Drucksache 17 / 15 736 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 11. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. März 2015) und Antwort Wie belastet sind die Berliner Böden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Flächen führt das Berliner Boden- belastungskataster? 1. Anzahl der Altlasten (Altstandorte, Altablagerungen) 2. Anzahl der Altlastenverdachtsflächen 3. Anzahl der Altlasten in der Sanierung 4. Anzahl der abgeschlossenen Sanierungen 5. Wie verteilen sich diese Flächen auf die Berliner Be- zirke? 6. Wie groß ist die Gesamtfläche der im Bodenbelastungskataster gemeldeten Altlasten und der Altlasten- verdachtsflächen? Antwort zu 1: 1. Anzahl der Altlasten (Altstandorte, Altablagerun- gen) Im Berliner Bodenbelastungskataster (BBK) werden insgesamt 1378 Flächen als Altlasten (1059) oder schädli- che Bodenveränderung (319) geführt. In diesen Zahlen sind auch Flächen enthalten, die aufgrund von Sanie- rungsmaßnahmen vom Altlastenverdacht befreit wurden. 2. Anzahl der Altlastenverdachtsflächen Im Berliner Bodenbelastungskataster werden insge- samt 9005 Flächen als altlasten-verdächtige Flächen (6233) oder Verdachtsflächen (2772) geführt. In diesen Zahlen sind auch Flächen enthalten, die aufgrund von Untersuchungsmaßnahmen bzw. Gefährdungsbeurteilun- gen vom Altlastenverdacht befreit wurden. 3. Anzahl der Altlasten in der Sanierung Die Anzahl der in Sanierung befindlichen Grundstü- cke beläuft sich auf 104 Flächen. 4. Anzahl der abgeschlossenen Sanierungen Im Bodenbelastungskataster wird nur die Angabe „Sanierung abschlossen“ als Bearbeitungsstand geführt, der allerdings die reale Altlastenbearbeitung nicht wieder- spiegelt, da Maßnahmen mitunter pfadbezogen, baube- gleitend oder auf Teilflächen durchgeführt werden. Insge- samt vom Verdacht auf schädliche Bodenveränderungen sind 329 Flächen befreit. 5. Wie verteilen sich diese Flächen auf die Berliner Bezirke? Bezirk Pkt 1.1 Pkt 1.2 Pkt 1.3 Pkt 1.4 Charlottenburg-Wilmersdorf 204 943 3 62 Friedrichhain-Kreuzberg 116 524 4 72 Lichtenberg 83 486 8 16 Marzahn-Hellersdorf 21 245 1 6 Mitte 293 2140 20 43 Neukölln 62 483 7 4 Pankow 69 891 6 17 Reinickendorf 151 468 3 20 Spandau 113 413 17 25 Steglitz-Zehlendorf 38 871 6 6 Tempelhof-Schöneberg 42 868 9 6 Treptow-Köpenick 186 673 20 52 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 736 2 6. Wie groß ist die Gesamtfläche der im Bodenbelas- tungskataster gemeldeten Altlasten und der Altlastenver- dachtsflächen? Es werden keine Angaben zur Flächengröße im BBK geführt. Eine Angabe ist daher nicht möglich. Frage 2: Wie viele altlastenverdächtige Flächen kom- men jährlich zum Bodenbelastungskataster hinzu (Bitte um Übersicht für die letzten 10 Jahre) Antwort zu 2: Jahr ALVF Zunahme 2005 5293 2006 6337 1044 2007 6777 440 2008 7151 374 2009 7412 261 2010 7649 180 2011 7963 314 Jahr ALVF Zunahme 2012 8222 259 2013 8581 359 2014 8879 298 2015 9005 126 Die starke Zunahme der altlastenverdächtigen Flächen und Verdachtsflächen (ALVF) in den Jahren 2005 bis 2007 ist mit der seinerzeit durchgeführten Kategorisie- rung bestehender Katastereinträge nach dem Bundes- Bodenschutzgesetz (BBodSchG) verbunden. Frage 3: Auf welche Verursacher (Bitte um Auf- schlüsselung nach Art der Industrie bzw. Gewerbes und ob staatlich oder privat) gehen die Altlasten zurück? Wie werden diese an der Beseitigung der Verunreinigung beteiligt? Antwort zu 3: Eine derartige Auswertung (Belastun- gen nach Branchen) lässt das BBK nicht zu. Zudem wur- den Altlastenstandorte im Berliner Stadtgebiet historisch durch verschiedene Branchen genutzt, die für unter- schiedliche schädliche Bodenveränderungen auf den Standorten verantwortlich sind. Auswertbare Angaben zu Eigentümern werden nicht im BBK geführt. Sofern eine/ein Verursacherin/Verursacher ermittelt wird, der rechtlich in Anspruch genommen werden kann, wird dieser/diesem gegenüber die Beseitigung der Altlas- ten durch die Ordnungsbehörde angeordnet. Anderenfalls kann gemäß Bundes-Bodenschutzgesetz u. a. die/der Eigentümerin/Eigentümer des Grundstückes herangezo- gen werden. Frage 4: Welche Stoffe befinden sich auf den noch nicht sanierten Altlasten- und Altlastenverdachtsflächen? (Bitte um eine Aufstellung der Schadstoffe bzw. Schad- stoffklassen nach Fallzahlen) 1. Welche Grenzwerte werden wo überschritten? (Bitte um Auflistung nach Bezirk) 2. Welche Gefahren gehen von den noch nicht sanierten Flächen aus? Antwort zu 4: 1. Es werden keine Schadstoffe und Analysenergeb- nisse im BKK geführt. Eine analytische Bodendatenbank besteht nicht. Angaben sind daher nicht möglich. 2. Sofern akute Gefährdungen für die Belastungspfa- de Boden-Mensch oder Boden-Grundwasser vorliegen, werden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Form von Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Bestehende latente Gefährdungen werden zeitnah bei Umnutzungen oder Bebauungen von Grundstücken besei- tigt oder eingeschränkt. Frage 5: Welche altlastenverdächtigen Flächen und Altlasten sind oder waren Liegenschaften des Landes Berlin oder des Bundes? Antwort zu 5: Auswertbare Angaben zu Eigentüme- rinnen oder Eigentümern werden nicht im BBK geführt. Eine Aussage ist daher nicht möglich. Frage 6: Welche altlastenverdächtigen Flächen und Altlasten liegen in Trinkwasserschutzgebieten? Antwort zu 6: Es dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Grundstücksdaten angegeben werden. Insgesamt befinden sich jedoch ca. 700 altlastenverdäch- tige Flächen bzw. Altlasten in Trinkwasserschutzgebieten. Frage 7: Welche altlastenverdächtigen Flächen und Altlasten werden aktuell durch Kindertagesstätten oder Schulen genutzt? Frage 8: Welche altlastenverdächtigen Flächen und Altlasten werden aktuell von Menschen bewohnt? Antwort zu 7 und 8: Im BBK werden über die altlas- tenrelevanten Nutzungen hinaus keine weiteren Nutzun- gen geführt. Angaben sind daher nicht möglich. Frage 9: Bis wann werden die noch bestehenden Alt- lasten in Berlin abschließend saniert sein und welche Kosten entstehen dadurch? 1. Bis wann werden die Altlasten auf Liegenschaften des Landes saniert sein? 2. Warum hat Berlin keinen Altlastensanierungsfonds? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 736 3 Antwort zu 9: 1. Ein abschließender Sanierungszeitraum kann nicht genannt werden. Auch der Umfang der noch notwendigen Sanierungsmaßnahmen kann noch nicht abgeschätzt wer- den. Zudem liegen dem Senat keine Informationen über Kosten für Sanierungsmaßnahmen vor, die von den Sanie- rungspflichtigen oder Investoren übernommen werden müssen. 2. Bislang wurde für das Land Berlin keine Notwen- digkeit gesehen, einen Altlastensanierungsfonds einzu- richten. Frage 10: Wie lange ist die mittlere Bearbeitungsdauer vom Altlastenverdacht bis zur Einleitung von Sanie- rungsmaßnahmen im Falle der Bestätigung des Ver- dachts? Bei welchen Verdachtsfällen ist die Bearbei- tungsdauer besonders lang und bei welchen besonders kurz? Antwort zu 10: Die Angabe einer mittleren Bearbei- tungsdauer ist nicht möglich, da diese von vielen fachli- chen und standortbezogenen Faktoren (Art der Schadstof- fe, Geologie, Ausdehnung der Verunreinigung, Grund- wasserschaden, Art der Gefährdung von Schutzgütern, Art der Nutzung, aktuelle Nutzung oder Brache, etc.) abhängig ist, die jeweils fallbezogen anders gelagert ist. Darüber hinaus wird die Bearbeitungsdauer von Art und Umfang der notwendigen Bearbeitungsschritte (orientie- rende Erkundung, Detailerkundung, Sanierungsuntersu- chung, Sanierungsplan, Sanierungsdurchführung, Nach- sorge) sowie den begleitenden Verwaltungsverfahrens- schritten (Störerermittlung, Anhörungs-, Anordnungs- sowie Duldungsverfahren und mögliche Klageverfahren) bestimmt. Die kürzeste Bearbeitungsdauer weisen Verdachtsflä- chen auf, bei denen sich nach orientierender Erkundung der Verdacht auf eine schädliche Bodenveränderung nicht bestätigt hat. Die längsten Bearbeitungszeiten ergeben sich bei Grundwasserschäden mit Fahnenbildungen durch mobile Schadstoffe. Frage 11: Welche Maßnahmen und welcher zeitliche und finanzielle Rahmen ergibt sich aus der weiteren Großprojektbearbeitung? Antwort zu 11: Im Ökologischen Großprojekt Berlin werden die grundstücksbezogenen Sanierungsmaßnahmen innerhalb der nächsten vier Jahre abgeschlossen sein. Ausnahme sind 2 bis 3 größere Grundstücke, auf denen aufgrund der noch ausstehenden Investitions-tätigkeiten Sanierungsmaßnahmen auch noch danach erforderlich sein können. Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der beiden Was- serwerke Wuhlheide und Johannisthal sind voraussicht- lich für einen wesentlich längeren Zeitraum notwendig. Der derzeit abschätzbare Finanzrahmen für die Maß- nahmen bis Ende 2018 beläuft sich auf ca. 12 Mio. €. Frage 12: Wird der Senat dem Beispiel anderer Bun- desländer folgen und die Belastung der Berliner Böden in einem Bodenzustandsbericht dokumentieren? Antwort zu 12: Es ist derzeit nicht vorgesehen, einen Bodenzustandsbericht zu erstellen. Seit dem Berliner Schwermetallprogramm von 1979 bis 1990, im Rahmen dessen Untersuchungen der Berliner Böden in Kleingärten, Hausgärten, landwirtschaftlichen Nutzflächen, Gartenbaubetrieben, aktuellen und ehemali- gen Rieselfeldern, Forsten, Grün- und Freiflächen, Spiel- plätzen sowie sonstigen Nutzungen sowie auf ausgewähl- ten landwirtschaftlich genutzten Flächen stattgefunden haben, wurden von der für Bodenschutz zuständigen Senatsverwaltung keine weiteren gesamtstädtischen Bo- den-untersuchungen durchgeführt. Die damals ermittelten Werte sind nicht mit den Anforderungen der seit 1998 geltenden Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vergleichbar. Zentrale Informationsgrundlagen für den Bodenschutz finden sich im Umweltatlas des Landes Berlin und sind der Öffentlichkeit zugänglich. Der Aufbau von Bodenkar- ten und der Bodendatenbank dient jedoch vorrangig dazu, der räumlichen Planung Hinweise zum Umgang mit dem Boden als Schutzgut zu geben. Eine staatliche Bodenkar- tierung sowie eine Beprobung und Untersuchung des Bodens auf Schadstoffe auf Landesebene findet für aus- gewählte Gebiete statt. Berlin, den 25. März 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2015)