Drucksache 17 / 16 090 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 28. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. April 2015) und Antwort Wie geht der Senat mit den „Abschließenden Bemerkungen“ des CRPD-Ausschusses der Vereinten Nationen zu Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention um? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wird der Senat, wie vom UN-Ausschuss erwartet, eine sofortige Strategie mit Zeitzielen entwickeln und damit ein inklusives Bildungssystem in hoher Qualität - im Sinne der „Abschließenden Bemerkungen“ des CRPDAusschusses - schaffen? a) Wenn nein, warum nicht? Zu 1.: Der Senat arbeitet bereits seit 2009 an der Ent- wicklung eines inklusiven Bildungssystems. Die Vorlage eines Gesamtkonzeptes im Januar 2011 stellte dabei einen wichtigen Schritt dar, dessen Überarbeitung vom Abge- ordnetenhaus eingefordert wurde. Es bildet neben den Empfehlungen des Beirats „Inklusive Schule in Berlin“ eine wichtige Grundlage für die bereits entwickelten bzw. noch zu entwickelnden Teilkonzepte. Mit der Vorlage des Berichts an den Hauptausschuss über „Inklusion - Bericht über Eckpunkte der nächsten Abschnitte (Empfehlungen des Beirats für Inklusion) und vorhandene Modellprojek- te“ (Rote Nr. 1166 G) hat die Senatsverwaltung für Bildung , Jugend und Wissenschaft dargelegt, welche Maß- nahmen in den kommenden Jahren unter Berücksichti- gung der haushaltsmäßigen Möglichkeiten umgesetzt werden sollen. Durch den partizipativen Prozess, in dem die o.g. Teilkonzepte entstanden sind bzw. entstehen und in den die für die Entwicklung der inklusiven Schulen gesellschaftlich und fachlich relevanten Gruppen einbe- zogen waren, sind und werden, wird ein hohes Maß an Akzeptanz bei den Beteiligten erreicht. Allerdings benöti- gen solche Prozesse auch deutlich mehr Zeit als die Ent- wicklung von Konzepten durch einzelne Personen oder in kleinen Gruppen. 2. Wird der Senat die dringende Empfehlung des CRPD-Ausschusses berücksichtigen und den Abbau des Sonderschulsystems verbindlich und zeitnah angehen, um Inklusion überhaupt erst zu ermöglichen? a) Wenn nein, warum nicht? 5. Was leitet der Senat aus der im Parallelbericht der Monitoring-Stelle geäußerten Kritik ab, die auch der CRPD-Ausschuss aufgreift, dass das Festhalten an einer Doppelstruktur den im Vertragsstaat erforderlichen Trans- formationsprozess behindert, in dessen Zuge die vorhan- denen Ressourcen und Kompetenzen der sonderpädagogi- schen Förderung in die allgemeine Schule verlagert wer- den könnten (vgl. Parallelbericht 2015, S.27)? 6. Welche Indikatoren machen aus Sicht des Senates deutlich, dass nicht prioritär in Förderschulen investiert wird, was zu Lasten der inklusiven Bildung geht, sondern einen Transformationsprozess angesteuert wird, der weg von der Separation hin zur Inklusion geht? Zu 2., 5. und 6.: Nein. Der Senat ist der Auffassung, dass zu einem inklusiven Schulsystem auch die freie Schulwahl für die Erziehungsberechtigten von Schülerin- nen und Schülern mit Behinderungen gehört. In der Ver- gangenheit hat sich im Übrigen gezeigt, dass trotz der Beibehaltung des Systems der Schulen mit sonderpädago- gischem Förderschwerpunkt die Zahl der dort unterrichte- ten Schülerinnen und Schüler rückläufig ist, während in der Integration ein Aufwuchs zu verzeichnen ist. Insofern ist für den Senat der Indikator für den Weg zur inklusiven Schule die von Jahr zu Jahr wachsende Integrationsquote bei gleichzeitig rückläufigen Zahlen von Schülerinnen und Schüler an den Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt. 3. Wie interpretiert der Senat die Kritik des CRPD- Ausschusses, der gravierende Versäumnisse bei der Um- setzung von Artikel 24 der UN-Behindertenrechts- konvention sieht und insbesondere eine entsprechende Ausstattung der allgemeinbildenden Schulen fordert? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 090 2 Zu 3.: Die vom Ausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD-Ausschuss) geäu- ßerte Kritik bezieht sich verallgemeinernd auf alle Länder der Bundesrepublik Deutschland. Berlin steht bei der Entwicklung eines inklusiven Schulsystems im Vergleich zu den anderen Bundesländern mit an der Spitze. Insofern trifft die allgemeine Kritik nicht unbedingt auch auf das Berliner Schulsystem zu. Der Senat trifft auch kurzfristig Maßnahmen, die Integration von Schülerinnen und Schü- lern mit sonderpädagogischem Förderbedarf bedarfsge- recht auszustatten. Die mit dem Nachtragshaushalt 2015 verbundene Stellenaufstockung im Bereich der sonderpä- dagogischen Förderung von 240 Vollzeiteinheiten (VZE) stellt eine solche Maßnahme dar, die zu einer nahezu bedarfsgerechten Ausstattung im Bereich der sonderpäda- gogischen Integration an den allgemeinen Schulen führen wird. Weitere Ausstattungsveränderungen werden im Entwurf des Senats für den Doppelhaushalt 2016/2017 erkennbar sein. 4. Wir geht der Senat mit der Äußerung der Monito- ring-Stelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte um, die in ihrem Parallelbericht zur Staatenberichtsprü- fung ausführt, dass kein Bundesland die Rechtsvorgaben inklusiver Bildung hinreichend entwickelt hat? Zu 4.: Der Senat nimmt die Ausführungen zur Kennt- nis. Berlin, den 08. Mai 2015 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2015)