Drucksache 17 / 15 954 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 13. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. April 2015) und Antwort Gewinnspielsatzung und Aufsichtspflicht der Medienanstalt Berlin-Brandenburg Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. a) Welche Anbieter von Gewinnspielen und Ge- winnspielsendungen operierten oder operieren seit 2010 innerhalb der Zuständigkeit der MABB? Zu 1. a): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Gewinnspielsendungen i.S.d. RStV im Fernsehen wurden seit 2010 innerhalb der Zuständigkeit der MABB von Pro7 („Nightloft“, „Quizbreak“) und AstroTV angeboten . Im Hörfunk wurde die Gewinnspielsendung Turbo- quiz im Programm von verschiedenen Anbietern ausge- strahlt. Gewinnspiele i.S.d. RStV werden seit 2010 von einer Vielzahl der Rundfunkveranstalter (Fernsehen und Radio) angeboten und sind weitgehend unproblematisch. Zudem beteiligte sich die MABB an bundesweiten Arbeitsgruppen zum damaligen Programm von 9Live, das 2011 den Sendebetrieb einstellte und wirkte federführend an der Auslegungsrichtlinie zur Gewinnspielsatzung (GWS) mit.“ b) In welcher Form werden die Auskunfts- und Vorla- gepflichten laut §12 der Gewinnspielsatzung seitens der Anbieter erfüllt? Zu 1. b): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Anbieter von Gewinnspielen und Gewinnspielsendungen haben gem. § 12 GWS der zuständigen Auf- sichtsbehörde auf Verlangen vorzulegen: 1. eine ausführliche Erläuterung etwaiger angewand- ter Verfahren zur Auswahl der Nutzerinnen und Nutzer einschließlich etwaiger Varianten, 2. die allgemeinen Teilnahmebedingungen unter An- gabe ihrer Veröffentlichung, 3. etwaige interne, die Veranstaltung der Sendung und die Durchführung der Spiele betreffende Dienstanweisungen, 4. zur Prüfung des technischen Auswahlmechanis- mus gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 technische Protokol- le über Funktion und konkrete Anwendung eines etwaigen Auswahlmechanismus (wie beispielswei- se Angaben zum Vorzählfaktor), 5. Belege über das Nutzerinnen- und Nutzeraufkom- men gem. § 5 Abs. 2 Satz 2, 6. einen schriftlichen Nachweis über tatsächliche Gewinner sowie über ausgezahlte Gewinnsummen, 7. ausführliche Lösungsskizzen einzelner Spiele so- wie ggf. Referenzen, 8. Belege für die Veröffentlichung von Spielauflö- sungen gem. § 9 Abs. 6 Satz 2. Werden diese Informationen angefordert, stellt der Rundfunkanbieter diese schriftlich zur Verfügung.“ c) In welcher Form und mit welchem Personaleinsatz wird die Einhaltung der Auskunfts- und Vorlagepflicht geprüft und in welcher Frequenz? Zu 1. c): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Die Vorlage erfolgt im Falle einer ProgrammBeschwerde oder einer eigenständigen Überprüfung im Rahmen des Aufsichtsverfahrens (auf Verlangen). Eine regelmäßige Vorlage außerhalb von Aufsichtsverfahren wird nicht eingefordert. Für die Aufsicht im Bereich Gewinnspiele sind eine feste und ein freier Mitarbeiter/in zuständig.“ Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 954 2 d) Wo sind diese Prüfergebnisse dokumentiert? Zu 1. d): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Die Auskünfte der Anbieter sind Teil der Akte zum jeweiligen Aufsichtsverfahren.“ 2. a) Wie viele Beschwerden gab es seit 2010 zur Ver- letzung der Gewinnspielsatzung, gegen welchen Anbieter (bitte auflisten nach Jahr, Herkunft der Beschwerde, An- bieter und Verstoß gegen welchen Paragraphen der Ge- winnspielsatzung sowie dem Ergebnis der Prüfung und ggf. verhängter Bußgelder) Zu 2. a): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat in der Anlage zu Frage 2. a) die Beschwerden aufgelistet und hierzu Folgendes ausgeführt: „Wiederholt gab es Zuschauerbeschwerden über das Programm von AstroTV, unter anderem wegen möglicher Verstöße gegen die GWS. Auch in eigenen Stichproben- untersuchungen hat die MABB mögliche Verstöße gegen die GWS festgestellt. Es wurden Aufsichtsverfahren ein- geleitet und der Sender zur Einhaltung der GWS aufge- fordert. Derzeit liegen gegen AstroTV ca. 100 Beschwer- den vor, die im Hinblick auf die Einhaltung der GWS und dem RStV geprüft werden. Die Beschwerden zielen auf eine Überprüfung der Sendelizenz und auf einen mögli- chen Lizenzentzug für AstroTV ab. Ferner läuft eine Online-Petition für den Entzug der Sendelizenz. Die Hauptkritikpunkte sind unter anderem die Call In- Sendungen in Kombination mit der Nutzung von teuren Mehrwertnummern für Off Air-Beratungen, der fragwür- dige Nutzen der esoterischen Angebote insgesamt bis hin zur der Ausnutzung der persönlichen Notlagen und Unsi- cherheiten der Betroffenen. Kritiker fordern einen besse- ren Schutz der Verbraucher vor möglicherweise psy- chisch-seelisch wie auch finanziell nachteiligen Angebo- ten der Questico AG. Gerade im Bereich Esoterik ist die Abgrenzung zwi- schen Erlaubtem, wenn auch nicht dem Mainstream Ent- sprechenden, und klaren Verstößen jedoch oftmals schwierig. Da die möglichen Verstöße nicht immer (aus- schließlich) rundfunkrechtlicher Natur sind, ist häufig auch der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. in den Feststellungsprozess mit eingebunden. Problematisch sind häufig Aussagen, die von soge- nannten Heilern getätigt werden und die sich auf Krank- heiten bzw. Funktionsstörungen beziehen. Unproblema- tisch ist ein Angebot, wenn kein Heilversprechen abgege- ben wird. Solange Beschreibungen assoziativ bleiben und sich ausschließlich im Bereich der Esoterik und damit im Bereich des Glaubens und der persönlichen Erfahrungen bewegen, wenn Aussagen und Wirkungen in ihrer Anlage im Bereich der Spiritualität bleiben, ist das Angebot rechtlich gesehen nicht zu beanstanden. Es bleibt jedem Menschen unbenommen, ob er sich diesen Vorstellungen anschließt oder nicht. Eine Irreführung oder ein Schaden für den Verbraucher kann in diesem Fall nicht abgeleitet werden, wenn sich die beworbenen Produkte im Bereich des Glaubens bewegen, der keiner regulatorischen Ein- schränkung unterliegt. Anders wäre es, wenn eine ge- sundheitsfördernde Wirkung versprochen würde, also wenn Heilungsversprechen als eine Tatsache aufgestellt würden. Solche Aussagen wären unzulässig und würden von der MABB als ausführende Medienanstalt auf Grund eines ZAK-Beschlusses in einem medienrechtlichen Auf- sichtsverfahren geahndet.“ b) In welcher Form und mit welchem Personaleinsatz werden entsprechende Beschwerden "von außen" inner- halb der MABB geprüft? Zu 2. b): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Programmbeschwerden „von außen“ werden von der MABB zeitnah durch eigene Mitarbeiter und externe Gutachter geprüft. Es erfolgt eine Auswertung der Mit- schnitte, eine Protokollierung möglicher Verstöße und ggfs. das Einleiten eines Aufsichtsverfahrens und die Einbringung in die ZAK. Bei Verstößen wird auf Beschluss der ZAK ein auf- sichtsrechtliches Verfahren durch die MABB eingeleitet, das zu Beanstandungen, Bußgeldern oder gar zum Lizen- zentzug führen kann. Demgemäß wurden bei festgestell- ten Verstößen in der Vergangenheit Aufsichtsverfahren eingeleitet und parallel das konstruktive Gespräch mit dem Veranstalter gesucht, um Missstände zu beheben. Dies führte unter anderem 2008 zur Erklärung einer Selbstverpflichtung durch AstroTV, die einigen zentralen Kritikpunkten der Landesmedienanstalten Rechnung trägt. So hat AstroTV z.B. die Überwachung der internen Selbstkontrolle, was das Auftreten von Beraterinnen und Beratern angeht, erheblich verbessert. Auch die Grenzen des Beratens im Falle von offensichtlich akuten persönli- chen Notfällen von Anruferinnen und Anrufern wurden erheblich eingeengt. Weitere inhaltliche Bestandteile der Selbstverpflichtung sind die Kommunikation der Kosten, der Ausschluss Minderjähriger, die Sicherstellung des Auswahlmechanismus, Mitmachregeln, Irreführung, Fal- schinformation und Wahlwiederholung.“ c) Mit welcher durchschnittlichen Bearbeitungszeit werden Beschwerden gegen die Gewinnspielsatzung geprüft? Zu 2. c): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Die Bearbeitung einer Beschwerde beginnt unmittelbar nach deren Eingang bei der MABB. Die Bearbei- tungszeit ist unter anderem abhängig vom Umfang der Beschwerde, dem Zeitpunkt der Beschwerde und der Schnelligkeit der Vorlage der Mitschnitte und Stellung- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 954 3 nahme der Veranstalter zu Anhörung. Im Durchschnitt beträgt die Bearbeitungszeit mehrere Wochen. Die MABB fordert nach Zuschauerbeschwerden die betreffenden Programm-Mitschnitte des Veranstalters an und überprüft diese auf die Einhaltung der rundfunkrecht- lichen Bestimmungen. Daneben führt die MABB im Rahmen ihrer Programmaufsicht wiederholt eigene Stich- proben und Schwerpunktuntersuchungen durch. Sollte eine Verstoßvermutung vorliegen, prüft die ZAK, ob diese Vermutung zutreffend ist und der Sender gegen die medienrechtlichen Bestimmungen verstoßen hat. Wird durch die ZAK ein Verstoß gegen den Rund- funkstaatsvertrag (RStV) oder die Gewinnspielsatzung (GWS) festgestellt, wird durch die MABB als ausführen- de Medienanstalt eine Beanstandung ausgesprochen und ggf. ein Bußgeldverfahren geführt. Zum Entzug einer Sendeerlaubnis kann es kommen, wenn die in § 31 MStV genannten Bedingungen erfüllt sind. Unter anderem ist festgelegt, dass ein Veranstalter nach wiederholter Bean- standung erneut Inhalte verbreitet, die gegen geltendes Recht verstoßen bzw. sonst in schwerwiegender Weise gegen rechtliche Verpflichtungen verstößt, die nach die- sem Staatsvertrag oder nach einer auf seiner Grundlage getroffenen Entscheidung bestehen. Ein Lizenzentzug ist immer die letzte Maßnahme und an hohe Hürden gebun- den, da er einen weitreichenden Eingriff in die Rundfunk- freiheit bedeutet. Zurzeit kommt es vor allem in Zusammenhang mit AstroTV zu einer Vielzahl von Beschwerden, was die Bearbeitungszeit unter Umständen verlängert.“ d) In welcher Form erfolgt eine Bekanntgabe des Prü- fungsergebnisses an die beschwerende Person oder Insti- tution sowie an die Öffentlichkeit? Zu 2. d): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Die MABB informiert die Beschwerdeführer schriftlich über den Ausgang der Prüfung bzw. des Aufsichts- verfahrens. Die Öffentlichkeit wird bei Beanstandungen über die Entscheidungen der ZAK informiert.“ 3. a) Erfolgte seit 2009 eine Evaluation der bestehen- den Gewinnspielsatzung seitens der MABB oder im Rahmen der Kooperation aller Landesmedienanstalten? Wenn ja, in welcher Form ist diese zugänglich? Zu 3. a): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Die MABB war 2010-2011 federführend an der Ausarbeitung der Anwendungs- und Auslegungsregeln zur Gewinnspielsatzung im Rahmen der ALM beteiligt. Die Auslegungsregeln sind öffentlich zugänglich, beispiels- weise unter http://www.diemedienanstalten.de/fileadmin/Downloa d/Rechtsgrundlagen/Satzungen/Anwendungs- _und_Auslegungsregeln_zur_GWS_v._9.8.2011.pdf“ b) Gibt es Überlegungen zur weiteren Bearbeitung der bestehenden Gewinnspielsatzung und wenn ja, welche sind dies und welche konkreten Schritte wurden hierzu bereits veranlasst? Zu 3. b): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „In der Vergangenheit gab es von Seiten der Landesmedienanstalten (AG Gewinnspiele) Überlegungen zur Änderung der Gewinnspielsatzung. Damit wollten die Medienanstalten auf die Entscheidung des BayVGH vom 28. Oktober 2009 reagieren, mit dem einzelne Bestim- mungen dieser Gewinnspielsatzung, nicht zuletzt die Regelungen zu vergleichbaren Telemedien sowie medi- enverbraucherschutzbezogene Bestimmungen für unwirk- sam erklärt wurden. Über einen Entwurfsstatus gingen diese Überlegungen allerdings nicht hinaus. Ein Grund war, dass die Gewinnspielproblematik in den deutschen Programmen (vor allem nach der Einstellung des Sende- betriebs von 9Live) an Bedeutung und Fahrt verlor.“ Berlin, den 04. Mai 2015 M i c h a e l M ü l l e r Regierender Bürgermeister (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mai 2015) Anlage zu Frage 2. a) Schriftliche Anfrage Drs. Nr. 17/15954 Anbieter Anlass Verstoß gegen ProSieben 25.02.2010 Model WG kein Verstoß MTV 10.03.2010 Verlosung Southpark § 41 RStV, aber eingestellt ProSieben 18.03.2010 Quizbreak kein Verstoß ProSieben 16.08.2010 Quizbreak kein Verstoß ProSieben 27.08.2010 Nightloff kein Verstoß ProSieben 17.09.2010 Nightloff kein Verstoß Berliner Rundfunk 26.09.2010 Turboquiz kein Verstoß ProSieben 15.10.2010 Nightloff kein Verstoß ProSieben 21.10.2010 Quizbreak § 10 und 11 GWS, OWI Astro TV 05.12.2010 Gewinnspiel kein Verstoß Anbieter Anlass Verstoß gegen BB Radio 08.01.2011 Kohle Countdown kein Verstoß ProSieben 15.02.2011 Quizbreak kein Verstoß ProSieben 02.03.2011 Nightloff kein Verstoß ProSieben 19.04.2011 Quizbreak kein Verstoß Anbieter Anlass Verstoß gegen ProSieben 12.01.2012 Unser Star für Baku kein Verstoß ProSieben 02.02.2012 Unser Star für Baku kein Verstoß DMAX 23.02.2012 Gewinnspiel kein Verstoß Astro TV 22.08.2012 Gewinnspiel kein Verstoß Astro TV 27.11.2012 Gewinnspiel kein Verstoß Anbieter Anlass Verstoß gegen ProSieben 20.07.2013 Schlag den Star kein Verstoß Anbieter Anlass Verstoß gegen Radio Energy 26.01.2014 Call In Gewinnspiel noch offen ProSieben 16.02.2014 Schlag den Raab noch offen BB Radio 15.06.2014 Gewinnspiel noch offen Anbieter Anlass Verstoß gegen ProSieben 20.12.2014 Schlag den Raab noch offen BB Radio 27.01.2015 Auslosung kein Verstoß Radio Energy 17.04.2015 Turboquiz noch offen 2015 2010 2011 2012 2013 2014 S17-15954 Anlage - Gewinnspielbeschwerden 2010-2015_II