Drucksache 17 / 15 707 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 09. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. März 2015) und Antwort Polizeilich beobachtete Personen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Eine gesonderte Statistik über Aus- schreibungen zur Polizeilichen Beobachtung wird bei der Polizei Berlin nicht geführt. Für die Beantwortung der Fragen wurden Daten des Bundeskriminalamtes (BKA) und der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes Berlin (LKA 5) herangezogen. 1. Wie viele Personen sind derzeit von der Berliner Polizei aufgrund welcher Rechtsgrundlage (§ 163e Straf- prozessordnung – StPO, § 27 Allgemeines Sicherheitsund Ordnungsgesetz – ASOG Bln, etc.) für welche Zeiträume von welchen Stellen zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben? (Bitte nach Anzahl und Rechtsgrundlage aufschlüsseln). Zu 1.: Eine kurzfristig durchgeführte Sonderauswer- tung ergab für den Polizeilichen Staatsschutz, dass dort derzeit 59 Personen gemäß § 27 des Allgemeinen Sicher- heits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) Berlin und 14 Per- sonen gemäß § 163e der Strafprozessordnung (StPO) zur Polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben sind. Eine Auskunft zu einzelnen Zeiträumen kann nicht automati- siert erfolgen, da hierzu keine Statistiken geführt werden. 2. Wie viele Personen sind in den Jahren seit 2008 durch die Berliner Polizei zur polizeilichen Beobachtung aufgrund welcher Rechtsgrundlage (§ 163e StPO, § 27 ASOG Bln, etc.) für welche Zeiträume von welchen Stel- len zur polizeilichen Beobachtung ausgeschrieben wor- den? (Bitte nach Jahr, Anzahl und Rechtsgrundlage auf- schlüsseln). Zu 2.: Für die Jahre 2008 bis 2014 liegen Zahlen vor, wie viele Personen jeweils aufgrund welcher Phänomen- bereiche von der Polizei Berlin zur Polizeilichen Be- obachtung ausgeschrieben wurden. Die Zahlen wurden durch das BKA erhoben und sind Teil des Fahndungsla- gebildes des BKA. Dieses Fahndungslagebild ist gemäß Verschlusssachenanweisung (VSA) als „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Angaben zu den jeweiligen Rechtsgrundlagen und den angeordneten Beobachtungs- zeiträumen liegen nicht vor. 3. Welche Erfassungsvoraussetzungen lagen den An- ordnungen zur polizeilichen Beobachtung von Personen in den Jahren seit 2008 jeweils zugrunde? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 3.: Die Erfassungsvoraussetzungen für jede An- ordnung zur polizeilichen Beobachtung ergeben sich aus der jeweiligen Rechtsgrundlage. Gemäß § 27 ASOG ist eine Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung nur dann zulässig, wenn die betroffene Person aufgrund einer Gesamtwürdigung und ihrer bisherigen Straftaten als gefährlicher Intensivtäter anzusehen und zu erwarten ist, dass sie auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeu- tung begehen wird oder tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen werden soll. Zudem müssen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die aufgrund der Ausschrei- bung gemeldeten Erkenntnisse für die vorbeugende Be- kämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich sind. Eine Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung nach § 163e StPO ist nur dann zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen wurde und die Erfor- schung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufent- haltsortes des Täters sonst weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Welche Rechtsgrundlage in jedem Einzelfall zugrunde lag, kann aufgrund fehlender statistischer Erfassung nicht angegeben werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 707 2 4. Welche Anlässe lagen den Anordnungen zur poli- zeilichen Beobachtung von Personen in den Jahren seit 2008 jeweils zugrunde? (Bitte nach Jahr und Anzahl auf- schlüsseln.) 5. Bei wie vielen der in den Jahren seit 2008 polizei- lich beobachteten Personen lag ein politischer bzw. ein „Extremismus“-Bezug vor? (Bitte nach Jahr und Phänomenbereich aufschlüsseln.) Zu 4. - 5.: Zu den Jahren 2008 – 2014 wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Von den aktuell nach § 27 ASOG Berlin ausgeschriebenen 59 Personen sind 49 der politisch motivierten Ausländerkriminalität (PMAK), neun Personen der politisch motivierten Kriminalität – links (PMK-links) und eine Person der politisch motivier- ten Kriminalität – rechts (PMK-rechts) zuzuordnen. Die nach § 163e StPO ausgeschriebenen 14 Personen sind dem Phänomenbereich der PMAK zuzurechnen. 6. Wie viele der seit dem Jahr 2008 zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenen Personen sind gleichzeitig zur Fahndung ausgeschrieben? (Bitte nach Jahr und An- zahl aufschlüsseln.) Zu 6.: Die Ausschreibung zur Polizeilichen Beobach- tung ist Teil des polizeilichen Fahndungsbestandes. Inso- fern wird zu jeder dieser Personen eine Fahndung „Polizeiliche Beobachtung“ erfasst. Inwieweit weitere Fahndungen , zum Beispiel zur Vollstreckung eines Haftbe- fehls, gleichzeitig vorliegen, wird statistisch nicht erho- ben. 7. Wie oft wurden die Anordnungen zur polizeilichen Beobachtung von Personen in den Jahren seit 2008 je- weils für welche Zeiträume verlängert? Zu 7.: Entsprechende Daten werden nicht statistisch erfasst. 8. Wie viele Meldungen über die zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenen Personen haben Berliner Sicherheitsbehörden (Polizei Berlin nach Dienststellen sowie Verfassungsschutz) in den Jahren seit 2010 erhal- ten? (Bitte nach Jahr, Behörde/Dienststelle und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 8.: Weder der Polizei Berlin noch dem Verfas- sungsschutz liegen hierzu in einem automatisierten Ver- fahren erhobene Zahlen vor. 9. Welche Daten enthalten die Meldungen über die zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenen Perso- nen? (Bitte abschließend auflisten.) Zu 9.: Die gemeldeten Erkenntnisse können die fol- genden Daten enthalten: • Ort und Zeit des Antreffens • die ausgeschriebene Person und etwaige Begleit- personen, • das Kraftfahrzeug und die Führerin beziehungsweise den Führer des Kraftfahrzeugs • mitgeführte Sachen • Verhalten, Vorhaben und sonstige Umstände des Antreffens und richten sich im Umfang nach der zugrundeliegen- den Eingriffsmaßnahme. 10. In welchen Dateien werden die personenbezoge- nen Daten und die Kraftfahrzeugdaten von Personen gespeichert, die zur polizeilichen Beobachtung ausge- schrieben sind und welche Stellen haben jeweils Zugriff auf den Datenbestand? Zu 10.: Die Daten von zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenen Personen und Kraftfahrzeugen werden im Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommu- nikation und Sachbearbeitung (POLIKS) gespeichert und sind für alle Polizeikräfte bundesweit über das Informati- onssystem der Polizei (INPOL) abfragbar. Darüber hinaus erfolgt eine Speicherung bei Ausschreibungen mit Bezug zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK) in der Datei „INPOL-Fall Innere Sicherheit“ (IFIS), auf die ausschließlich die Staatsschutzdienststellen von Bund und Ländern Zugriff haben. 11. Welche Stellen prüfen die Rechtmäßigkeit der Anordnungen? Zu 11.: Der größte Anteil an Ausschreibungen zur Po- lizeilichen Beobachtung (ca. 81%) erfolgt im Rahmen der im Strafurteil festgelegten Führungsaufsicht (§ 463a StPO) auf direkte Anordnung der Justiz. In den sonstigen Anwendungsgebieten der Polizeilichen Beobachtung bestehen erhöhte Anforderungen an die Anordnungsbe- fugnis in Form eines Richter- (§ 163e StPO) bzw. Behör- denleitervorbehaltes (§ 27 ASOG). Bei Anträgen gemäß § 27 ASOG Berlin erfolgt vor der Anordnung eine Prüfung durch die Rechtsabteilung beziehungsweise den Justiziar der Polizei Berlin. Wurden Aufzeichnungen mit personenbezogenen Da- ten erstellt, wird die betroffene Person nach Abschluss der Maßnahmen über den Beobachtungsvorgang informiert, sobald der Zweck der Maßnahme hierdurch nicht mehr gefährdet ist. Der / dem Betroffenen steht dann eine Überprüfung der Maßnahme durch die zuständigen Ge- richte frei. Berlin, den 25. März 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2015)