Drucksache 17 / 15 764 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 12. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2015) und Antwort Gelingt es Berliner Betroffenen mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren der Schulden- falle zu entkommen, was unternimmt der Berliner Senat? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner Haushalte sind aktuell „überschuldet “, wie viele waren es 2011, 2012, 2013 und 2014, bitte nach Bezirken aufschlüsseln? Zu 1.: Aussagen zur Gesamtzahl der überschuldeten Berlinerinnen und Berliner können nur durch indirekte Berechnungen oder Schätzungen gemacht werden. Ge- messen an den jährlichen Veröffentlichungen der SCHU- FA und der Wirtschaftsauskunftei Creditreform gibt es im Land Berlin ca. 200.000 Haushalte, in denen relevante Zahlungsschwierigkeiten vorhanden sind. Die Schuldner- quoten der letzten Jahre stiegen leicht an bzw. stagnieren auf hohem Niveau (Schuldner-Atlas Creditreform: 2011 12,32 %, 2012 12,56 %, 2013 13,12 %, 2014 13,02 % Bundesdurchschnitt 2014 9,90 %; Kreditkompass SCHU- FA: 2011 und 2012 12,4 %, 2013 12,3 %, Bundesdurch- schnitt 2013 8,8 %, 2014 wurden keine Schuldnerquoten benannt). Lediglich in Bremen sind diese Quoten gering- fügig höher. Detailliertere Angaben für die Gesamtzahl der überschuldeten Berlinerinnen und Berliner liegen dem Senat nicht vor, da die Statistik der Schuldner- und Insol- venzberatungsstellen nur den Teil der Bevölkerung abbil- det, der sich dort in laufender Beratung befindet. 2. Wie viele Verbraucherinsolvenzverfahren wurden 2011, 2012, 2013 und 2014 von den Betroffenen begon- nen, bitte dies auch nach Bezirken aufschlüsseln? Zu 2.:Bezüglich der Anzahl der Verbraucherinsol- venzverfahren in Berlin liegen dem Senat folgende Daten vor: 2011 2012 2013 2014 Anträge auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens 5.518 5.113 4.828 4.452 Eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren 4.490 4.513 4.238 3.731 Bestand an Verfahren am Ende des Berichtszeitraums 18.197 15.725 10.426 9.372 darunter: bereits eröffnete Verfahren 15.372 14.355 9.541 8.297 Bestand an Restschuldbefreiungsverfahren am Ende des Be- richtszeitraums 20.328 22.055 23.481 23.908 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 764 2 Für die Erhebungen zu Insolvenzverfahren trat ab 2013 im Insolvenzstatistikgesetz eine Neufassung in Kraft. Ergebnisse werden in der Fachserie 2 Reihe 4.1 „Insolvenzverfahren“ vom Statistischen Bundesamt regelmäßig veröffentlicht (www.destatis.de Publikationen Thematische Veröffentlichungen Unternehmen, Handwerk Insolvenzverfahren). Für die Region Berlin und Brandenburg sind Daten- auswertungen aus dem o. g. Gesetz ab 2013 in der Publi- kation „Statistischer Bericht D III 2-j“ des Statistischen Landesamtes Berlin Brandenburg abrufbar (www.statistik-berlin-brandenburg.de Statistiken Unternehmen , Arbeitsstätten  Insolvenzen). In diesem Bericht wird für das Jahr 2013 folgende bezirkliche Ver- teilung der eröffneten Insolvenzverfahren von Verbrau- chern ausgewiesen: Mitte 288, Friedrichshain-Kreuzberg 201, Pankow 221, Charlottenburg-Wilmersdorf 164, Spandau 383, Steglitz-Zehlendorf 187, Tempelhof-Schöneberg 363, Neukölln 557, Treptow-Köpenick 291, Marzahn- Hellersdorf 438, Lichtenberg 428, Reinickendorf 427. Daten für das Jahr 2014 sind noch nicht veröffentlicht worden. 3. Wie viele Verbraucherinsolvenzverfahren wurden 2011, 2012, 2013 und 2014 von den Betroffenen erfolg- reich beendet, bitte nach Bezirken aufschlüsseln? Zu 3.: Dazu liegen dem Senat keine Daten vor. Das Insolvenzstatistikgesetz enthält keine entsprechenden Erhebungsmerkmale. 4. Welche Präventionsangebote mit welchem Finanz- umfang hält der Berliner Senat vor, um zu verhindern, dass Berlinerinnen und Berliner erst gar nicht in die Schuldenfalle geraten? Zu 4.: In einem gemeinsamen Projekt der Senatsver- waltung für Justiz und Verbraucherschutz und der Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft werden fächerübergreifende curriculare Vorgaben für die Jahr- gangsstufen 5 bis 10 für einen Lernbereich „Verbraucherbildung /Stärkung von Alltagskompetenzen“ entwickelt. Diese sollen in den Berliner Schulunterricht integriert werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Finanzkom- petenz. Die Schülerinnen und Schüler sollen durch die Vermittlung einer finanziellen Allgemeinbildung zum wirtschaftlichen Umgang mit verfügbaren finanziellen Ressourcen befähigt werden. Zudem bietet die Schuldner- und Insolvenzberatung der Verbraucherzentrale Berlin eine präventive Aufklärung von Verbrauchern zur Schul- denvermeidung an Präventionsarbeit hat auch in den Schuldner- und In- solvenzberatungsstellen einen festen Platz. Je nach vor- handenen oder zusätzlich bereitgestellten Kapazitäten kann Präventionsarbeit mehr oder weniger umfangreich in Bildungseinrichtungen und Jugendeinrichtungen durch- geführt werden. Darüber hinaus wird die Veröffentli- chung von Ratgeberbroschüren oder anderem Informati- onsmaterial meist über Sondermittel vom Land Berlin unterstützt. 5. Wie viele Kinder sind davon betroffen in über- schuldeten Haushalten zu leben (bitte pro Bezirk auf- schlüsseln und für die Jahr 2011, 2012, 2013, 2014)? Zu 5.: Angaben für die Zahl der in überschuldeten Berliner Haushalten involvierten Kinder liegen dem Senat nicht vor. Siehe auch Antwort zur Frage 1. 6. Welche Folgen für die kindliche Entwicklung kann es haben, in einer überschuldeten Familie aufzuwachsen? 7. Was übernimmt der Berliner Senat konkret, um ge- rade überschuldeten Familien und Haushalten mit Kin- dern zu helfen? Zu 6. und 7.: Überschuldung bedingt i.d.R. Einschrän- kungen für alle Familienmitglieder – also auch für die Kinder in den betroffenen Haushalten. Wichtig ist deshalb das ganzheitliche Herangehen bei der Beratung und Unterstützung zur Überwindung der Schuldensituation wie es in den anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen praktiziert wird. Der Senat von Berlin erarbeitet derzeit im Rahmen ei- ner ressortübergreifenden Arbeitsgruppe unter Beteili- gung der Bezirksämter, der Liga der Freien Wohlfahrts- pflege und Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesell- schaft eine Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut und Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabechancen in Berlin. Da überschuldete Familien und Haushalte mit Kindern in vielen Fällen armutsgefährdet sind, werden die mit Umsetzung der Strategie verbundenen konkreten Maßnahmen auch für diesen Personenkreis Anwendung finden. Berlin, den 26. März 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mrz. 2015)