Drucksache 17 / 15 749 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 11. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2015) und Antwort Vergleich zwischen BWB und Bundeskartellamt zum Nachteil der Wasserkunden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe - Anstalt öffentlichen Rechts - (BWB) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. Im Mai 2014 haben die Berliner Wasserbetriebe in einem Vergleich mit dem Bundeskartellamt vereinbart, die vom Amt verfügte 15-prozentige Senkung des Trink- wasserpreises bis 2018 freiwillig fortzuschreiben. Im Gegenzug verzichtete das Amt darauf, eine Rückerstat- tung der Preisüberhöhung aus den Jahren 2009 bis 2011 an die Wasserkunden anzuordnen, obwohl das OLG Düs- seldorf in seinem Beschluss vom 24. Februar 2014 [VI-2 Kart 4/12 (V) (Rn 162)] sogar einen Preismissbrauch von über 30 Prozent bestätigt hatte. Da die freiwillige Fortschreibung niedrigerer Frisch- wasserpreise (über den Verfügungszeitraum von 2012 bis 2015 hinaus) offenbart, dass die BWB sonst zu höheren Preisen zurückkehren wollten, frage ich den Senat: Lag dem Vergleich mit dem Bundeskartellamt seitens des Berliner Senats und der BWB für den Zeitraum ab 2016 die gleiche Wasserpreiskalkulation zugrunde, die nach Feststellung des Bundeskartellamts bisher zu den miss- bräuchlich überhöhten Preisen geführt hat? Wenn ja, wann gedenken der Berliner Senat und die BWB das vom Bundeskartellamt als miss-bräuchlich kritisierte Wasserpreiskalkulations-Schema entsprechend den Vorstellungen der Preisüberwachungsbehörde zu ändern? Zu 1.: Die Wasserpreiskalkulation wurde nicht ange- passt. Das Bundeskartellamt hat nicht das „Wasserpreiskalkulations -Schema“ überprüft, sondern hat nach dem sog. Vergleichsmarktprinzip völlig unabhängig von be- stehenden Kalkulationsgrundlagen lediglich die bereinig- ten Nettoerlöse für Trinkwasser (d.h. ohne Wasserent- nahmeentgelt und Sondernutzungsgebühren bzw. Konzes- sionsabgaben) der Städte Berlin, Hamburg, Köln und München miteinander verglichen und auf dieser Grundla- ge die Senkung des Wasserpreises verfügt. Mit dieser Verfügung wurden bestimmte Durchschnittserlöse vorge- geben, die nicht überschritten werden dürfen. Wie die maximalen Durchschnittserlöse eingehalten werden, wur- de nicht vorgegeben. Es gibt insofern keine „Vorstellungen der Preisüberwachungsbehörde“ oder Empfehlungen des Bundeskartellamts zur Änderung des bestehenden „Wasserpreiskalkulations-Schemas“. 2. Wie hoch setzen der Berliner Senat und die BWB den jährlichen Rückgang der Einnahmen durch die Stabi- lisierung in der Zeit zwischen 2016–2018 an? 3. Wie hoch ist der jährliche Zinsnachteil für die Wasserkunden aufgrund des nach hinten verlagerten Aus- gleichs für den Preismissbrauch von 2009–2011? Zu 2. und 3.: Dem Vergleich mit dem Bundeskartell- amt lagen folgende Effekte zugrunde: Für den Zeitraum 2009-2011 belief sich der vom Bun- deskartellamt ermittelte Gesamteffekt auf rd. 170,6 Mio. €. In diesem Gesamteffekt ist ein Zinsnachteil in Höhe von 4,6 Mio. € enthalten. Für den Zeitraum 2016 – 2018 wurde ein (abdiskontierter ) Rückgang der Erlöse in Höhe von 186,8 Mio. € ermittelt. In Summe ist demnach die ermittelte Erlösreduktion 2016-2018 höher als der mögliche Rückerstattungsbetrag für die Jahre 2009-2011. Der Zinseffekt ist in den aufge- führten Beträgen enthalten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 749 2 4. Gedenken der Berliner Senat und die BWB die Wasserkunden zu entschädigen, die zwar zwischen 2009 und 2011 die missbräuchlich überhöhten Preise gezahlt haben, an dem Ausgleich zwischen 2016–2018 jedoch nicht teilhaben können, weil sie beispielsweise nicht mehr in Berlin wohnen? Wenn ja, inwieweit wird dies geschehen? Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Gemäß § 16 Abs. 6 Berliner Betriebe-Gesetz (BerlBG) sind Kostenüberdeckungen periodenübergrei- fend in den nächsten Kalkulationsperioden entgeltmin- dernd in Ansatz zu bringen. Hintergrund dieser Regelung ist insbesondere auch der Umstand, dass der ansonsten entstehende Verwaltungsaufwand völlig unverhältnismä- ßig wäre. Eine individuelle Rückabwicklungspflicht ge- genüber Einzelkundinnen und Einzelkunden hat der Ge- setzgeber danach nicht vorgesehen. Dies kann zwar im Einzelfall zu Ungleichgewichten führen, weil die Ver- tragsverhältnisse zu einzelnen Wasserkundinnen und Wasserkunden nicht in demselben Umfang in den nächs- ten Kalkulationsperioden fortbestehen müssen. Diese Unterschiede sind jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinzunehmen. 5. In welchem Umfang sind in dem Zeitraum zwi- schen 2009 und 2014 von den BWB Unternehmen beauf- tragt worden, an denen die ehemaligen Anteilseigner der BWB, RWE und Veolia, mittelbar oder unmittelbar betei- ligt sind. Um eine jährliche Auflistung wird gebeten. Zu 5.: Zwischen 2009 und 2014 wurden Aufträge im Wert von insgesamt 6,2 Mio. € an Veolia Umweltservice Ost und an Onyx Rohr- und Kanal-Service GmbH, beides Veolia-Beteiligungen, erteilt. Hierbei ist zu beachten, dass die Abrufe der Aufträge zum Teil noch bis zum Jahr 2018 erfolgen werden. Alle Auftragserteilungen erfolgten auf Basis eines ordentlichen Vergabeverfahrens gemäß Ein- kaufsrichtlinien der Berliner Wasserbetriebe und der geltenden Vergabevorschriften und nicht als Direktverga- be. Berlin, den 25. März 2015 In Vertretung Henner B u n d e .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2015)