Drucksache 17 / 16 100 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 28. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. April 2015) und Antwort Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit – wie stellt sich die Situation in den Justizvollzugsanstalten dar? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele „dauerkranke/langzeiterkrankte“ Beamte des in den Berliner Justizvollzuganstalten eingesetzten allgemeinen Vollzugsdienstes gab bzw. gibt es (nach Jahren aufgeschlüsselt ab 2010)? Zu 1.: Statistisch erfasst wird die Dauer von Erkran- kungen. Dauer- oder Langzeiterkrankungen werden nicht gesondert erfasst. 2. Wie viele Beamte des in den Berliner Justizvoll- zugsanstalten eingesetzten allgemeinen Vollzugsdienstes sind wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden (nach Jahren aufgeschlüsselt ab 2010)? Zu 2.: Die hierzu erhobenen Daten bitte ich der nach- folgenden Tabelle zu entnehmen: Justizvollzugsanstalt (JVA) 2010 2011 2012 2013 2014 JVA Moabit 16 9 3 2 2 JVA Tegel 3 3 3 3 5 JVA Plötzensee 3 3 2 4 2 Jugendstrafanstalt Berlin 4 0 1 1 0 JVA für Frauen Berlin 2 2 4 3 3 *JVA Charlottenburg 3 2 0 JVA des Offenen Vollzuges Berlin 3 1 1 0 0 Jugendarrestanstalt Berlin 0 0 0 1 1 *Justizvollzugskrankenhaus Berlin 0 0 0 *JVA Heidering 0 0 Insgesamt: 34 20 14 14 13 *Für die JVA Heidering werden die Daten erst seit ihrer Eröffnung im Jahr 2013 erhoben, die Zahlen für die JVA Charlottenburg und das Justizvollzugskrankenhaus Berlin werden aufgrund der zum 1. Januar 2013 erfolgten Verschmelzung zur JVA Plötzensee nur noch bis zum 31. Dezember 2012 einzeln ausgewiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 100 2 3. Wie hoch ist dabei die Anzahl derer, die zum Zeit- punkt der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstun- fähigkeit noch nicht das 30., das 40. bzw. das 50. Lebens- jahr vollendet hatten (Angabe bitte in absoluten Zahlen und Prozentangaben)? Zu 3.: Die Zahlen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: 2010 2011 2012 2013 2014 Gesamt 34 20 14 14 13 Davon: Bis Vollendung 30. Lebensjahr 0 0 0 0 0 in % 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 31. bis Vollendung 40.Lebensjahr 5 3 1 2 2 in % 14,7 15,0 7,1 14,3 15,4 41. bis Vollendung 50.Lebensjahr 13 7 7 3 3 in % 38,2 35,0 50,0 21,4 23,08 4. In wie vielen Fällen erfolgte eine Wiederverwen- dung aus dem Ruhestand? Zu 4.: In der Justizvollzugsanstalt Heidering erfolgte die Verwendung eines Beamten des allgemeinen Justiz- vollzugsdienstes aus dem Ruhestand, in der Justizvoll- zugsanstalt Tegel wurden zwei Beamte aus dem Ruhe- stand wiederverwendet. 5. Wie stellt sich das Verfahren der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit dar? Zu 5.: Bei Zweifeln an der Dienstfähigkeit einer Be- amtin oder eines Beamten im allgemeinen Justizvollzugs- dienst wird gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusge- setz (BeamtStG) in Verbindung mit §§ 105, 107 Landes- beamtengesetz (LBG) die Zentrale Medizinische Gutach- tenstelle (ZMGA) beim Landesamt für Gesundheit und Soziales mit einer amtsärztlichen Begutachtung der Be- amtin oder des Beamten beauftragt. Aus dem Ergebnis der Begutachtung ergeben sich die nachfolgend beschriebenen weiteren Verfahrensschritte: Wird aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme ei- ne Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb von zwei Jahren ausgeschlossen (Justizvollzugsdienstunfähig- keit) und ist eine anderweitige Verwendung (z. B. nach einem Laufbahnwechsel in den Verwaltungsdienst) eben- falls nicht möglich, wird die Beamtin oder der Beamte gemäß § 41 LBG in den Ruhestand versetzt. Ergibt sich aus dem amtsärztlichen Gutachten dagegen ein sogenanntes „positives Restleistungsvermögen“ (funktionsbezogene Dienstfähigkeit), wird eine Einsatzmög- lichkeit im allgemeinen Justizvollzugsdienst auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz - unter Berücksichtigung der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen - geprüft und die Beamtin oder der Beamte ggf. dort einge- setzt. Liegt zwar einerseits eine Justizvollzugsdienstunfä- higkeit vor, andererseits besteht jedoch eine allgemeine Dienstfähigkeit gemäß § 39 Absatz 1 LBG, ist zu prüfen, ob eine anderweitige Verwendung der Beamtin oder des Beamten in Betracht kommt und hierfür die Befähigung - zum Beispiel für eine Versetzung in ein Amt einer ande- ren Laufbahn (unter anderem in den mittleren nichttechni- schen Dienst der allgemeinen Verwaltung) - vorliegt. Bei Bedarf ist der Beamtin oder dem Beamten Gelegenheit zur Teilnahme an Lehrgängen und Lehrveranstaltungen für den Befähigungserwerb zu geben und der Laufbahn- wechsel zu veranlassen. Sind alle vorgenannten Möglichkeiten erfolglos oder stehen gesundheitliche oder zwingende dienstliche Grün- de für die weitere dienstliche Verwendung der Beamtin oder des Beamten entgegen, wird das Zurruhesetzungs- verfahren eingeleitet. Über die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand wird die Beamtin oder der Beamte in Kenntnis gesetzt und ihr oder ihm Gelegenheit zur Äuße- rung gegeben. Die Beteiligungsrechte der Beschäftigten- vertretungen nach Sozialgesetzbuch IX, Landesgleichstel- lungsgesetz und Personalvertretungsgesetz werden beach- tet. Soweit auch nach Würdigung der Äußerung der Be- amtin oder des Beamten und der Beschäftigtenvertretun- gen die Voraussetzungen für die Zurruhesetzung gegeben sind, wird der Zurruhesetzungsbescheid erlassen. Die Zurruhesetzung erfolgt mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid der Beamtin oder dem Beamten zugestellt wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 100 3 6. Welche Rechtsvorschriften sind für die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit relevant? Zu 6.: In § 26 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) wird geregelt, dass Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen sind, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Grün- den zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Die §§ 38 bis 47 LBG behandeln die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Die Versetzung in den Ruhestand ist entweder auf An- trag (§ 40 LBG) oder von Amts wegen (§ 41 LBG) mög- lich. Für den allgemeinen Justizvollzugsdienst kommen überdies die §§ 105 und 107 LBG zur Anwendung. 7. Gibt es nach Auffassung des Senats Auffälligkeiten bei der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfä- higkeit des hier abgefragten Personenkreises und wenn ja, welche Schlussfolgerungen werden gezogen? Zu 7.: Soweit mit dieser Frage das Verfahren zur Ver- setzung von Beamtinnen und Beamten des allgemeinen Justizvollzugsdienstes in den Ruhestand gemeint ist, ist festzustellen, dass sich dieses in der Praxis als sehr lang- wierig erweist. Gründe hierfür liegen zum einen in den genannten rechtlichen Vorgaben und notwendigen Prüf- und Verfahrensschritten, zum anderen an den erheblichen Bearbeitungszeiten, die im Zusammenhang mit den amts- ärztlichen Begutachtungen entstehen. 8. Wie lange war ein wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter Beamter zuvor krankgeschrieben (bitte Durchschnitt, Median sowie kürzeste und längste Zeit angeben; nach Jahren aufgeschlüsselt ab 2010)? 9. Wie lange sind Stellen von wegen Dienstunfähig- keit in den Ruhestand versetzten Beamten faktisch bzw. tatsächlich unbesetzt gewesen (Beginn des Zeitraums ist der 1. Tag der Abwesenheit des später in den Ruhestand versetzten Beamten, Ende des Zeitraums ist der letzte Tag vor der Neubesetzung dieser Stelle; nach Jahren aufge- schlüsselt ab 2010)? 10. Wie lange war die Stelle des in den Ruhestand versetzten Beamten, nach seiner Versetzung in den Ruhe- stand unbesetzt (bitte Durchschnitt, Median sowie kürzes- te und längste Zeit angeben; nach Jahren aufgeschlüsselt ab 2010)? Zu 8. bis 10.: Eine Beantwortung dieser Fragen ist nicht möglich, da hierzu keine validen statistischen Erhe- bungen über alle Justizvollzugsanstalten geführt werden. Berlin, den 18. Mai 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Mai 2015)