Drucksache 17 / 15 730 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 11. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. März 2015) und Antwort Fehlende Bestätigungen des Kirchenaustritts Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass in der Zeitspanne zwischen dem Beschluss über den Beitritt der DDR zum Geltungsbe- reich des Grundgesetzes bis zum einschließlich 2. Okto- ber 1990 tausende Erklärungen über den Kirchenaustritt bei den Standesämtern im Ostteil Berlins entgegenge- nommen wurden, die an die zuständigen Staatlichen Nota- riate der DDR zur Bearbeitung weitergeleitet werden sollten, dort aber nicht mehr bearbeitet worden sind? Zu 1.: Die Amtsgerichte Charlottenburg, Neukölln, Schöneberg, Tempelhof-Kreuzberg und Wedding haben am 3. Oktober 1990 von den staatlichen Notariaten insge- samt 90.418 Kirchenaustrittserklärungen übernommen. Ob diese Kirchenaustritte zwischen dem Beschluss über den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundge- setzes am 23. August 1990 und dem 2. Oktober 1990 oder schon vorher erklärt wurden, ist dem Senat nicht bekannt. Die damalige Senatsverwaltung für Justiz wies am 16. Oktober 1990 den Präsidenten des Amtsgerichts Tiergar- ten an, diese von den staatlichen Notariaten übernomme- nen Kirchenaustritte zu bearbeiten. Diese Anweisung leitete der Präsident des Amtsgerichts Tiergarten an die Direktoren der Amtsgerichte Charlottenburg, Neukölln, Tempelhof-Kreuzberg und Wedding weiter. Am 12. April 1991 forderte der Präsident des Amtsgerichts die Direkto- ren der betroffenen Amtsgerichte auf, zum Stand der Bearbeitung zu berichten. Die Amtsgerichte Charlotten- burg, Neukölln, Tempelhof-Kreuzberg und Wedding hatten bis Oktober 1991 alle übernommenen Kirchenaus- trittserklärungen bearbeitet. Der Direktor des Amtsge- richts Schöneberg hatte im Dezember 1990 berichtet, dass ca. die Hälfte der übernommenen Kirchenaustrittserklä- rungen bis zum Berichtszeitpunkt bearbeitet worden waren. Die heutige Präsidentin des Amtsgerichts Schöne- berg hat nunmehr mitgeteilt, dass nach abschließender Erledigung sämtliche Vorgänge an das spätere Amtsge- richt Hohenschönhausen zur Verwahrung abgegeben wurden. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Aufbewahrungsfrist für Sammelakten über Kirchenaus- tritte zehn Jahre beträgt und daher für Sachverhalte aus dem abgefragten Zeitraum bereits abgelaufen ist. 2. Trifft es zu, dass inzwischen ehemalige Bürgerin- nen und Bürger der DDR erneut Aufforderungen der Kirchensteuerbehörden zur Nachzahlung der Kirchen- steuer bzw. zum Nachweis des Austritts erhalten, wobei eidesstattliche Versicherungen zum erfolgten Austritt nach dem Modus zu Frage 1 nicht anerkannt werden? Zu 2.: Die Verwaltung der Kirchensteuer obliegt der steuerberechtigten Religionsgemeinschaft, soweit sie nicht nach § 1 Absatz 2 des Berliner Kirchensteuergeset- zes den Berliner Finanzbehörden übertragen wird. Den Berliner Finanzbehörden sind durch Verwaltungsverein- barung zwischen der Senatsverwaltung für Finanzen und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz, dem erzbischöflichen Ordinariat sowie die Gemeinde der Alt-Katholiken lediglich die Festsetzung und Erhebung der Kirchensteuer übertragen worden. Die Prüfung und Feststellung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Religionsgemeinschaft und der sich daraus ergebenden subjektiven Kirchensteuerpflicht wur- de den Berliner Finanzbehörden nicht übertragen. Diese Aufgaben nehmen die Kirchensteuerstellen der Religi- onsgemeinschaften in eigener Verantwortung wahr. 3. Trifft es zu, dass in Behörden des Landes Berlin viele solcher Erklärungen vorliegen? Wenn ja: In wel- chem Umfang liegen solche Erklärungen vor? 4. Wenn 3. ja: Welche Anstrengungen hat der Senat seit 1990 unternommen, um den Bestand an „liegengebliebenen “ Erklärungen zu sichten und den Amtsgerichten zur Bearbeitung zukommen zu lassen? 5. Wenn 3. Ja: Was will der Senat unternehmen, um den verbleibenden Bestand an „liegengebliebenen“ Erklärungen zu bearbeiten? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 730 2 Zu 3. bis 5.: Wie sich aus den Ausführungen zu 1. ergibt, ist dem Senat nicht bekannt, dass Behörden des Landes Berlin unbearbeitete Kirchenaustrittserklärungen aus dem Jahr 1990 vorliegen. Berlin, den 26. März 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Mrz. 2015)