Drucksache 17 / 15 595 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Matuschek (LINKE) vom 19. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Februar 2015) und Antwort Gräberfunde auf dem Gelände des Freudenbergareals in Friedrichshain Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Kenntnisse hat der Senat über die Grabstätten, die auf dem Freudenbergareal gefunden wurden? Was geschieht mit diesen Funden und den sterb- lichen Überresten? Antwort zu 1: Bei den Bestattungen, die zurzeit auf dem Freudenbergareal untersucht werden, handelt es sich um Gräber des ehemaligen Friedhofs der Landgemeinde Boxhagen. Der Friedhof ist aus der stadtgeschichtlichen Literatur bekannt sowie aus dem von der damaligen Se- natsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz erstellten Katalog der Friedhöfe in Berlin. Der Friedhof wurde im Jahre 1809 gegründet und 1913 geschlossen. Weitere Bestattungen wurden auf dem Gelände bisher noch nicht entdeckt. Nach Abschluss der archäologischen Untersuchungen werden die Dokumentation und die Fun- de an das Landesdenkmalamt (LDA) übergeben, die Kno- chen sollen auf einem städtischen Friedhof wieder bestat- tet werden. Frage 2: Wurde oder wird dem Verdacht nachgegan- gen, dass es sich dabei um die sterblichen Überreste von Zwangsarbeitern handeln könnte, die während des Fa- schismus in Betrieben arbeiten mussten, die sich auf die- sem Areal befanden? Wenn ja, in welcher Weise, wenn nein, warum nicht? Antwort zu 2: Alle untersuchten Gräber werden so weit möglich zeitlich und sozial eingeordnet. Da es sich bisher ausschließlich um Bestattungen in teils aufwendig gebauten und verzierten Särgen handelte, können diese als reguläre Gräber der in der Nähe ansässigen Bevölkerung gedeutet werden. Häufig wurden Reste von Kleidung und/oder Schuhen, Kämme sowie Münzen und Spielzeug in den Gräbern gefunden. Auch die Grabbeigaben weisen auf eine bestattende Gruppe hin, die wohlhabend genug war, um auf diese Objekte verzichten zu können. Soweit die Ergebnisse bisher für den Gesamtfriedhof sprechen können, gibt es hier keine Bestattungen aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg, die jüngste Schicht der Bestattun- gen bestand zu einem überwiegenden Anteil aus Säuglin- gen oder Kleinkindern. Es gibt somit bisher keine Hin- weise auf die Bestattung von Opfern eines Unrechtsre- gimes. Frage 3: Ist die Untere Denkmalschutzbehörde in die Sicherung der Funde einbezogen, wenn ja, in welcher Weise, wenn nein, warum nicht? Antwort zu 3: Die Grabungsarbeiten wurden vor Ort mit der Unteren Denkmalschutzbehörde abgestimmt. Die fachliche Aufsicht liegt seit Beginn der Arbeiten beim Landesdenkmalamt. Frage 4: Welche Stellungnahme gab es durch wen, insbesondere die Untere Denkmalschutzbehörde, hinsicht- lich der stadthistorischen Bedeutung des alten städtischen Friedhofs der Landgemeinde Boxhagen-Rummelsburg, der sich ebenso auf dem Freudenbergareal befunden hat- te? Antwort zu 4: Es gab Stellungnahmen der Unteren Denkmalbehörde (dem Landesdenkmalamt vorliegend) und des Landesdenkmalamtes vom 22.05.2014. Einver- nehmlich haben das Landesdenkmalamt und die Untere Denkmalschutzbehörde entschieden, dass das Boden- denkmal bzw. die archäologische Verdachtsfläche durch die Grabung in den beeinträchtigten Bereichen entfernt wird, so dass hier dann keine weiteren denkmalrechtli- chen Belange durch die geplante Baumaßnahme berührt werden. Vom Landesdenkmalamt kommt die Information, dass auf dem Friedhof neben den ursprünglichen Bewohnerin- nen und Bewohnern der Kolonie Boxhagen, die aus Böh- men stammten, auch weitere Personen mit Migrationshin- tergrund bestattet worden sein könnten. Die archäologi- schen Untersuchungen sollen, wenn möglich, auch diese Personen nachweisen und ihre Integration in die Wohn- bevölkerung bzw. die Berliner Stadtbevölkerung nach- zeichnen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 595 2 Frage 5: Wie groß war dieser ehemalige Friedhof (bit- te grundstücksgenaue Angaben)? Antwort zu 5: Der ehemalige Friedhof liegt auf dem heutigen Grundstück Boxhagener Straße 81 und ist 4000 m² groß. Frage 6: Welche Kenntnisse liegen wem vor über die Erbbegräbnisstätte der Familie Sonntag-Wühlisch? Antwort zu 6: Bei den archäologischen Untersuchun- gen wurden Fundamentreste von mindestens drei Erbbe- gräbnissen freigelegt und untersucht. Vor dem Abschluss der Arbeiten und der Auswertung der Ergebnisse kann über die Zuweisung dieser Bauten keine Angabe gemacht werden. Frage 7: Sind die Grabungen abgeschlossen? Wie werden sie durch wen dokumentiert? Antwort zu 7: Die archäologische Untersuchung des Friedhofes dauert noch an. Sie soll laut derzeitiger Pla- nung im Mai 2015 abgeschlossen werden. Die Untersu- chungen werden von der archäologischen Fachfirma Ar- chäo Kontrakt durchgeführt, die bereits mehrfach größere Friedhöfe untersucht hat. Die Dokumentation der Befunde erfolgt nach den Richtlinien des Landesdenkmalamtes. Frage 8: Gibt es weitere Bodendenkmale auf dem Freudenbergareal, wenn ja, welche? Antwort zu 8: Zurzeit gibt es keine Hinweise auf wei- tere Bodendenkmale auf dem Gelände. Berlin, den 04. März 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mrz. 2015)