Drucksache 17 / 15 995 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 26. März 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. April 2015) und Antwort Finanzierung von verfassungsfeindlichen Organisationen aus dem Ausland Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: In Berlin aktive extremistische Orga- nisationen, losgelöst von der Frage einer vermeintlichen religiösen oder ausschließlich politischen Ausrichtung, unterliegen nach § 5 Absatz 2 Verfassungsschutzgesetz Berlin (VSG Bln) und § 3 Absatz 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angele- genheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundes- amt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden Berlins und des Bundes. Im Rahmen einer entsprechenden Bearbeitung wird - soweit es durch den Beobachtungsauftrag des Ver- fassungsschutzes gedeckt ist - auch die Frage der Finan- zierung extremistischer Organisationen aufgegriffen. Dabei spielt es für die Gesamtbewertung eine erhebliche Rolle, ob die Finanzierung durch ausländische Strukturen oder etwa durch Beiträge, Erlöse oder eigenes Spenden- aufkommen erfolgt, da hierdurch Erkenntnisse für organi- satorische bzw. personelle Verbindungen erlangt werden können. Grundsätzlich lässt insbesondere eine signifikan- te Finanzierung aus dem Ausland einen steuernden Ein- fluss auf die in Berlin handelnden Akteure vermuten. Die Steuerung extremistischer Organisationen durch eine Finanzierung aus dem Ausland gehört daher zu wesentli- chen Aspekten, denen im Rahmen des dem Berliner Ver- fassungsschutz gemäß § 5 Absatz 2 VSG Bln obliegenden gesetzlichen Auftrages nachzugehen ist. 1. Inwiefern wird in Berlin die Finanzierung religiö- ser Organisationen aus dem Ausland überprüft? Zu 1.: Nach Artikel 140 Grundgesetz (GG) in Verbin- dung mit Artikel 137 GG verwalten und ordnen die Kir- chen und Religionsgemeinschaften in der Bundesrepublik ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Insofern werden die fi- nanziellen Mittel aus dem In- und Ausland von Religi- onsgemeinschaften nicht überprüft. Zu vermeintlichen Religionsgemeinschaften – eigentlich extremistischen Organisationen – siehe Vorbemerkung. 2. Gibt es derzeit in Berlin eine gesetzliche Regelung, welche die Finanzierung von Organisationen mit verfas- sungsfeindlichen Bestrebungen regelt? Zu 2.: Nein. In Bezug auf Terrorismusfinanzierung gilt die bundesweite gesetzliche Handlungsgrundlage § 261 Strafgesetzbuch (StGB) in Verbindung mit dem Geldwäschegesetz (GWG), sofern der Verdacht der Ter- rorismusfinanzierung im Sinne des § 1 GWG gegeben ist. 3. Welche Möglichkeiten hat das Land Berlin in sol- chen Fällen tätig zu werden? Zu 3.: Das Land Berlin hat verschiedene Möglichkei- ten, im Falle einer Finanzierung von extremistischen Organisationen aus dem Ausland tätig zu werden. Die Möglichkeiten hängen im Wesentlichen davon ab, ob es sich um eine extremistische Organisation handelt, die einen eingetragenen Verein darstellt, ob es sich um eine Struktur handelt, die Fördermittel oder den Gemeinnüt- zigkeitsstatus beansprucht oder ob strafrechtliche Kom- ponenten im Rahmen der Finanzierung erfüllt werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 GWG ist der Polizei Berlin die Möglichkeit der Einholung von Aus- künften bei den Verpflichteten im Sinne des § 2 GWG (insbesondere Kreditinstitute) gegeben. 4. Welche Maßnahmen werden ergriffen um in die- sem Zusammenhang besonders die Finanzierung islamis- tischer Organisationen aus dem Ausland zu unterbinden? Zu 4.: Abhängig von den unter Frage 3 benannten Be- dingungen können besonders im Zusammenhang mit einer Vereinigung, die einem Vereins- oder Betätigungs- verbot unterliegt, oder einer Struktur, die terroristische Aktivitäten unterstützt, auf der Grundlage der jeweils geltenden Rechtsvorschriften Maßnahmen eingeleitet werden. Bei Organisationen, die terroristischer Aktivitä- ten verdächtig sind, ist die Frage der Finanzierung im Lichte der materiellen Strafrechts, insbesondere der §§ 129 a, b StGB zu prüfen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 15 995 2 5. Inwieweit wäre ein Finanzierungsverbot von Or- ganisationen mit islamistischen Bestrebungen aus dem Ausland nach österreichischem Vorbild für Berlin denk- bar? Zu 5.: Die Bestimmung im österreichischen Islamge- setz, wonach die Aufbringung der Mittel für die gewöhn- liche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnis- se ihrer Mitglieder im Inland zu erfolgen habe, ist in Deutschland so nicht durchführbar. Zum einen werden neben islamischen Vereinen in Deutschland auch andere religiöse Gemeinschaften aus dem Ausland finanziert. Zum anderen finanzieren auch deutsche kirchliche Ein- richtungen (etwa das evangelische Missionswerk), Ge- meinden im Ausland. Eine Abschottung der Religionsge- meinschaften vor dem ausländischen Finanzverkehr wür- de den sinnvollen interkulturellen Austausch und die religiösen Aufgaben behindern. Insofern ist es wichtiger, individuell auf jede einzelne islamistische Vereinigung zu reagieren. Berlin, den 24. April 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Apr. 2015)