Drucksache 17 / 15 792 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 16. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. März 2015) und Antwort Nachfragen zur Friedrichswerderschen Kirche (DS 17-12550 vom August 2013) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wer hat die Genehmigung für die Aufstel- lung von mehrgeschossigen Containeranlagen vor der Friedrichswerderschen Kirche erteilt, für welchen Zeit- raum und mit welcher denkmalrechtlichen Begründung? Antwort zu 1: Für die Aufstellung der Containeranla- ge wurde vom Straßen- und Grünflächenamt Mitte (SGA Mitte) für die Bauzeit vom 01.06.2014 – 30.06.2016 eine Sondernutzungserlaubnis nach § 11 des Berliner Straßen- gesetzes erteilt. Eine denkmalrechtliche Begründung ist nach dem Berliner Straßengesetz nicht erforderlich. Das SGA Mitte achtet aber darauf, dass der Untergrund (also die Fläche, die sondergenutzt wird) tragfähig ist und es sich bei dieser Fläche nicht selbst um ein Bodendenkmal handelt. Frage 2: Mit welcher städtebaulichen und denkmal- rechtlichen Begründung sind angrenzend an die Fried- richswerdersche Kirche fünf- bis siebengeschossige Bau- ten anstelle der historischen zwei- bis dreigeschossigen Bebauung zugelassen worden und teilt der Senat die Auf- fassung, dass dadurch die stadträumliche Wirkung des Kirchenbaus beeinträchtigt ist? Antwort zu 2: Die Wiedergewinnung der historisch kleinteiligen Blockstruktur westlich und östlich der Fried- richswerderschen Kirche und somit die Schaffung einer angemessenen Umbauung der Kirche ist seit den 1990er Jahren eines der Schlüsselprojekte bei der Entwicklung des Friedrichswerder. Mit dem Abriss des ehem. Außenministeriums der DDR konnte der historische Stadtgrundriss mit dem Wer- derscher Markt und dem Schinkelplatz aber auch den sehr engen Gassen und dem geringen Abstand der Bebauung zur Kirche wiedergewonnen werden. Die Platzfolge Wer- derscher Markt - Schinkelplatz soll entsprechend der historischen Situation wieder baulich gefasst und reprä- sentativ gestaltet werden. Vor der Beschlussfassung des Bebauungsplans am Ende der letzten Legislaturperiode wurden mit den Fach- politikerinnen und Fachpolitikern der damaligen Koaliti- ons- und Oppositionsfraktionen die Gebäudehöhen an der Kirche detailliert abgestimmt. Frage 3: Welche Schäden sind an der Friedrichswer- derschen Kirche im Zuge der benachbarten Bauvorhaben genau entstanden, seit wann sind diese bekannt und wie sind sie dokumentiert? Antwort zu 3: Es sind Risse in der Gewölbedecke so- wie ein Riss in der Apsis, der durch die Kirche bis hin zu Altarstufe geht, entstanden. Des Weiteren ist es zu Abris- sen der Kirchentürme vom Kirchschiff gekommen. Die ersten Schäden wurden im September/Oktober 2012 be- kannt und führten sodann zum Baustopp im November 2012. Sowohl die Kirche an sich als auch die aufgetrete- nen Schäden werden fortlaufend durch eine sogenannte Schlauchwaage, einem tachymetrischen Messsystem und durch geodätische Messungen kontrolliert und dokumen- tiert. Des Weiteren gibt es statische Betrachtungen und eine zusammenfassende Dokumentation, letztmalig vom 03.03.2015, eines vom Bauherrn beauftragten Ingenieur- büros. Frage 4: Welche Erkenntnisse haben Senat, Bezirk Mitte, Bauherr und ggf. externe Sachverständige über die Ursachen der Schäden und besteht darüber Einvernehmen zwischen den Beteiligten? Antwort zu 4: Ein auf der Grundlage einer Nachbar- vereinbarung zwischen der Bauwert Investment Group, der Kirchengemeinde und der Stiftung Preußischer Kul- turbesitz gebildetes Team externer Sachverständiger do- kumentiert die seit September 2012 entstandenen Schä- den. Die Sachverständigen führen die Schäden auf die Baugrube des Bauherren zurück. Diese Schadensverursachung ist unbestritten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 792 2 Frage 5: In welchem Zeitraum, mit welchen Kosten und zu wessen Lasten werden diese Schäden behoben und wie ist dies vertraglich und finanziell gesichert? Antwort zu 5: Auf der Grundlage eines Sanierungs- konzeptes soll die Schadensbeseitigung der Vielzahl von Rissen und Verformungen im Deckengewölbe und an den Außenwänden im Mai diesen Jahres durch Verpressen und Vernadeln der Risse sowie Steinaustausch zur Wie- derherstellung der Kraftschlüssigkeit an den gefährdeten Stellen erfolgen. Anschließend erfolgt die restauratorische Sanierung des Inneren der Kirche. Bereits im Vorjahr wurde durch ein System sogenann- ter Hebungsinjektionen die verursachte Senkung der Kir- che teilweise stabilisiert bzw. gelang es eine teilweise Hebung der Senkungen durchzuführen. Zur Tragung dieser Kosten hat sich die Bauwert Investment Group vertraglich gegenüber der Kirchengemeinde verpflichtet. Frage 6: Wie viele Besucherinnen und Besucher hatte die Friedrichswerdersche Kirche in ihrem letzten Öff- nungsjahr? Antwort zu 6: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz schätzt die Besucherzahl im letzten Öffnungsjahr bis zur Schließung am 10.09.2012 auf 141.000. Im Jahr 2011 betrug die Besucherzahl ca. 173.000. Frage 7: Welche Einnahmeverluste und Kosten sind der Kirchengemeinde und der Stiftung Preußischer Kul- turbesitz durch die Schließung der Friedrichswerderschen Kirche, durch die Bauwerkssicherung und die Verlage- rung und ggf. Restaurierung der Kunstwerke bisher ent- standen? Frage 8: Welchen Schadenersatz erhalten die Kir- chengemeinde und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz für die bisherigen und künftigen entgangenen Nutzungs- möglichkeiten? Antwort zu 7 und 8: Die konkret messbaren finanziel- len Beeinträchtigungen und Kosten der Kirchengemeinde für die entstandenen bleibenden Schäden (sogenannter merkantiler Minderwert des Gebäudes infolge einer blei- benden Senkung) sind zum Teil der Kirchengemeinde durch die Bauwert Investment Group ersetzt worden, zum Teil ist ein weitergehender Schadensersatz vertraglich gesichert. Auch die Ausfall- und Verlagerungskosten der Stif- tung Preußischer Kulturbesitz werden auf vertraglicher Basis durch die Bauwert Investment Group ersetzt. Frage 9: Wann wird die Friedrichswerdersche Kirche wiedereröffnet und mit welchem Nutzungskonzept? Antwort zu 9: Die Wiedereröffnung der Friedrichs- werderschen Kirche ist derzeit noch nicht absehbar. Auf der gegenüberliegenden Seite wird im Juni 2015 mit dem Bauvorhaben östlich der Kirche am südlichen Schinkel- platz begonnen. Trotz weiterer Entfernung von der Kirche (statt 5 m bei den Kronprinzengärten ca. 10 m an der engsten Stelle) können auch hier Senkungen nicht ausge- schlossen werden. Derzeit finden Abstimmungen mit diesen Nachbarn, mit der Kirchengemeinde und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Beweissicherung und der Regulierung eventuell auftretender Schäden statt. Denkmalrechtliche Auflagen des Bezirksamtes Mitte legen strenge Maßstäbe an ein Messsystem mit Warn- und Alarmwerten fest, bei deren Erreichen eine Bauunterbrechung zu erfolgen hat. Eine nach Eröffnung mögliche Nutzung der Fried- richswerderschen Kirche ist Gegenstand bereits laufender inhaltlicher Abklärungen. Berlin, den 30. März 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Apr. 2015)