Drucksache 17 / 15 986 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 15. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. April 2015) und Antwort Im Notfall abgeschnitten: Wie oft kommen Löschboote der Feuerwehr nachts nicht zum Einsatzort, weil Schleusen geschlossen sind? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie oft sind in den letzten fünf Jahren Feuerweh- reinsätze in Berlin komplett oder ergänzend vom Wasser aus durchgeführt worden (bitte pro Jahr angeben, unter- gliedert nach Bootstypen)? Zu 1.: Hierüber liegt dem Senat von Berlin keine Sta- tistik vor. 2. Welche Boote stehen an welchen Standorten in Berlin für Feuerwehreinsätze bereit und welche Stadtteile können dadurch (nicht) erreicht werden? Können abends/nachts genauso viele Boote zum Einsatz gebracht werden wie tagsüber? Zu 2.: Die Berliner Feuerwehr unterhält am Standort Spandau Süd ein Löschboot sowie ein Reservelöschboot. Am Standort Köpenick ist ein Mehrzweckboot stationiert. Darüber hinaus sind an 24 Feuerwachen sowie beim Technischen Dienst Rettungsboote stationiert. 27 Feuer- wachen verfügen über Schlauchboote. Die Rettungsboote und Schlauchboote können in allen Stadteilen eingesetzt werden, da diese auf Anhängern oder Feuerwehrfahrzeu- gen mitgeführt werden. Nachts können durch die erhöhte Verfügbarkeit der Kräfte der Freiwilligen Feuerwehren in der Regel mehr Rettungsboote in den Einsatz gebracht werden. Die Standorte sind der nachfolgenden Tabelle zu ent- nehmen: Besetzung Schlauchboot Rettungsboot Direktion West Berufsfeuerwehr 1400 Moabit X Berufsfeuerwehr 1700 Tiergarten X Berufsfeuerwehr 2100 Schillerpark X X Berufsfeuerwehr 3100 Spandau-Nord X X Berufsfeuerwehr 3200 Spandau-Süd X X Freiwillige Feuerwehr 3210 Gatow X Freiwillige Feuerwehr 3220 Kladow X Berufsfeuerwehr 3300 Suarez X Berufsfeuerwehr 3500 Ranke X Berufsfeuerwehr 3600 Charlottenburg-Nord X Berufsfeuerwehr 4100 Zehlendorf X X Berufsfeuerwehr 4200 Steglitz X Berufsfeuerwehr 4500 Wannsee X Berufsfeuerwehr 4600 Lichterfelde X X Direktion Nord Berufsfeuerwehr 1300 Prenzlauer Berg X Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 986 2 Berufsfeuerwehr 2200 Wittenau X Berufsfeuerwehr 2400 Tegel X X Freiwillige Feuerwehr 2410 Heiligensee X Freiwillige Feuerwehr 2420 Tegelort X Berufsfeuerwehr 2600 Pankow X Freiwillige Feuerwehr 2620 Buchholz X Freiwillige Feuerwehr 2630 Blankenfelde X Berufsfeuerwehr 6100 Marzahn X Berufsfeuerwehr 6200 Hellersdorf X Berufsfeuerwehr 6300 Weißensee X Berufsfeuerwehr 6400 Lichtenberg X X Berufsfeuerwehr 6500 Karlshorst Direktion Süd Berufsfeuerwehr 1200 Friedrichshain X X Berufsfeuerwehr 1600 Kreuzberg X Berufsfeuerwehr 4300 Tempelhof X Berufsfeuerwehr 4400 Schöneberg X Berufsfeuerwehr 4700 Marienfelde X X Berufsfeuerwehr 5100 Neukölln X Berufsfeuerwehr 5300 Treptow X X Berufsfeuerwehr 5400 Köpenick X X Freiwillige Feuerwehr 5410 Friedrichshagen X Freiwillige Feuerwehr 5430 Wilhelmshagen X Freiwillige Feuerwehr 5440 Müggelheim X Freiwillige Feuerwehr 5460 Rauchfangswerder X Freiwillige Feuerwehr 5470 Grünau X Berufsfeuerwehr Technischer Dienst X X 3. Welche Einschränkungen haben Mehrzweckboote im Vergleich zu einem Löschboot? Zu 3.: Es handelt sich hierbei um unterschiedliche Einsatzmittel, die deshalb nur schwierig zu vergleichen sind. Löschboote sind speziell für die Schiffsbrandbe- kämpfung ausgelegte Wasserfahrzeuge. Der Bootskörper ist aus Stahl und wurde im Knickspantbau erstellt. Die Aufbauten sind aus Leichtmetall. Das Vorschiff ist in der Wasserlinie mit einer Eisverstärkung versehen. Weitere technische Daten des Löschbootes Länge 17,37 m Breite 4,20 m Tiefgang 0,96 m Höchstgeschwindigkeit ca. 25 km/h Motoren 2 x 220 kW (300 PS) Kraftstofftank 800 l Pumpenleistung 1 x 5000 l/min Werfer 1 Kombiwerfer RM 50 Leistung bei 10 bar 1 x 3000 l/min Wurfweite Wasser/Schaum 85 m / 80 m Schaummittelvorrat 3000 l Pulverlöscher 4 x PG 12 und 3 PG 6 Generator 8 kVA Navigationsanlage Radar, Wendeanzeiger, Echolot, UKW-Sprechfunk Das kleinere (Länge von 6,50 m bei einer Breite von 2,50 m) wendigere Mehrzweckboot aus Aluminium mit einem Tiefgang von nur 30 cm wurde für die schnelle Hilfe für Personen im Wasser, die notfallmedizinische Versorgung bewohnter Inseln, kleinere technische Hilfe- leistungen und der Erstangriff bei Bränden auf Gewässern oder auf Inseln angeschafft. Die hydraulisch absenkbare Bugklappe ermöglicht eine schonende Aufnahme von Personen oder Gegenständen aus dem Wasser, aber auch ein sicheres „Anlanden“. Angetrieben wird das Mehrzweckboot von zwei 50 PS-Außenbordmotoren. Mit ihnen erreicht das Mehrzweckboot eine Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h. Für den Löscheinsatz ist das Mehr- zweckboot mit einer Tragkraftspritze TS 10-1000 (Was- serförderungsleistung bei 10 bar: 1000 l/min) ausgestattet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 986 3 Mittels Turbozumischer und zweimal zwanzig Litern Schaummittel in Kanistern ist ein Schaumangriff möglich. Für die technische Hilfeleistung führt das Boot einen 16 kVA-Stromerzeuger sowie eine Elektrotauchpumpe C mit Flachsaugmanschette mit. 4. Welche Faktoren müssen aus Sicht der Feuerwehr erfüllt sein, damit die Feuerwehr den Wasserweg zum Einsatzort wählt? Wie lang darf die Anfahrt maximal dauern? Zu 4.: Der Wasserweg wird immer dann gewählt, wenn der Einsatzort nicht auf dem Landweg erreichbar ist, beispielsweise weil er auf einer Insel liegt, es sich um ein auf dem Wasser fahrendes oder treibendes Schiff handelt oder eine wasserseitige Unterstützung für Einsät- ze sinnvoll erscheint. Für den Einsatz von wassergestütz- ten Einsatzmitteln gibt es keine besondere Hilfsfristvor- gabe. 5. Warum sind manche Schleusen nicht durchgehend passierbar und was ist aus Sicht der Berliner Feuerwehr nötig, um den reibungslosen Vollzug ihrer Arbeit zu si- chern? Wurde der Betrieb von Schleusen teilweise an private Betreiber abgegeben, bestehen hier spezielle Ein- schränkungen? 6. Welche Schleusen in Berlin sind nur zu bestimm- ten Zeiten passierbar und welche Stadtteile sind dadurch nicht auf dem Wasserweg erreichbar? Zu 5. und 6.: Im Land Berlin werden sieben Schleusen an den Binnenwasserstraßen betrieben. Sechs Schleusen hiervon stehen im Eigentum des Bundes und werden auch vom Bund (Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin) unterhal- ten und betrieben. Die Bundesschleusen im Land Berlin sind die Schleuse Spandau an der Havel-Oder- Wasserstraße, die Schleuse Plötzensee am Berlin- Spandauer-Schifffahrtskanal, die Schleusen Charlotten- burg und Mühlendamm an der Spree-Oder-Wasserstraße sowie die Ober- und Unterschleuse am Landwehrkanal. Die Schleusenbetriebszeiten sind vom Bund aus wirt- schaftlichen Gründen individuell festgelegt und können aktuell auf der Seite www.elwis.de abgerufen werden. Auf dieser Internetseite werden auch Änderungen der Schleusenbetriebszeiten zum Beispiel durch Bauarbeiten, Havarien, Wassermangel oder bei Personalausfällen be- kanntgegeben. Diese Schleusen werden durch eigenes Personal des Wasser- und Schifffahrtsamtes Berlin betrie- ben. Eine weitere Schleuse befindet sich im Land Berlin im Neuköllner Schifffahrtskanal. Nur diese Schleuse steht im Eigentum des Landes Berlin und wird vom Land Ber- lin betrieben und unterhalten. Die Schleuse Neukölln wurde 2001 automatisiert und wird seitdem rund um die Uhr als Selbstbedienungsschleuse von den Berufs- und Freizeitschiffern selbst betrieben. Schleusenbetriebszeiten sind für diese Schleuse nicht festgelegt. Jedoch kann es auch an dieser Schleuse durch technische Störungen, Bauarbeiten oder Havarien zu außerplanmäßigen Ausfäl- len kommen. Eine jederzeitige Einsatzbereitschaft einer Schleuse kann, technisch bedingt, nie garantiert werden. Rund um die Uhr passierbare Schleusen stellen eine wichtige Grundlage für den Einsatz von Lösch- und Mehrzweckbooten der Berliner Feuerwehr dar. Nach Kenntnis der Berliner Feuerwehr ist lediglich die Müh- lendammschleuse in der Spree-Oder-Wasserstraße rund um die Uhr besetzt. Derzeit kann die Schleuse Neukölln von der Feuerwehr manuell bedient werden. Die Unter- schleuse des Landwehrkanals kann mittels telefonischer Kurznachricht (SMS) angesteuert werden. Folgende Gebiete können von den größeren Was- sereinheiten der Berliner Feuerwehr (Löschboote und Mehrzweckboot) nicht auf dem Wasserweg erreicht wer- den, wenn die Schleusen nicht besetzt sind:  Nördlich der Schleuse Spandau (Bereich Oberhavel)  Östlich ab Schleuse Charlottenburg, Höhe RudolfWissel -Brücke (Spree stadteinwärts)  Südöstlich Teltowkanal in Zehlendorf  Spree, westlich der Mühlendamm-Schleuse  Einfahrt in den Landwehrkanal. Da die Berliner Feuerwehr mit 25 Rettungsbooten auf Trailern sowie 27 Schlauchbooten ausgerüstet ist, ist ein wasserseitiger Einsatz in allen Stadtteilen sichergestellt. Darüber hinaus ist durch eine Vereinbarung mit der Wasserschutzpolizei sichergestellt, dass unabhängig von besetzten Schleusen, ein zur Brandbekämpfung ausgerüs- tetes Polizeiboot in jedem Bereich zur Verfügung steht. 7. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen eine ge- schlossene Schleuse einen Feuerwehreinsatz verhindert oder erschwert hat? Wenn ja, welche Fälle waren dies in den letzten fünf Jahren? Zu 7.: Dem Senat sind keine Fälle bekannt, in denen eine geschlossene Schleuse einen Feuerwehreinsatz ver- hinderte oder besonders erschwerte, da alle Einsatzstellen mit landgestützten Fahrzeugen erreichbar sind. Dem Se- nat sind drei Fälle bekannt, bei denen eine Schleusung des Löschbootes nach Alarmierung nicht erfolgen konnte: 1. Kiehnwerderallee 1-3, Plänterwald-Spreepark, Brand am 11.08.2014, 2. Kleine Eiswerderstraße, Schiffsbrand am 12.04.2015, 3. Kleingartenanlage Schleusenland 1, Laubenbrand am 22.03.2015. 8. Ist die Sicherheit der Berliner Bürger weiterhin gewährleistet, wenn durch eine zunehmende Bebauung in Ufernähe keine Anfahrt von der Landseite möglich ist und gleichzeitig Schleusen zumindest nachts nicht passiert werden können? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 986 4 Zu 8.: Ja, die Bauordnung für Berlin vom 29.06.2011 regelt hierzu im § 4 Bebauung der Grundstücke mit Ge- bäuden: „Gebäude dürfen nur errichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder wenn das Grund- stück eine befahrbare, öffentlich rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat.“ Somit müssen auch Gebäude in Ufernähe von der Landseite aus erreichbar sein. 9. Welche Unterschiede bestehen aus Sicht der Feu- erwehr zwischen Lösch- und Taucheinsätzen, insbesonde- re bezüglich der Auswirkungen auf die Faktoren Zeit, Umfang und Qualität des Einsatzes? Zu 9.: Bei Löscheinsätzen wird ein Löschmittel zur Bekämpfung eines Brandes durch die Feuerwehr zum Einsatz gebracht. Bei Taucheinsätzen wird eine Feuer- wehrtaucherin bzw. ein Feuerwehtaucher meist unter Wasser tätig. Zwischen Brandbekämpfungseinsätzen und Taucheinsätzen bestehen grundlegende Unterschiede. Diese machen einen Vergleich unmöglich. Die Auswirkungen eines Schadensereignisses auf die Faktoren Zeit, Umfang und Qualität können nur für den konkreten Einzelfall angegeben werden. Berlin, den 24. April 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mai 2015)