Drucksache 17 / 16 055 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Wolfram Prieß (PIRATEN) vom 22. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. April 2015) und Antwort Staatsopernskandal LII: Ungenügender Brandschutz seit 2001? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Trifft es zu dass dem Senat, vertreten durch die damaligen Senatsdienststellen für Wissenschaft, For- schung und Kultur sowie Stadtentwicklung, Umwelt- schutz, Bauen, Wohnen und Verkehr bereits seit 2001 bekannt war, dass der bauliche Brandschutz für das Ge- bäudes der Deutschen Staatsoper ungenügend und zum Teil gar nicht vorhanden war? Antwort zu 1: Grundsätzlich ist auszuführen, dass ge- mäß § 85 Abs. 1 der BauO Bln (Bauordnung für Berlin) rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen mindestens in dem Zustand zu erhalten sind, der den bei ihrer Errichtung geltenden Vorschriften entsprach, man spricht hier vom „Bestandsschutz“. Das Staatsoperngebäude ist eine rechtmäßig errichtete und bestehende bauliche Anlage, somit fällt es unter den Bestandsschutz. Im Rahmen der seinerzeit geltenden Versammlungs- stättenverordnung waren von der bezirklichen Bauauf- sichtsbehörde Brandsicherheitsschauen durchzuführen. Hierbei wird überprüft, ob die bauliche Anlage so in- standgehalten wird, dass sie den bei ihrer Errichtung gel- tenden Vorschriften entspricht. Brandsicherheitsschauen enden in der Regel mit Mängellisten – die nicht nur bauliche sondern auch betriebliche Mängel beinhalten können – und mit Fristen bis zu den die Mängel zu beheben sind. Frage 2: Welche Maßnahmen hat der Senat seit 2002 veranlasst, um den fortlaufenden Spielbetrieb trotz man- gelhaftem Brandschutz bis zum Jahr 2010 aufrechtzuer- halten? Antwort zu 2: Im Rahmen der Brandsicherheitsschau- en und der generellen Überprüfung im Rahmen der Bau- werksunterhaltung durch den Senat wurden die vorhande- nen Brandschutzmaßnahmen überprüft und – da Bestandsschutz bestand - repariert und wenn erforderlich erneuert. Frage 3: Welchen Aufwand für die Erneuerung der Brandschutztechnik (Feuerlöschanlagen, Entrauchungs- technik, Gefahrenmelde- und Alarmanlagen usw.) war bei Baubeginn ursprünglich geplant? Antwort zu 3: Bei der Staatsoper handelt es sich um ein Bestandsgebäude gemäß § 85 Abs.1 BauO Bln. Auf Grund seiner Größe ist es nach § 2 Abs. 3 BauO Bln ein Gebäude der Gebäudeklasse 5 und ist nach § 2 Abs. 4 Ziffer 7 BauO Bln als Sonderbau einzustufen und zu bewerten. Gemäß der vorgesehenen Nutzung sind die Anforderungen der Muster-Sonderbauvorschriften zu beachten, in diesem Fall der Muster-Versammlungs- stättenverordnung (MVStättV). Die Anforderungen der MVStättV werden hierbei auf den öffentlichen Bereich des Operngebäudes und die Bühne bezogen. Alle weiteren Gebäudebereiche werden grundsätzlich nach der BauO Bln als Sonderbau gemäß § 52 BauO Bln betrachtet. Das Gebäude bleibt im Bestand erhalten. Dennoch müssen unter Berücksichtigung der Nutzung des Gebäu- des als Opernhaus die besonderen Anforderungen an eine Versammlungsstätte grundsätzlich erfüllt werden, hier greift § 85 Abs. 3 BauO Bln. Abweichungen davon resul- tierend aus den Gegebenheiten des Bestandes sind detail- liert untersucht und dargestellt worden. An Sonderbauten können gemäß § 52 Abs. 1 BauO Bln besondere Anforde- rungen gestellt, aber auch Erleichterungen gestattet wer- den. Beispielhaft mussten folgende Aspekte des Brand- schutzes erneuert werden: - Das Rettungskonzept über Rettungswege wird gemäß geltender Gesetze, Richtlinien und Verord- nungen angepasst und umgesetzt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 055 2 - Der bauliche Brandschutz berücksichtigt die Vorgaben der §§ 17-25 BauO Bln, zu Bauprodukten und Bauarten. Tragende Wände, Pfeiler, Stützen und Aussteifungen werden feuerbeständig ausge- führt. Abweichungen von der genannten Forderung werden durch zusätzliche Maßnahmen kompen- siert. Denkmalgeschützte Bereiche wurden detailliert untersucht und gemäß den gesetzlichen Anforde- rungen optimiert. - Neue Brandmelde- und Alarmierungsanlagen sind erforderlich. - Die Gebäude werden mit einer Gebäudefunkanlage ausgestattet, so dass ein direkter Funkverkehr mit Handfunkgeräten der Feuerwehr jederzeit möglich ist. - Die Gebäude werden mit trockenen Steigleitungen, Handfeuerlöschern und Wandhydranten gemäß der gesetzlichen Vorgaben ausgestattet. Die Bühnen- öffnung wird durch einen besonderen Schutzvor- hang dicht geschlossen (”Eiserner Vorhang”). - Zur Rauch- und Wärmeableitung wird wo möglich die natürliche Entrauchung umgesetzt. Wo dies nicht möglich ist werden gleichwertige Maßnahmen umgesetzt, z.B. maschinelle Entrau- chungsanlagen. Insbesondere die Bühne, Zuschau- ersaal, Apollosaal, Treppenräume und Aufzug- schächte sind natürlich entraucht. - Es wird eine Sicherheitsstromversorgung eingebaut , auf die alle relevanten sicherheitstechnischen Anlagen aufgeschaltet werden, u.a. auch die Si- cherheitsbeleuchtung. Es lag vor Baubeginn ein geprüfter Brandschutz- nachweis vor. Dieser wurde bei den weiteren Planungen berücksichtigt. Frage 4: Wurden nach Baubeginn bezüglich des bauli- chen Brandschutzes sowie der Brandschutztechnik Pla- nungsänderungen vorgenommen? Antwort zu 4: Der geprüfte Brandschutznachweis ist bei der Planung berücksichtigt worden und wird umge- setzt. Der bauliche Brandschutz muss im Rahmen der Umsetzung auf die vorgefundenen baulichen Gegebenhei- ten des Bestandes reagieren und angepasst werden. Nach Freilegung von Bestandsbauteilen musste teilweise in großem Umfang auf die schlechte Bausubstanz reagiert werden. Z.B. mussten im Bühnenhaus große Teile der Bestandsdecken, die ursprünglich durch Brandschutzputz ertüchtigt werden sollten, ausgetauscht werden. Da die Bestandsdecken ein sehr heterogenes Gebilde unter- schiedlicher Konstruktionsarten aufweisen, für die teil- weise keine zugelassenen Bausysteme gefunden werden konnten oder die große Schädigungen nach Entfernen der Bodenbeläge aufwiesen, mussten die Deckenfelder kom- plett durch Leichtbetondeckenfelder ersetzt werden. Die- ser Zustand konnte erst nach Freilegen der Decken und Entfernen der Bodenbeläge festgestellt werden, was zu nachträglichen Anpassungen führte. Frage 5: Wie haben sich die Kosten für die Erneue- rung bzw. Herstellung der Brandschutztechnik entwi- ckelt? Welche Kosten waren ursprünglich vor Baubeginn eingeplant, und welche Kosten sind inzwischen geplant? Antwort zu 5: Die ermittelten Kosten des anlagen- technischen Brandschutzes sind in der Bauplanungsunter- lage aufgeschlüsselt, die vor Baubeginn aufgestellt und geprüft wurde. Eine detaillierte Aufstellung der Baukostenerhöhun- gen ist Gegenstand der 1. und 2. Ergänzungsunterlage (siehe rote Nr. 0235 bis 0235F). Frage 6: Falls sich die Kosten erhöht haben sollten, welche Ursachen haben zu diesen Mehrkosten geführt? Antwort zu 6: Eine detaillierte Aufstellung der Ursa- chen ist Bestandteil der 1. und 2. Ergänzungsunterlage (siehe rote Nr. 0235 bis 0235F). Berlin, den 08. Mai 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mai 2015)