weiter zu verfolgen wäre. Frage 12: Wohin werden Asbestabfälle entsorgt? Wel- che Zertifikate bezüglich einer ordnungsgemäßen Entsor- gung liegen degewo vor? Antwort zu 12: Der Entsorger muss Nachweise vorle- gen, dass er eine Genehmigung zum Betrieb einer Vorbe- handlungsanlage bzw. Zwischenlager nach der aktuellen Fassung des Bundes Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und über Entsorgungswege für die Abfallverzeichnis- nummern 170605* und 170601* auf die Deponieklasse III und IV (Untertagedeponie) verfügt, die durch die SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH (SBB) genehmigt sind. Frage 13: Wie viele Beschwerden gab es im Jahr 2014 bezüglich nicht fachgerechter Asbestsanierung in Woh- nungen bei degewo von Mieterinnen, sonstigen Anwoh- nerInnen und Behörden? Antwort zu 13: Es gab in der Vergangenheit vereinzelt Meldungen besorgter Bewohnerinnen und Bewohner über angeblich nicht fachgerechten Umgang beim Umweltamt Charlottenburg-Wilmersdorf, dem Bezirksamt Tempel- hof-Schöneberg, dem LAGetSi und auch der Polizei. Alle Vorfälle wurden überprüft und ohne Feststellung von Mängeln abgeschlossen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 584 3 Frage 14: In wie vielen Fällen haben sich die Um- weltkripo, das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheits- schutz und technische Sicherheit und andere Behörden mit Asbestsanierungsvorhaben von degewo befasst? Wel- che Auflagen und Bußgeldbescheide gab es? Antwort zu 14: Es gab 2013 ein Ermittlungsverfahren, das sich u.a. auch gegen Vorstände oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der degewo neben anderen Beteiligten richtete; das Verfahren ist zumindest in Bezug auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Vorstände der degewo vollständig eingestellt worden. Frage 15: Welche Tochterfirmen bei degewo vergeben regelmäßig Aufträge zur Asbestsanierung; wie sind die fachlichen Kompetenzen bezüglich Asbestsanierungsvor- haben bei degewo gebündelt? Antwort zu 15: Tochterunternehmen vergeben grund- sätzlich keine Aufträge zur Asbestsanierung, Objektbe- treuer können aber behilflich sein, bei leeren Wohnungen den Auftrag zur Asbestsanierung anzulegen. Die Freigabe erfolgt in der Regel dann durch Techniker der degewo. Ein Tochterunternehmen ist aber befähigt und zugelassen, selbst Sanierungsarbeiten durchzuführen. Die degewo hat sowohl in der Abteilung, die komple- xe Baumaßnahmen plant und durchführt, als auch im Einkaufsbereich von Rahmenvertragsleistungen für die laufende Instandhaltung sachkundige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit entsprechenden Nachweisen nach der TRGS 1 519 sowie einen Schadstoffkoordinator. Frage 16: Bezüglich wie vieler Wohnungen von de- gewo sind gegenwärtig gerichtliche Auseinandersetzun- gen in Asbestfragen anhängig, wie viele Gerichtsverfah- ren wurden im Zeitraum 2012-2014 geführt? Antwort zu 16: Bei der degewo wird keine gesonderte Statistik über Gerichtsverfahren mit einem konkreten Bezug zum Thema Asbest geführt. Deshalb können nur Angaben zu den aktuell noch laufenden Verfahren ge- macht werden. Hier sind aktuell fünf Verfahren bekannt, davon vier anhängig in der Berufungsinstanz beim Land- gericht Berlin. 1 Technische Regel für Gefahrstoffe Frage 17: Trifft es zu, dass degewo im Rahmen von Gerichtsverfahren MieterInnen unterstellt, asbesthaltige Floorflexplatten selbst beschädigt und so das Austreten von Asbestfasern ausgelöst zu haben? Antwort zu 17: Der degewo sind Fälle bekannt, dass Mieter/Mieterinnen z. B. durch Bohren oder sonstige handwerkliche Aktivitäten selbst Schäden an Floorflex- platten verursacht haben. Eine Beseitigung solcher Schä- den ist für die degewo nur möglich, wenn dies von der/vom Mieterin/Mieter angezeigt wird. Zu Inhalten laufender Gerichtsverfahren kann und darf der Senat keine Einschätzungen und Bewertungen abge- ben. Berlin, den 05. März 2015 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Mrz. 2015)