Drucksache 17 / 15 851 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 24. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. März 2015) und Antwort Fortschritt oder Rückschritt bei der Beschleunigung von Bussen und Straßenbahnen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis be- antworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die BVG AöR um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt, dem Senat übermittelt und in den untenstehenden Antworten kennt- lich gemacht wurden. Frage 1: Welche Investitionen im Bereich ÖPNV- Beschleunigung hat das Land Berlin in den Jahren seit 2011 getätigt? Antwort zu 1. Aus dem investiven ÖPNV-Titel der Verkehrslenkung Berlin (VLB) wurden folgende Summen ausgegeben: 2011: 664.536,32 € 2012: 253.992,09 € 2013: 646.234,30 € 2014: 1.201.041,56 € Folgende Investitionen wurden aus dem Titel 891 02 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für Beschleunigung des Öffentlichen Personennahver- kehrs (ÖPNV) getätigt: 2011: 336.935,91 € 2012: 996.207,44 € 2013: 223.667,05 € 2014: 332.643,07 € Frage 2: An welchen Lichtsignalanlagen (LSA) wur- den in den Jahren seit 2011 erstmals Vorrangschaltungen für Busse oder Straßenbahnen eingerichtet und welche Kosten sind dadurch entstanden? Antwort zu 2. Die BVG teilt dazu mit: „Insgesamt wurden seit 2011 im Bereich des Busbetriebs 105 Vorrangschaltungen erstmals eingerichtet. Eine genaue Auflistung der Lichtsignalanlagen (LSA) kann aufgrund der Kürze der Zeit nicht angefertigt werden. Seitens der Straßenbahn werden Anlagen genannt, die bedingt durch eine neue Linienführung oder LSA-Neubau im bestehenden Streckennetz errichtet worden sind. LSA Nr. Straße 17179 Alt-Moabit / Emma-Herwig-Str. - Lüneburger Str. 18029 Invalidenstr. (Alexanderufer) 18030 Invalidenstr. / Scharnhorststr. 18032 Invalidenstr. / Hessische Str. 18106 Greifswalder Str. (Immanuelkirchstr.) 22120 Am Tierpark / Criegernweg 22162 Zossener Str. / Kastanienallee 22170 Rhinstr. / Pyramidenring 23088 Rudower Chaussee / Franz-Ehrlich-Str. 23089 Rudower Chaussee / Am Studio 23090 Rudower Chaussee / Groß-Berliner Damm 23091 Rudower Chaussee / Newtonstr. 23092 Rudower Chaussee / Max-Born-Str.“ Frage 3: Wie hat sich der Anteil der für den ÖPNV re- levanten LSA, die mit Vorrangschaltungen für Busse und Straßenbahnen ausgerüstet sind, in den Jahren seit 2011 entwickelt? Frage 4: Wann wird die Erstbeschleunigung aller Bus- linien der BVG A.ö.R. abgeschlossen sein? Antwort zu 3. und 4. Nach Erfahrungen mit vier Pi- lotlinien wurde gemeinsam zwischen Land Berlin und BVG eine annähernd netzweite Umsetzung der Busbe- schleunigung angestrebt. Hierfür wurde abgeschätzt, dass rund 1400 LSA in das 1999 durch eine Rahmenvereinba- rung konstituierte Beschleunigungsprogramm aufgenom- men werden müssten. Für LSA-Neubauten, die sich aus Vorhaben des Landes oder Dritter (z.B. Investoren) erge- ben, wurde festgelegt, dass diese von vorneherein für ÖV- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 851 2 Beschleunigung 1) auszurüsten sind, soweit dort ÖPNV vorhanden ist. Die konkrete Anzahl der Neueinschaltun- gen pro Jahr liegt vor: 2010: 67 2011: 36 2012: 24 2013: 20 2014: 24 2015: 3 (Stand Ende März) 1) Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs Ein konkreter Abschlusstermin für dieses Programm mit noch rund 550 umzurüstenden LSA kann unter den derzeitigen Voraussetzungen nicht benannt werden. Frage 5: Wie viele Busspuren wurden in den Jahren seit 2011 neu eingerichtet und welche Kosten sind dadurch entstanden? Antwort zu 5. Über die Anzahl der Busspuren kann keine Übereinstimmung zwischen den verfügbaren Daten und den Angaben der BVG hergestellt werden und damit keine verbindliche Aussage gemacht werden. Ergänzend teilt die BVG hierzu mit: „Es wurden seit 2011 … Bussonderfahrstreifen mit einer Gesamtlänge von 1,305 km eingerichtet, jedoch im gleichen Zeitraum 1,695 km abgeordnet. Eine Aufstellung der Kosten für die ein- zelnen Maßnahmen ist nicht möglich, da diese sich mehr- heitlich als Teil einer Gesamtmaßnahme „Dritter“ (Bezirk , Investor) darstellen.“ Frage 6: Wie haben sich die Durchschnittsgeschwin- digkeiten in Bussen und Straßenbahnen in den Jahren seit 2011 entwickelt? Antwort zu 6. Die BVG teilt dazu mit: „Die mittlere Beförderungsgeschwindigkeit bei der Straßenbahn und beim Omnibus betrug: Straßenbahn Omnibus 2011 19,1 km/h 19,6 km/h 2012 19,4 km/h 19,5 km/h 2013 19,2 km/h 19,5 km/h 2014 19,2 km/h 19,4 km/h 2015 19,3 km/h 19,3 km/h „ Frage 7: Wie bewertet der Senat die Aussagen der BVG A.ö.R. im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Ver- kehr am 18.03.15, die Durchschnittsgeschwindigkeit der Straßenbahn sei von 21,5 km/h auf 19,3 km/h und der Busse von 19,8 auf 19,2 km/h gesunken? Antwort zu 7. Auch ohne die Zahlen, u. a. wegen des fehlenden zeitlichen Bezuges, im Einzelnen nachvollzie- hen zu können, wird daraus jedoch deutlich, dass auch eine überaus erfolgreiche Erstbeschleunigung wie bei der Straßenbahn kein Garant für eine dauerhafte Aufrechter- haltung der Zeitvorteile ist. Unter den sich verändernden Gegebenheiten der Stadt mit neuen rechtlichen Regelun- gen zum Lärmschutz (z.B. Einzelanordnungen zu Tempo 30) oder wachsenden Ansprüchen an die Nutzbarkeit des Verkehrsraums durch andere Verkehre (z.B. Fußgänge- rinnen und Fußgänger oder Radfahrerinnen und Radfah- rer) ist es umso mehr von Bedeutung, dass nicht nur das Beschleunigungsprogramm abgearbeitet wird, sondern vor allem auch die Qualität der vorhandenen Beschleuni- gungsmaßnahmen überprüft und bei Bedarf nachjustiert wird. Qualitätssicherung an LSA ist daher eine Dauerauf- gabe, die zudem möglichst schnell auf Veränderungen reagieren können muss. Frage 8: An welchen Baustellen von mindestens 3 Wochen Dauer wurde in den Jahren seit 2011 eine ÖPNV-Priorisierung an LSA während der Baustellenzeit angepasst? Frage 9: An wie vielen Baustellen wurden in den Jah- ren seit 2011 entsprechende Anpassungen der ÖPNV- Priorisierung während der Baustellenzeit nicht vorge- nommen? Antwort zu 8. und 9. Eine konkrete Auflistung jeder einzelnen Baustelle seit 2011 ist nicht möglich. Grundsätzlich wurden aber bei sämtlichen baustellen- bedingten Änderungen an LSA fachtechnisch geprüft, ob eine bestehende ÖPNV-Priorisierung unter den Ein- schränkungen der Baustelle aufrecht erhalten bzw. ange- passt werden kann. Dieser Prüfung entsprechend wurde die Software der Verkehrstechnik inkl. der ÖPNV- Priorisierung der betreffenden LSA so modifiziert, dass der Verkehr trotz der Einschränkungen der Baustelle sicher und möglichst flüssig lief. Wenn im Zuge der Baustellensicherung keine Anpas- sung der Verkehrstechnik (Software) erforderlich war, wurden auch keine Änderungen an der ÖPNV- Priorisierung durchgeführt. Frage 10: In wie vielen Fällen wurden in den Jahren seit 2011 wegen Baustellen deaktivierte Vorrangschaltun- gen für den ÖPNV nach Abschluss der Bauarbeiten nicht wieder eingerichtet? Antwort zu 10. Aufgrund der Kürze der verfügbaren Zeit kann keine Übereinstimmung zwischen den verfüg- baren Daten und den Angaben der BVG hergestellt und damit keine verbindliche Aussage getroffen werden. Frage 11: Welche Kosten durch zusätzlichen Perso- nalaufwand oder zusätzlich eingesetzte Fahrzeuge sind der BVG A.ö.R. aufgrund deaktivierter und nicht wieder eingerichteter Vorrangschaltungen für den ÖPNV ent- standen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 851 3 Antwort zu 11. Die BVG teilt dazu mit, dass aufgrund der Kürze der Zeit keine exakte Aufstellung der zusätzlich entstandenen Kosten möglich sei. Zusätzliche Ausgaben durch Fahrzeitveränderungen seien im Rahmen des Ver- kehrsvertrages durch Änderungen oder Linienrückziehung in anderen Bereichen kompensiert worden. Frage 12: Wie bewertet der Senat die Umsetzung der im Jahr 2008 zwischen Verkehrslenkung Berlin (VLB) und BVG A.ö.R. geschlossenen Qualitätssicherungsver- einbarung zum Erhalt der bestehenden ÖPNV-Be- schleunigungsmaßnahmen? Antwort zu 12. Die Qualitätssicherungsvereinbarung ist ein sinnvolles und geeignetes Mittel zur Aufrechterhal- tung bereits erzielter Beschleunigungseffekte bzw. zur Abmilderung der negativen Effekte für den ÖPNV aus nachvollziehbaren Ansprüchen Dritter an den öffentlichen Raum. Eine Optimierung der Abläufe wird angestrebt und käme später systematisch auch dem Erstbeschleunigungs- programm zu Gute. Frage 13: Welche Maßnahmen wird der Senat ergrei- fen, um den Trend sinkender Durchschnittsgeschwindig- keiten insbesondere der Busse zu stoppen und Busse und Straßenbahnen zu beschleunigen? Antwort zu 13. Das zwischen Land und BVG verein- barte Beschleunigungsprogramm an LSA musste bisher mit den vorhandenen Personalkapazitäten bearbeitet wer- den. Auch die Verlagerung zahlreicher Aufgaben aus dem gesamten Beschleunigungsprozess an die BVG AöR führt aufgrund der zwingend hoheitlichen Aufgabenwahrneh- mung bei der VLB zu keiner Vereinfachung. Angesichts der Erkenntnisse aus der Prozessuntersu- chung zur Beschleunigung stellt die BVG nunmehr die Finanzierung für zwei Personale zur Verfügung. Damit soll zum einen die Bearbeitungskapazität für LSA in der VLB aufgeweitet werden (Arbeitsbeginn war der 1.4.2015) und zum anderen die verkehrsregeltechnische Kompetenz innerhalb der Verkehrsabteilung mit einem Verkehrsingenieur gestärkt werden, um deren Koordina- tionsfunktion zu stärken. Berlin, den 09. April 2015 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Apr. 2015)