Drucksache 17 / 15 756 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Philipp Magalski (PIRATEN) vom 12. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2015) und Antwort Wasserfledermäuse am geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmal Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Im Sockelgewölbe des früheren National- denkmals für Kaiser Wilhelm I. in Mitte, auf dem das Freiheits- und Einheitsdenkmal entstehen soll, wurden bereits vor über einem Jahr seltene, artgeschützte Wasser- fledermäuse entdeckt. a) Um wie viele Tiere handelt es sich dabei? b) Wie wurde die Anzahl der Tiere genau bestimmt? c) Hat sich der Bestand im vergangenen Jahreszeit- raum verändert? Wenn ja, inwiefern? Antwort zu 1: a) Die Ermittlung des Sommerbestandes 2012 ergab einen Bestand von mindestens 60 Tieren, der Winterbestand belief sich ab 2002 auf bis zu 11 Tiere. b) Die Ermittlung des Sommerbestandes erfolgte durch Fang und Markierung der Tiere mit in der Fledermausforschung üblichen Armklammern. Durch Auswertung des jeweiligen Anteils mar- kierter und unmarkierter Tiere bei nachfolgenden Sichtkontrollen kann auf eine Gesamtzahl ge- schlossen werden. Der Winterbestand wurde aus- schließlich durch Sichtkontrolle ermittelt. c) Gegenwärtig halten sich wegen der laufenden Sanierungsmaßnahmen im Sockelbereich im Sommer dort keine Fledermäuse auf. Im Winter wurden vereinzelt Tiere angetroffen. Frage 2: Ist es zutreffend, dass nach wie vor ein mit verschiedenen Behörden abgestimmtes Programm helfen soll, den angestammten Lebensraum der Tiere (Sockel- gewölbe) zu retten? a) Wie sieht dieses Programm konkret aus? b) Welche Behörden und öffentliche Einrichtungen sind an den Planungen inwiefern beteiligt? c) Wie ist der Stand der Umsetzung dieses Pro- gramms? Antwort zu 2: a) Die Planungen für das Denkmal wurden so modifiziert , dass ein für Fledermäuse als Quartier geeigneter Hohlraum zur Verfügung steht. b) Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist Bauherr, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ist für die Zulas- sung von Ausnahmen von den artenschutzrecht- lichen Verboten zuständig. c) Der Bauantrag ist eingereicht und befindet sich in der Genehmigungsphase. Frage 3: Ist es zutreffend, dass eigens ein Biologe bzw. Ornithologe mit der Betreuung der Thematik Was- serfledermäuse beauftragt wurde? Über welche behördli- che Stelle kann direkter Kontakt zu dieser Person aufge- nommen werden? Antwort zu 3: Es wurde ein Biologe, dessen Spezial- gebiet Fledermauskunde ist, mit der Betreuung der The- matik beauftragt. Kontakt zu diesem Fachmann kann über die Pressestelle des BBR aufgenommen werden. Frage 4: In verschiedenen Meldungen war die Schaf- fung von „Ausgleichsquartieren“ im Plänterwald erwähnt. a) Angeblich zeigte eine Beobachtung der Tiere mit GPS-Sendern die Nutzung des Plänterwaldes als Aus- flugsziel dieser. Wie genau und von wem wurde diese Maßnahme durchgeführt? Und in welchem Zeitraum? b) Welche konkreten Ergebnisse brachte die Beobach- tung? c) Wurden im Plänterwald bereits solche Quartiere ge- schaffen? Wenn ja, wie viele und wo? d) Wurde bereits die Nutzung dieser Quartiere durch die Tiere untersucht? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 756 2 Antwort zu 4: a) Im Juni 2012 wurden einzelne Tiere von dem beauftragten Biologen mit einem Mikrosender verse- hen, dessen Signale über eine Peilantenne zu emp- fangen sind (keine GPS 1 -Sender). Damit sollten der Aktionsradius der Tiere und eventuell vorhan- dene weitere Quartiere ermittelt werden. b) Die Signalpeilungen ergaben Jagdflüge der Tiere im Bereich der Spree hauptsächlich zwischen Schilling- und Oberbaumbrücke. Eines der besen- derten Tiere wurde im Rahmen eines anderen wis- senschaftlichen Programms im Juli 2012 im Plän- terwald gefangen, wodurch nachgewiesen ist, dass die Tiere aus dem Denkmalsockel auch dort jagen und eventuell dort weitere Quartiere haben. c) und d) Die Wasserfledermaus nutzt im Sommerhalbjahr in erster Linie Baumhöhlen. Zunächst war deshalb vorgesehen, durch waldbauliche Biotop- aufwertung im Bereich des Plänterwaldes das Quartierpotential dort deutlich zu erhöhen. Dies wurde wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten jedoch verworfen und stattdessen die maßgebliche Verbesserung der Winterquartiersituation für die Fledermausart in Berlin weiterverfolgt (s. Frage 5). Frage 5: Auch soll in Abstimmung mit den Berliner Wasserbetrieben der Ausbau eines bereits bestehenden Wasserfledermausquartiers im Wasserwerk Tegel geprüft werden bzw. in Planung sein. a) Wer genau ist an den Planungen beteiligt? b) Wie ist der Stand der Überlegungen, Planungen und Umsetzung hierbei? c) Inwiefern teilt der Senat die Ansicht, dass erst nach Fertigstellung von ausreichend „Ausgleichsquartieren“ mit den Baumaßnahmen für das Freiheits- und Einheits- denkmal begonnen werden darf? Antwort zu 5: a) Beteiligt sind das BBR, die Berliner Wasserbetriebe , die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sowie der vom BBR beauftragte Biologe. b) Die Planungen sind nach Kenntnis der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt noch nicht abgeschlossen. c) Es ist rechtlich nicht zwingend, dass die Funktion von verloren gehenden Fledermausquartieren an anderen Orten zeitgleich oder vorgezogen von Er- satzquartieren übernommen wird. Eine hohe Prog- nosesicherheit, dass dies zeitnah geschehen wird, ist ausreichend. 1 Global Positioning System Frage 6: Kann davon ausgegangen werden, dass wei- terhin Wasserfledermäuse im Sockelgewölbe am zukünf- tigen Freiheits- und Einheitsdenkmal leben können und werden? a) Wie ist die Einschätzung diesbezüglich für den Zeitraum der Baumaßnahmen? Worauf beruht die Ein- schätzung? b) Wie ist die Einschätzung diesbezüglich für den Zeitraum nach Fertigstellung des Denkmals? Worauf beruht diese Einschätzung? Antwort zu 6: a) Während der laufenden Baumaßnahmen ist nicht mit einer Nutzung des Keller- bzw. Sockelbereichs durch Fledermäuse zu rechnen und auch nicht er- wünscht, damit es nicht zu unzulässigen Störungen der Tiere oder sogar zu unbeabsichtigter Tötung durch Bauarbeiten kommt. Dies wird durch geeig- nete Maßnahmen und Kontrollen sichergestellt. Diese Einschätzung beruht auf der Beurteilung durch einen Fledermauskundler und durch die Oberste Naturschutzbehörde. b) Eine Nutzung des Sockelbereiches durch Wasserfledermäuse nach Fertigstellung des Denkmals ist möglich, aber nicht sicher. Auch diese Einschät- zung beruht auf der Beurteilung durch einen Fle- dermauskundler und durch die Oberste Natur- schutzbehörde. Deshalb werden für den ungünsti- gen Fall des vollständigen Quartierverlustes wei- tergehende Kompensationsmaßnahmen durch Ver- besserungen im Fledermausquartier Wasserwerk Tegel geplant (s. Frage 5). Frage 7: Wo sind die verschiedenen Artenschutzmaß- nahmen, die im Rahmen des Bauprojekts Freiheits- und Einheitsdenkmal für die Wasserfledermäuse zum Tragen kommen, dokumentiert und einsehbar? Antwort zu 7: Die entsprechenden Verfahrensunterla- gen liegen bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vor und sind dort einsehbar. Berlin, den 26. März 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2015)