Drucksache 17 / 15 955 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 13. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. April 2015) und Antwort TV-Lebensberatung, Mehrwertnummern, Teleshopping – Kann die mabb neun live und Co. einen Riegel vorschieben? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Unter Bezugnahme auf den Fünfjahresbericht der mabb 2009-2014 (S. 56): a) Welche konkreten Fragen oder Fälle wurden aufsei- ten der mabb hinsichtlich Verbraucherschutz und mögli- cher Irreführungen bearbeitet, welche Stellen waren hier initiativ tätig und gegen welche Anbieter waren Ver- dachtsmomente gerichtet? Zu 1. a): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „AstroTV § 6 GWS: Aussagen über Anruferaufkommen , trotz Auswahl durch einen Redakteur Teleshopping: Arumin (Auraspray), wurde schließlich von der Verbraucherzentrale gerügt. Hörfunk: Turboquiz Rundfunkrechtlich ist im Programm von AstroTV ne- ben den Call In-Sendungen der Hinweis auf die Off Air- Beratung über kostenpflichtige Mehrwertnummern von Belang. Hierbei handelt es sich um Werbung, die als solche gekennzeichnet werden muss. Weitere möglicherweise problematische Felder, wie der Inhalt der telefonischen Beratungen, die Kosten, die für diese Beratungen entstehen, oder die Qualität und der Nutzen der im Teleshopping angebotenen Produkte fallen nicht in den Bereich des Rundfunkrechtes und damit nicht in den Bereich der MABB. Gerade im Bereich Esoterik ist die Abgrenzung zwi- schen Erlaubtem, wenn auch nicht dem Mainstream Ent- sprechenden, und klaren Verstößen jedoch oftmals schwierig. Da die möglichen Verstöße nicht immer (aus- schließlich) rundfunkrechtlicher Natur sind, ist häufig auch der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. in den Feststellungsprozess mit eingebunden.“ b) In welcher Form wurden diese Fragen oder Fälle seitens der mabb bearbeitet, mit welchen Ergebnissen (gern in tabellarischer Form) und wo sind diese Ergebnis- se zugänglich gemacht worden? Zu 1. b): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Programmbeschwerden werden von der MABB zeitnah durch eigene Mitarbeiter und externe Gutachter ge- prüft. Es erfolgt eine Auswertung der Mitschnitte, eine Protokollierung möglicher Verstöße und ggfs. das Einlei- ten eines Aufsichtsverfahrens und die Einbringung in die ZAK. Bei Verstößen wird auf Beschluss der ZAK ein auf- sichtsrechtliches Verfahren durch die MABB eingeleitet, das zu Beanstandungen, Bußgeldern oder gar zum Lizen- zentzug führen kann. Demgemäß wurden bei festgestell- ten Verstößen in der Vergangenheit Aufsichtsverfahren eingeleitet und parallel das konstruktive Gespräch mit dem Veranstalter gesucht, um Missstände zu beheben. Die Ergebnisse sind nachzulesen in den ALM Jahrbü- chern.“ c) Auf welchen Rechtsgrundlagen ist die mabb hier jeweils tätig und wird hier ggf. mit anderen Stellen koope- riert? Zu 1. c): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Rechtsgrundlage der Arbeit der MABB sind: der Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich der Medien (MStV) der Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der Jugendmedienschutz- staatsvertrag (JMStV), die Gewinnspielsatzung (GWS) mit den Auslegungs- und Anwendungsregeln.“ Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 955 2 d) Welche Stellen mit wie viel Personaleinsatz sind für die Prüfung derartiger Fragen und Fälle innerhalb der mabb zuständig Zu 1. d): Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausge- führt: „Die Prüfung erfolgt anlassbezogen sowie in eigenen Stichproben durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MABB sowie bei Bedarf durch externe Gutachter.“ 2. In welcher Art betreibt die mabb Aufklärungs- und Präventionsarbeit im Bezug auf Anbieter von TV- Lebensberatung, Teleshopping oder Mehrwertnummern? Zu 2.: Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Ber- lin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausgeführt: „Parallel zu den Aufsichtsverfahren ist die MABB in einem intensiven Gesprächs- und Sensibilisierungsprozess mit dem Rundfunkveranstalter, um die Einhaltung rund- funkrechtlicher Bestimmungen zu erwirken. So ist bei- spielsweise eine Selbstverpflichtung von AstroTV ent- standen, an die Astro TV auch weiterhin uneingeschränkt gebunden ist. Problematisch und ohne angemessene Lösung bleibt nach Ansicht der Landesmedienanstalten allerdings nach wie vor das Problem der Kostenkontrolle für die Anrufe- rinnen und Anrufer bezogen auf die Beratungsleistungen, die über den Bildschirm angeboten bzw. beworben wer- den. Die MABB sucht das Gespräch mit entsprechenden Anbietern und wirkt auf die Einhaltung der rundfunk- rechtlichen Bestimmungen hin, um Missstände zu behe- ben. Dies führte unter anderem 2008 zur Erklärung der Selbstverpflichtung durch AstroTV, die einigen zentralen Kritikpunkten der Landesmedienanstalten Rechnung trägt. So hat AstroTV z.B. die Überwachung der internen Selbstkontrolle, was das Auftreten von Beraterinnen und Beratern angeht, erheblich verbessert. Auch die Grenzen des Beratens im Falle von offensichtlich akuten persönli- chen Notfällen von Anruferinnen und Anrufern wurden erheblich eingeengt. Weitere inhaltliche Bestandteile der Selbstverpflichtung sind die Kommunikation der Kosten, der Ausschluss Minderjähriger, die Sicherstellung des Auswahlmechanismus, Mitmachregeln, Irreführung, Fal- schinformation und Wahlwiederholung. Es gibt im RStV und der Gewinnspielsatzung (GWS) Bestimmungen, die den Nutzer vor übermäßiger Teil- nahme und Irreführung schützen sollen: So sind Aussagen jeglicher Art, die falsch, zur Irrefüh- rung geeignet oder widersprüchlich sind, insbesondere über die Spieldauer, den Gewinn, die Lösungslogik der Aufgabe, die Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer, den Schwierigkeitsgrad eines Spiels sowie über die allgemei- nen Teilnahmebedingungen und das Verfahren zur Aus- wahl der Nutzerinnen und Nutzer, einschließlich der Möglichkeit, ausgewählt zu werden, unzulässig. Die Vor- spiegelung eines Zeitdrucks ist unzulässig (§ 6 Abs. 1 GWS). Auch die Aufforderung zu wiederholter Teilnahme ist unzulässig (§ 8 Abs. 1 GWS). Es darf kein besonderer Anreiz zu wiederholter Teilnahme gesetzt werden. Insbe- sondere unzulässig sind der Vergleich zwischen Teilnah- meentgelt und Gewinnsumme, Hinweise auf erhöhte Gewinnmöglichkeiten bei Mehrfachteilnahme oder die Darstellung des Gewinns als Lösung für persönliche Not- situationen (§ 8 Abs. 2 GWS). Auch Vergünstigungen, die einen Anreiz zur Mehrfachteilnahme darstellen, sind unzulässig (§ 8 Abs. 3 GWS). Kinder und Jugendliche sind besonders geschützt: Teilnahmeappelle, die ausschließlich oder ausdrücklich auch an Minderjährige gerichtet sind und deren Unerfah- renheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, sind bei Ge- winnspielen und Gewinnspielsendungen unzulässig (§ 3 Abs. 3 GWS). Die Anwendungs- und Auslegungsregeln zur GWS konkretisieren diese Bestimmungen: • So ist es dem Sender zwar unbenommen, moderative Spannungsbögen aufzubauen. Jedoch sind Aussa- gen jeglicher Art unzulässig, die falsch, zur Irreführung geeignet oder widersprüchlich sind. Dies umfasst unter anderem Aussagen in Einblendungen, in Laufbändern, durch den Moderator, den Redakteur oder sonstige sen- derseitige Akteure, da der Anbieter unter Zusammenschau dieser Gestaltungselemente das Gewinnspiel/die Gewinn- spielsendung gestaltet. • Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 GWS liegt bereits dann vor, wenn Inhalte von Angeboten die Eignung zur Irreführung haben oder in sich widersprüchlich sind. Auf den Nachweis einer konkreten Fehlvorstellung beim Nut- zer kommt es nicht an. • Auch Aussagen über die Spieldauer dürfen nicht falsch, widersprüchlich oder geeignet sein, den Nutzer in die Irre zu führen. • Es darf kein Zeitdruck vorgespiegelt werden. Vorspiegelung von Zeitdruck liegt beispielsweise vor, wenn unzutreffender Weise suggeriert wird, der Durch- stellzeitpunkt sei nahe bzw. wenn das nahende Sendeende wahrheitswidrig angekündigt wird. • Aussagen, die eine Verbindung zwischen der vermeintlichen Anzahl der Zuschauer oder der Sendezeit einerseits und Durchstellwahrscheinlichkeit bzw. Durch- stellhäufigkeit andererseits herstellen, sind unzulässig, soweit die Teilnehmer-Auswahl durch den Anbieter (z.B. einen Redakteur) beeinflusst wird. • Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass es sich um rein technische Auswahlmechanismen handelt, wenn die Auslösung des Mechanismus durch den Sender (z.B. einen Redakteur) beeinflusst oder ausgelöst werden kann. In diesem Fall darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Sender keinen Einfluss auf den Zeit- punkt der Durchstellung eines Teilnehmers habe. Insbe- sondere darf dem Publikum nicht suggeriert werden, dass es selbst Einfluss auf den Durchstellzeitpunkt nehmen könne. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 955 3 Für Beschwerden bei Problemen zu den nicht über den Bildschirm angebotenen Beratungsleistungen über Mehr- wertnummern, für die es keine rundfunkrechtliche Hand- habe gibt, stehen Beschwerdemechanismen etwa bei den Verbraucherzentralen oder auch der Staatsanwaltschaft offen. Dasselbe gilt ggfs. für möglicherweise irreführende Werbung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in den Teleshopping-Sendungen von AstroTV.“ 3. Welche Projekte gibt es auf Ebene der Kooperation mit anderen Landesmedienanstalten hinsichtlich der unter 2. genannten Problembereiche und welche Empfehlungen haben sich aus den bisher stattgefundenen Projekten erge- ben? Zu 3.: Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Ber- lin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausgeführt: „Die Landesmedienanstalten arbeiten in der Arbeitsgemeinschaft der Medienanstalten (ALM), der Kommis- sion für Zulassung und Aufsicht (ZAK) sowie anderen Gremien zusammen und erörtern aktuelle Problemfelder der Aufsicht, so auch Gewinnspiele und Gewinnspielsen- dungen. Dies führte in der Vergangenheit unter anderem zur Entwicklung der Anwendungs- und Auslegungsregeln zur GWS.“ 4. In welcher Form wurden bestehende Rechts- und Regulierungsgrundlagen hinsichtlich der entsprechenden Angebote durch die mabb evaluiert und mit welchen Ergebnissen? Zu 4.: Die um Auskunft gebetene Medienanstalt Ber- lin-Brandenburg (mabb) hat hierzu Folgendes ausgeführt: „Eine Evaluierung wurde weder von Seiten der ZAK noch von Seiten der mabb durchgeführt. Die in der Ver- gangenheit entwickelten Anwendungs- und Auslegungs- regeln zur GWS trugen „Früchte“. Das Gewinnspielaufkommen bzw. die damit einhergehende Problematik ist danach deutlich zurückgegangen (z.B. Einstellung des Sendebetriebs von 9Live).“ 5. Welche Überlegungen gibt es auf Seiten des Senats, im Rahmen zukünftiger Rundfunkänderungsstaats- verträge z. B. §7 bezüglich Werbegrundsätzen und Kenn- zeichnungspflichten regulatorisch zu stärken und welche konkreten Schritte wurden auf Länderebene hierzu bereits unternommen? Zu 5.: Die Vorschriften zur Regulierung von Werbung und Sponsoring im Rundfunkstaatsvertrag und im Ju- gendmedienschutz-Staatsvertrag sowie in den unterge- setzlichen Regelungen sind unter dem Aspekt des Ver- braucherschutzes umfassend und ausreichend. Der Senat sieht daher keinen Handlungsbedarf für diesbezügliche Änderungen. Berlin, den 29. April 2015 M i c h a e l M ü l l e r Regierender Bürgermeister (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Apr. 2015)