Drucksache 17 / 15 655 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 26. Februar 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. März 2015) und Antwort Überwachung durch Zivilpolizist*innen im Abgeordnetenhaus Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Anlässlich welcher Ausschusssitzungen des Abge- ordnetenhauses von Berlin und im Rahmen welcher kon- kreten Tagesordnungspunkte im Einzelnen waren Zivilpo- lizist*innen („Dienstkräfte in bürgerlicher Kleidung“) seit Beginn der 17. Legislaturperiode (27. Oktober 2011) an folgenden Orten eingesetzt: a) direkt in den Räumen der Ausschusssitzungen, b) außerhalb der Räume der Ausschusssitzungen im Gebäude, c) vor dem Gebäude des Abgeordnetenhauses? (Bitte nach Ausschuss, Datum, Tagesordnungspunkt und Einsatzort aufschlüsseln.) 2. Welcher konkreten Gliederungseinheit gehörten die unter 1. genannten Zivilpolizist*innen (Einsatzhun- dertschaft, FAO-Einheit, Direktionen, MEK, fan- und szenekundige Beamt*innen des LKA, LKA 5 etc.) jeweils an, und wie viele dieser Kräfte waren in jedem Einzelfall jeweils im Einsatz? (Bitte jeweils Einzelaufschlüsselung nach Datum, Anzahl und Polizeieinheit.) 3. Mit welchem konkreten dienstlichen Auftrag wa- ren die unter 1. genannten Zivilpolizist*innen in jedem Einzelfall jeweils im Einsatz? Zu 1. - 3.: Laut Geschäftsordnung des Abgeordneten- hauses obliegt die dortige Polizeigewalt dem Präsidenten des Abgeordnetenhaues. Die Aufrechterhaltung der Si- cherheit und Ordnung wird durch das eigene Ordnungs- personal gewährleistet. Die Polizei Berlin führt Maßnah- men grundsätzlich nur auf Anordnung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses durch. Ausnahmen gelten für unauf- schiebbare Maßnahmen der Strafverfolgung und bei Ge- fahr für Leib oder Leben. Anlassbezogen kann die Beglei- tung von gefährdeten Personen zu öffentlichen Aus- schusssitzungen durch zivile Kräfte des Personenschutzes erforderlich sein. Eine polizeiliche Statistik über Einsatz- maßnahmen sowie Maßnahmen zur Beweisdokumentati- on im Abgeordnetenhaus ist nicht existent. Ausschusssitzungen werden grundsätzlich öffentlich abgehalten. Es steht somit auch Polizistinnen und Polizis- ten frei, auch in ziviler Kleidung Erörterungen in Aus- schüssen beizuwohnen. Hierüber werden von der Polizei Berlin keine Statistiken geführt. Die Teilnahme an Sit- zungen – zum Beispiel auch zu Aus- und Fortbildungszwecken – sowie das damit zum Ausdruck kommende Interesse am tagesaktuellen politischen Diskurs werden ausdrücklich begrüßt. 4. Wurden durch Zivilpolizist*innen bei den genann- ten Ausschusssitzungen jeweils Fotos, Video- oder Ton- aufnahmen/-zeichnungen von Besucher*innen oder An- zuhörenden gemacht? Wenn ja, wie viele Fotos oder viele Minuten Videos- oder Tonmaterial sind dabei jeweils entstanden? (Bitte nach Datum, Anzahl der Fotos und Länge des Video-/Tonmaterials aufschlüsseln.) 5. Wurden oder werden seit dem 27. Oktober 2011 die personenbezogenen Daten von Besucher*innen der unter 1. genannten Ausschusssitzungen, sofern sie im Einlassbereich vor den Sitzungen in Listen notiert wurden oder werden, auch über das Ende der Veranstaltung hin- aus in Datenbanken gespeichert oder werden diese Besu- cher*innenlisten aufbewahrt? Wenn ja, wie lange und warum jeweils? 6. Wurden in dem unter 1. genannten Zeitraum durch Zivilpolizist*innen Redebeiträge von Anzuhörenden oder Ausschussmitgliedern in Vermerken zusammengefasst und an Sicherheitsbehörden weitergegeben und wenn ja, wie häufig und in welchen Fällen? 7. Wurden seit dem 27. Oktober 2011 von Aus- schussbesucher*innen erhobene personenbezogene Daten – vor allem die unter 4. und 5. erwähnten – an Sicherheitsbehörden weitergeleitet und wenn ja, an welche? Zu 4. – 7.: Protokolle zu den Sitzungen werden regelmäßig im Internet veröffentlicht. Inwieweit und ob Besu- cherinnen und Besucher sich von Sitzungen persönliche Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 655 2 Notizen machen oder entgegen der Anordnung des Präsi- denten des Abgeordnetenhauses während einer Aus- schusssitzung auch Audio- und/oder Bilddateien erstellen, ist nicht bekannt. Für eine Dokumentation zu dienstlichen Zwecken bedürfte es einer Ermächtigungsgrundlage. Die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe von per- sonenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Aus- schusssitzungen obliegt dem Ordnungspersonal des Ab- geordnetenhauses. Dazu kann die Polizei Berlin keine Aussagen treffen. 8. Wie bewertet der Senat einen möglichen Ein- schüchterungseffekt auf die Teilnahmebereitschaft von Besucher*innen und Anzuhörenden bei Ausschusssitzun- gen, wenn diese angesichts anwesender Polizeibe- amt*innen mit etwaiger Weiterverarbeitung ihrer perso- nenbezogenen Daten (Name, Erscheinungsbild etc.) durch Sicherheitsbehörden rechnen müssen? Zu 8.: Eine polizeiliche Verarbeitung personenbezo- gener Daten erfolgt stets nur zweckgebunden, auf das notwendige Maß beschränkt und auf Basis einer konkre- ten Eingriffsbefugnis. Die Anwesenheit von Polizeikräf- ten ist dauerhaft in Form einer Wache im Eingangsbereich des Abgeordnetenhauses institutionalisiert. Diese Wache schützt die Einrichtung des Staates sowie ihre Funktions- fähigkeit und begünstigt damit eine störungsfreie Parla- mentsarbeit. Sie wird gemeinhin nicht als Institution der Einschüchterung wahrgenommen. Die Polizei Berlin ist eine bürgernahe Polizei, die es als ihre Aufgabe betrach- tet, für jedwede Person demokratische Teilhabe frei von Einschüchterung zu gewährleisten. Berlin, den 16. März 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mrz. 2015)