Drucksache 17 / 15 704 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Turgut Altug (GRÜNE) vom 09. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. März 2015) und Antwort Wer pflegt in Zukunft die Berliner Wälder? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage1: Wie hat sich die Zahl der Beschäftigten bei den Berliner Forsten in den letzten 20 Jahren entwickelt? (bitte nach Beschäftigten und Vollzeitäquivalenten auf- schlüsseln) Antwort zu 1: Die vorstehende Tabelle stellt den langjährigen Perso- nalabbau bei den Berliner Forsten dar (ohne Personal- überhangkräfte). Die Abbildung beinhaltet Stellen (keine Vollzeitäquvalente [VZÄ]). Aufgrund des geringen Teil- zeitanteils bei den Forsten (unter 5%) kann die Unter- scheidung zwischen Anzahl der Stellen und VZÄ jedoch als unerheblich eingestuft werden. Chronologische Daten über die langjährige Entwick- lung der VZÄ und eine Aufteilung nach Beschäftigten- gruppen liegen den Berliner Forsten leider nicht vor. Es ist jedoch festzustellen, dass der stetige Personalabbau ganz überwiegend im Bereich des TV-L-Forst (Tarifver- trages zur Regelung der Arbeitsbedingungen von Be- schäftigten in forstwirtschaftlichen Verwaltungen, Ein- richtungen und Betrieben der Länder) vorgenommen wurde (ungelernte Waldarbeiter sowie ausgebildete Forstwirte). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 704 2 Frage 2: Wie stellt sich die Altersstruktur der Beschäf- tigten bei den Berliner Forsten – auch im Vergleich zu anderen Teilen der Berliner Verwaltung – dar? Antwort zu 2: Die Grafik beruht auf Daten aus dem Jahre 2012. Es wurde ein Szenario unterstellt, dass im Zuge der Einspa- rungen des Prozesses „SenStadtUm 2016“ bis zum Jahr 2016 keine Neueinstellungen erfolgen dürfen. Unberück- sichtigt blieben bei der Ermittlung des Altersdurchschnit- tes die Auszubildenden, da diese bisher in der Regel nur einen 1-2 jährig befristeten Anschlussvertrag erhielten. Das Durchschnittsalter der 98 Beschäftigten im Ange- stellten/Beamtenbereich liegt im Jahr 2015 bei 53 Jahren. Das Durchschnittsalter der 160 Beschäftigten im Bereich des TV-L- Forst (einschließlich Zeitverträge/ Beurlau- bungen/ Personalüberhangkräfte/ Altersteilzeitkräfte) liegt im Jahr 2015 bei 50 Jahren. Mit diesem hohen Alters- durchschnitt sind die Berliner Forsten kein Einzelfall unter den Berliner Behörden. Frage 3: Wie hat sich die Zahl der Ausbildungsstellen bei den Berliner Forsten in den letzten 20 Jahren entwi- ckelt? Wie viele der Ausgebildeten konnten dauerhaft, d.h. nicht nur im Rahmen von Zeitverträgen, übernommen werden? Antwort zu 3: Entwicklung/Zahl der Ausbildungsstel- len bis 2009: 18 Ausbildungsplätze (3 Ausbildungsreviere) ab 2010: 24 Ausbildungsplätze (4 Ausbildungsreviere) Im Zeitraum von 20 Jahren (1995 bis zum Jahr 2014) konnten 6 ehemalige Auszubildende einen dauerhaften Arbeitsplatz bei den Berliner Forsten erhalten. 3 ehemalige Auszubildende nahmen nach ihrer Aus- bildung zum Forstwirt ein Studium für den gehobenen Forstdienst auf und bewarben sich anschließend erfolg- reich auf Stellen als Revierleiter. Frage 4: In welchem Umfang plant der Senat im Rahmen des Personalkonzepts 2016 die Zahl der Beschäf- tigten bei den Berliner Forsten weiter zu reduzieren? Welche Bereiche werden davon in welchem Umfang betroffen sein? Antwort zu 4: Im Rahmen des Projekts SenStad- tUm2016 sollen nach dem derzeitigen Stand 32,3 VZÄ eingespart werden, davon 30 VZÄ im Bereich der TV-L- Forst (Forstwirte/innen), 1,8 VZÄ im Angestelltenbereich und 0,5 VZÄ im Beamtenbereich. Frage 5: Treffen Berichte darüber zu, dass der Senat plant, die Müllbeseitigung in den Berliner Wäldern, die bisher durch die Berliner Forsten erfolgt, in Zukunft durch die Berliner Stadtreinigung durchführen zu lassen? Welche Einsparungen werden dadurch ggf. erwartet und auf welchen Berechnungen beruhen diese Annahmen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 704 3 Antwort zu 5: Die Berliner Forsten sind im Rahmen des Projekts SenStadtUm 2016 aufgefordert, erhebliche Teile der Müllbeseitigung im Wald durch Dritte erledigen zu lassen, da die Müllreinigung innerhalb der Berliner Waldflächen nicht zu den Kernaufgaben der Berliner Forsten gehört. Zurzeit werden hierzu Gespräche mit der Berliner Stadtreinigung (BSR) geführt. Es ist geplant, in einem Forstamt (FoA Köpenick) ein entsprechendes Pilotprojekt zu starten, um eine planbare Datenlage zu dem voraus- sichtlichen Aufwand, der veränderten Logistik und zu den Kostensätzen zu bekommen. Die Vorbereitungen dafür laufen derzeit. Es wird von einer personellen Einsparung in den Berliner Waldflächen bis zu 6 VZÄ aus dem Bereich TV-L- Forst ausgegangen. Hierbei handelt es sich um einen Schätzwert der Berliner Forsten. Die Kosten pro VZÄ liegen hier bei rd. 39.050,- €/Jahr. Frage 6: In welchem Umfang wurden in den vergan- genen 20 Jahren Aufgaben, die zuvor von den Berliner Forsten wahrgenommen wurden, privatisiert? Welche weiteren Privatisierungen sind mit Blick auf die Personal- entwicklung geplant? Antwort zu 6: Die Berliner Forsten erfüllen in ihrem Kern gesetzliche Aufgaben, die nicht privatisiert werden können. Andererseits bedient sich die Forstverwaltung zur Bewältigung eines wachsenden Aufgabenspektrums der Hilfe verschiedener Unternehmenszweige durch Outsour- cing. Aufgrund des erheblichen und weiterhin anhaltenden Personalabbaues (siehe Tabelle zu Frage 2) ist die Zuhil- fenahme externer Ressourcen sowohl in technischer als auch personeller Hinsicht unvermeidbar. Für den Großteil der Pflegemaßnahmen in jungen und mittelalten Beständen (ca. 30 bis 80 Jahre alt) verfügen die Berliner Forsten selbst nicht über die sehr kostenin- tensive und hoch effizient arbeitende Technik, sogenannte Vollernter (Harvester) oder Rückezüge (Forwarder). Diese Forstspezialmaschinen bringen verschiedene Forst- unternehmen ein und erfüllen damit inzwischen ca. 90% der notwendigen Fäll-und Transportleistungen der Berli- ner Forsten. Dieser Spitzenwert stellt inzwischen die vertretbare Obergrenze dar. Eine weitere Steigerung wür- de zu nicht vertretbaren Kompetenz- und Qualitätsverlus- ten bei den Berliner Forsten führen. Weiterhin ist ein deutlicher Anstieg von Leistungen durch Dritte im Zusammenhang mit dem Mischwaldpro- gramm seit 2012 zu verzeichnen. Diese erfolgen aus- schließlich durch private Unternehmen. Aber auch hier handelt es sich nicht um eine im engeren Sinn durchge- führte Privatisierung von Leistungen, sondern um die Umsetzung eines in dieser Art vorher nicht bestehenden Programms. Einen deutlichen Anstieg in der Unterstützung durch Dritte lässt sich eindeutig auch im Bereich von Projekten nachweisen. Beispielhaft sei hier auf UEP 1 -Projekte ver- wiesen, die ohne die Vergabe von Leistungen an Dritte für die Projektplanung und die Projektdurchführung durch eigenes Personal der Berliner Forsten so nicht hätte er- bracht werden können. Frage 7: Sind dem Senat Berichte darüber bekannt, dass private Firmen im Bereich des Holzeinschlags Nied- riglöhne zahlen, die zum Teil unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegen? In welcher Weise wird die Einhal- tung der gesetzlichen Vorschriften durch die Auftragneh- merInnen hier regelmäßig kontrolliert? Antwort zu 7: Bei der Vergabe von Aufträgen im Holzeinschlag an Dritte gelten die Vergabevorschriften des Landes Berlin. Dabei ist die Einhaltung der Vorschrif- ten zum gesetzlichen Mindestlohn für im Auftrag des Landes Berlin tätige Unternehmen verbindlich. Im Rah- men der Vergabe erfolgen die in diesem Fall erforderli- chen Selbsterklärungen der Unternehmen, mit denen auch die Einhaltung der tarifl. Mindestlöhne schriftlich zugesi- chert wird. Regelmäßig werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Forsten zur Einhaltung dieser Vorschriften befragt. Die Berliner Forsten selbst sind aufgrund datenschutz- rechtlicher Vorschriften nicht berechtigt, Lohnunterlagen von beschäftigten Unternehmen zu prüfen. Liegen Verdachtsmomente vor, dass Unternehmen die Vergabevorschriften oder arbeitsrechtliche Vorgaben nicht einhalten, erfolgte eine Meldung an die zuständigen Stellen des Zolls oder der Gewerbeaufsicht. Dazu ist allerdings nur ein einziger Fall (FoA Grunewald im Jahr 2012) bekannt. Die Zusammenarbeit mit der betreffenden Firma wurde aufgekündigt. Im Rahmen des jährlich statt- findenden Audits (externer Auditor), zur Überwachung der auferlegten Qualitätsstandards nach den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) sowie des Naturland Siegels für eine anerkannt ökologische Waldnutzung, erfolgt regelmäßig die Prüfung der Mindestlohnkriterien. Frage 8: Warum wird der von den Wasserbetrieben gezahlte sogenannte "Wasserpfennig" nicht entsprechend dem Anteil der Berliner Forsten (80%) als Entschädigung für die Wasserentnahme als Einnahme gebucht? Antwort zu 8: Gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 5 Berliner Wassergesetz ist das Ziel des Berliner Grundwasserent- nahmeentgeldes, diese Mittel „vordringlich zum Schutze der Menge und Güte des vorhandenen Grundwassers, insbesondere zur Abwehr von Gefahren für das Grund- wasser oder zur Beseitigung von Schäden an diesem, zu 1 Umweltentlastungsprogramm Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 704 4 verwenden“. Der Wasserpfennig soll damit ganz bewusst eine Steuerungsfunktion beim Wasserverbrauch entfalten und zum sorgsamen Umgang mit der begrenzten Res- source Wasser animieren. Eine solche Steuer wird üblicherweise im Landes- haushalt verbucht (woraus auch Grundwassersanierungen finanziert werden) und nicht einzelnen Flächenverwaltun- gen zugeordnet. Berlin, den 26. März 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2015)