Drucksache 17 / 15 776 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 12. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. März 2015) und Antwort Verfassungsschutz mit brauner Vergangenheit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Dem Senat ist die Bedeutung und Wichtigkeit der Aufarbeitung der Geschichte von Verfas- sungsschutzbehörden bewusst. Er muss allerdings darauf hinweisen, dass alle Aktivitäten aus der Zeit vor 1990 aufgrund der besonderen politischen Situation Berlins im Wesentlichen von alliierten Vorbehaltsrechten betroffen waren. Ungeachtet dessen hat der Senat zu Beginn des Jahres 2015 mit einer diesbezüglichen internen Untersu- chung begonnen, deren Ergebnis noch nicht vorliegt. Hierbei liegt das Augenmerk zunächst auf der personellen Erstausstattung bei der Bildung des Landesamtes für Verfassungsschutz Berlin. Die Untersuchung umfasst den Zeitraum von der Gründung am 16. Mai 1951 bis zum Ende des Jahres 1953 und beschäftigt sich mithin mit der Gründergeneration des Amtes. 1. Hat der Berliner Senat Untersuchungen durchge- führt oder in Auftrag gegeben, um mögliche biografische Bezüge von eigenen Mitarbeiter*innen oder mittelbar Beschäftigten des ehemaligen Berliner Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) zum nationalsozialistischen Machtapparat zu prüfen? Wenn ja, welche? (Bitte beifü- gen.) Zu 1.: Innerhalb des Berliner Verfassungsschutzes wird eine entsprechende Untersuchung im Sinne der Vor- bemerkung durchgeführt. 2. Sind dem Senat anderweitige Untersuchungen zu dem unter 1. genannten Gegenstand bekannt, die nicht auf Veranlassung des Senats zurückgehen? Wenn ja, welche? Zu 2.: Nein. 3. Wie viele Mitarbeiter*innen des ehemaligen Berli- ner LfV sind dem Berliner Senat bekannt, die vor ihrer Anstellung beim Verfassungsschutz in Behörden oder Organisationen des nationalsozialistischen Regimes mit- gewirkt haben, in welchen konkreten Behörden oder Or- ganisationen des NS waren diese im Einzelnen tätig und mit welchen Aufgabenbereichen waren diese im LfV jeweils betraut? 4. Sieht der Senat die Notwendigkeit, eine am Vor- bild des kürzlich an der Ruhr-Universität Bochum abge- schlossenen Forschungsprojekts „Organisationsgeschichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1950-1975, unter besonderer Berücksichtigung der NS-Bezüge früherer Mitarbeiter*innen in der Gründungsphase“ orientierte eigene wissenschaftliche Untersuchung auch für das ehe- malige Berliner LfV durchzuführen und wenn nein, wa- rum nicht? 5. War nach Kenntnis des Senats eine vorangegange- ne Mitgliedschaft in der NSDAP und deren Unterorgani- sationen ein Einstellungshindernis für das Berliner LfV? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie wurde dies über- prüft? 6. War nach Kenntnis des Senats eine vorangegange- ne Tätigkeit in anderen staatlichen Institutionen des nati- onalsozialistischen Regimes ein Einstellungshindernis für das Berliner LfV, wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie wurde dies überprüft? 7. Aus welchen konkreten beruflichen Tätigkeitsfel- dern rekrutierte sich das Personal des Berliner LfV zum Zeitpunkt seiner Gründung am 5. März 1951 hauptsäch- lich? Zu 3. bis 7.: Siehe Vorbemerkung. 8. Erfolgte nach Kenntnis des Senats wie beim Bun- desamt für Verfassungsschutz (BfV) auch beim Berliner LfV in der Zeit nach seiner Gründung eine inoffizielle Beschäftigung von „Freien Mitarbeiter*innen“ mit Bezahlung aus einem gesonderten Finanztitel und wenn ja, hatten diese einen biografischen Bezug zum Nationalsozi- alismus, welchen genau, und wie hoch waren die Perso- nalkosten dieser Stellen im Einzelnen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 776 2 Zu 8.: Dem Senat liegen hierüber bei dem derzeitigen Sachstand keine Erkenntnisse vor, allerdings erscheint dies vor dem Hintergrund der engen alliierten Aufsicht über die Tätigkeit des damaligen Berliner Verfassungs- schutzes als unwahrscheinlich. 9. Hat das Berliner LfV Mitarbeiter*innen des BfV übernommen, die mit einer beruflichen Tätigkeit mit Bezug zum Nationalsozialismus vorbelastet waren? Wenn ja, wann jeweils, wie viele und warum? Zu 9.: Dem Senat liegen hierüber derzeit keine Er- kenntnisse vor. Siehe auch Vorbemerkung. 10. Betrieb das Berliner LfV – wie von der Bundesregierung für die Arbeitsweise der nachrichtendienstlichen Bundesbehörden eingeräumt (BT-Drs. 18/2552) – seit seiner Gründung „Tarnfirmen“ oder „Tarnorganisationen “, und wenn ja welche, in welchen Zeiträumen und auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte dies jeweils? 11. Waren in einer oder mehreren dieser „Tarnfirmen /„Tarnorganisationen“ Mitarbeiter*innen beschäftigt, die durch eine Tätigkeit mit Bezug zum Nationalsozialis- mus vorbelastet waren, und wenn ja, wie viele? Zu 10. und 11.: Siehe Antwort zu Frage 9. 12. Betrieb oder betreibt die heutige Abteilung II der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Verfassungs- schutz) wie von der Bundesregierung für die Arbeitsweise der nachrichtendienstlichen Bundesbehörden eingeräumt (BT-Drs. 18/2552) - „Tarnfirmen“ oder „Tarnorganisationen “? Wenn ja, welche, in welchen Zeiträumen, und auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte bzw. erfolgt dies je- weils? Zu 12.: Zu operativen Angelegenheiten des Berliner Verfassungsschutzes kann der Senat grundsätzlich öffent- lich keine Auskunft geben. Hierin liegt weder eine Beja- hung noch eine Verneinung der Frage. Informationen über die Arbeit der Verfassungsschutz- behörde, insbesondere Einzelheiten zu operativen Einsät- zen wären als Verschlusssachen des Geheimhaltungsgra- des VS-Vertraulich nach § 5 Absatz 1 der Verschlusssa- chenanweisung für die Behörden des Landes Berlin (VSA) einzustufen und können nicht im Rahmen der Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage veröffentlicht werden. Die Antwort kann in einer Sitzung des Ausschus- ses für Verfassungsschutz in geheimer Sitzung erteilt werden (§ 54 Absatz 1 und 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses in Verbindung mit § 9 Absatz 1 der Geheimschutzordnung des Abgeordnetenhauses). Dem durch Art. 45 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin begründeten parlamentarischen Informationsrecht wird damit unter Berücksichtigung der berechtigten Geheim- haltungsinteressen des Senats Rechnung getragen. Berlin, den 26. März 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Apr. 2015)