Drucksache 17 / 16 054 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 20. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. April 2015) und Antwort Dienstliche Meldungen aus den Berliner Justizvollzugsanstalten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele dienstliche Meldungen von Anstaltsbe- diensteten gab es in den Jahren 2013/2014 in den Justiz- vollzugsanstalten Moabit, Plötzensee, Heidering und Tegel sowie der Justizvollzugsanstalt für Frauen, der Jugendstrafanstalt, der Jugendarrestanstalt und dem Jus- tizvollzugskrankenhaus? Zu 1.: Über dienstliche Meldungen von Anstaltsbe- diensteten werden keine Statistiken geführt. 2. Wie viele dienstliche Meldungen der JSA Plötzen- see hatten Mauerüberwürfe zum Gegenstand und welchen Gegenstand haben alle weiteren dienstlichen Meldungen der JSA Plötzensee schwerpunktmäßig (bitte nach Gewalt gegen Vollzugsbeamte, Gewalt unter Inhaftierten und Zellenfunden aufschlüsseln)? Zu 2.: Eine Auswertung aller dienstlichen Meldungen der Jugendstrafanstalt (JSA) Berlin in den Jahren 2013/14 erfordert sehr großen Aufwand. Innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Frist kann deshalb nur im Rahmen vorhandener Statistiken berichtet werden. Eine Statistik über aufgefundene Gegenstände in Hafträumen wird nicht geführt. Aufzeichnungen existieren zu Mauer- überwürfen, zur Gewalt gegen Bedienstete und zur Ge- walt von Gefangenen untereinander. Die hieraus ent- nommenen Zahlen der JSA Berlin für die Jahre 2013/2014 betragen: Mauerüberwürfe Tätlichkeiten gegen Bediens- tete Tätlichkeiten Gefangene un- tereinander 2013 22 2 82 2014 98 0 108 3. Wie viele dienstliche Meldungen aller weiteren An- stalten hatten Mauerüberwürfe zum Gegenstand und wel- chen Gegenstand haben alle weiteren dienstlichen Mel- dungen schwerpunktmäßig (bitte nach Gewalt gegen Vollzugsbeamte, Gewalt unter Inhaftierten und Zellen- funden aufschlüsseln)? Zu 3.: Auf die Antwort zu Frage 2 wird zunächst ver- wiesen. Statistische Aufzeichnungen von Überwürfen werden in den Justizvollzugsanstalten Tegel, Moabit, Heidering, Plötzensee geführt, nicht hingegen in der Jus- tizvollzugsanstalt für Frauen und der Jugendarrestanstalt. In diesen beiden Anstalten kommen aufgrund der bauli- chen Gegebenheiten (Haftraumfenster nur zum Innenhof in den Bereichen Lichtenberg und Pankow der Vollzugs- anstalt für Frauen) und des regelmäßig nur kurzen Auf- enthalts (in der Jugendarrestanstalt) äußerst selten Über- würfe vor. Aus den vorliegenden Aufzeichnungen der anderen Anstalten ergeben sich folgende Zahlen: Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 054 2 JVA Mauerüberwürfe Tätlichkeiten gegen Bedienstete Tätlichkeiten Gefange- ne untereinander 2013 Tegel 25 2 32 Moabit 60 8 23 Heidering (ab 07.2013) 47 1 7 Plötzensee 58 0 16 Frauen ./. 0 12 JAA ./. 2 3 2014 Tegel 19 3 23 Moabit 38 2 12 Heidering 2 7 43 Plötzensee 30 2 14 Frauen ./. 1 6 JAA ./. 1 2 4. Welche Gegenstände werden schwerpunktmäßig übergeworfen (bitte nach JSA Plötzensee und weiteren Anstalten aufschlüsseln / bitte nach Alkohol, Drogen, Handys und Gegenständen des täglichen Gebrauchs auf- schlüsseln)? Zu 4.: In allen Anstalten werden schwerpunktmäßig die gleichen Gegenstände übergeworfen. Beispiele in der Reihenfolge der Häufigkeit sind:  Mobiltelefone  Ladegeräte, Akkus  Netz – und Ladekabel, Headsets, USB-Stecker  SIM-Karten  Betäubungsmittel-suspekte Substanzen  Tabletten  Alkohol, Tabak, Zigaretten, seit neuestem auch sog. E-Shishas  Musik-CDs, CD-Rohlinge  Deo-Roller  Hefe  Döner 5. Wie viele Ordnungswidrigkeiten / Straftaten wur- den in Zusammenhang mit Mauerüberwürfen in unmittel- barer Nähe der JSA Plötzensee begangen? Zu 5.: Im Jahre 2013 wurden in der JSA Berlin 7 Überwürfe und im Jahre 2014 insgesamt 40 Überwürfe mit Inhalten sichergestellt, die eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verdächtig erschienen. In allen 47 Fällen wurde Strafanzeige erstattet. Ein Fund enthielt Heroin, die übrigen ausschließlich Kleinstmengen von Cannabisprodukten. Soweit Mobiltelefone und andere Gegenstände durch Überwürfe in den Anstaltsbereich gelangen, handelt es sich stets um eine Ordnungswidrigkeit nach § 115 Ord- nungswidrigkeitengesetz. In Ermangelung zureichender Anhaltspunkte, die konkret auf bestimmte Tatverdächtige hinwiesen, wurde auf die Erstattung von Ordnungswid- rigkeitsanzeigen verzichtet. Darüber hinaus sind keine Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten im unmittelbaren Umfeld der Jugendstrafanstalt Berlin bekannt geworden. 6. Wie ist die Situation der Jugendstrafanstalt Plötzen- see vor dem Hintergrund der dienstlichen Meldungen zu bewerten und besteht eine Gefahr für die öffentliche Si- cherheit und Ordnung? Zu 6.: Die dienstlichen Meldungen in der JSA Berlin spiegeln das typische Verhalten Jugendlicher und Heran- wachsender mit einer überdurchschnittlich normabwei- chenden Sozialisation wider, deren kriminalitätsbelastete Anteile sich häufig über einen längeren Zeitablauf vor der Inhaftierung verfestigt haben. Die oft erstmalige Inhaftie- rung, regelhaft erfahrene Grenzsetzungen sowie die Kon- zentration von Gewaltbereitschaft bewirken insbesondere zu Beginn der Inhaftierung Auffälligkeiten, die ihren Niederschlag in dienstlichen Meldungen finden können. Im Vergleich der letzten Jahre ist die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gegeben. 7. Welche Maßnahmen gedenkt der Senat zu ergrei- fen, um weitere Überwürfe in der JSA Plötzensee zu unterbinden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 054 3 Zu 7.: Bei Justizvollzugsanstalten wie der JSA Berlin, deren Außenlinie bis in Wurfweite bzw. unmittelbar bis zur Umwehrung vom öffentlichen Straßenland oder von wenig gesicherten Nachbargrundstücken aus zugänglich ist, kann ein umfassender Schutz vor Überwürfen nicht gewährleistet werden. Sie können unter diesen baulich- örtlichen Gegebenheiten trotz eingesetzter Videotechnik zu allen Tages- und Nachtzeiten stattfinden. Allenfalls eine permanente polizeiliche Bestreifung rund um das Anstaltsgelände, die nicht zu leisten ist, könnte Abhilfe schaffen. Innerhalb der JSA ist die Kontrolldichte in den zur Umwehrung angrenzenden Freiflächen den Erfordernis- sen angepasst. Vorrangiges Ziel mit größtmöglichem präventivem Wirkeffekt ist es, den Empfang des überge- worfenen Gegenstands durch den jeweiligen Adressaten zu verhindern. So werden die Freiflächen regelmäßig auf Überwürfe abgesucht, bevor Inhaftierte sie zur Freistunde oder zu Außenaktivitäten betreten können. Zudem erfolgt gegenwärtig sukzessiv ein Austausch der Haftraumfenster in den Häusern 1 - 7. Im Zuge dessen werden sämtliche Fenster im Neubaubereich der Anstalt mit einer Feinvergitterung ausgestattet, die verhindert, dass vereinzelt nicht aufgefundene Überwürfe in die Haft- räume gezogen werden können. Berlin, den 08. Mai 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2015)