Drucksache 17 / 16 130 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 30. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mai 2015) und Antwort Berliner Polizeisanitäter*innen mit taktischer List? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Rettungssanitäter*innen und Not- ärzt*innen im Polizeidienst, die zusammen mit Einsatz- hundertschaften der Bereitschaftspolizeiabteilungen oder örtlichen Direktionen zum Einsatz kommen, sind jeweils in welchen Untergliederungseinheiten der Berliner Polizei tätig? Zu 1.: Diese Frage kann öffentlich nicht beantwortet werden. Die Anzahl der Rettungssanitäterinnen und Ret- tungssanitäter sowie Notärztinnen und Notärzte, die der Berliner Polizei zur Verfügung stehen, ist eine Angabe mit taktischer Relevanz. Durch die Kenntnis der genauen Anzahl kann die Leistungsfähigkeit der Polizei bei der Versorgung der Dienstkräfte durch Dritte eingeschätzt und dieses Wissen zum Nachteil der Polizei ausgenutzt werden. 2. Sind die unter 1. genannten Rettungssanitä- ter*innen und Notärzt*innen in jedem Fall als Polizeibe- amt*innen gekennzeichnet, wenn ja, wie genau? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen Einsatzbekleidung beziehungsweise die entsprechende Kleidung einer Sanitäterin, eines Sanitäters bzw. einer Notärztin, eines Notarztes (rote Hose, rote Jacke), die jeweils mit dem Hoheitszeichen versehen sind. 3. Führen die unter 1. genannten Rettungssanitä- ter*innen und Notärzt*innen im Einsatz Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und insbesondere Waffen bei sich? Wenn ja, welche? Zu 3.: Da alle Rettungssanitäterinnen und Rettungssa- nitäter Exekutivbeamtinnen und Exekutivbeamte sind, führen sie obligatorisch im Einsatz auch eine Waffe mit. Die Notärztinnen und Notärzte sind nicht bewaffnet. 4. In wie vielen Fällen kam es jeweils in den Jahren 2011 bis 2015 zur Anwendung von unmittelbarem Zwang (Schmerzgriffe, Pfefferspray, Mehrzweckschlagstock etc.) durch die unter 1. genannten Rettungssanitäter*innen und Notärzt*innen? (Bitte jeweils nach Jahr, Anzahl und Formen des unmittelbaren Zwangs aufschlüsseln.) 5. Wie oft erfolgte die Anwendung von unmittelba- rem Zwang gegenüber Personen die von den Rettungssa- nitäter*innen und Notärzt*innen behandelt wurden? (Bitte jeweils nach Jahr, Anzahl und Formen des unmittelbaren Zwangs aufschlüsseln.) Zu 4. und 5.: Die Kernaufgabe der Sanitätskräfte der Berliner Polizei besteht darin, Polizeikräfte im Einsatz medizinisch zu versorgen. Somit ergeben sich Anwen- dungen des unmittelbaren Zwangs grundsätzlich nicht. Über die Zugriffe von Sanitätskräften in den Einsatzein- heiten wird keine Statistik geführt, so dass hierzu keine Aussage getroffen werden kann. 6. Werden Personen vor ihrer medizinischen Behand- lung durch die unter 1. genannten Rettungssanitäter*innen und Notärzt*innen in jedem Fall darüber informiert, dass sie von Polizeibeamt*innen behandelt werden? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Zu 6.: Es gibt keine rechtliche Grundlage, die vor- sieht, dass sich eine Rettungssanitäterin oder ein Ret- tungssanitäter vor der Behandlung einer Verletzen oder eines Verletzten ausweisen muss bzw. sich besonders kenntlich zu machen hat. Die Zugehörigkeit zur Polizei ist durch die Hoheitszeichen zu erkennen. 7. Sind die unter 1. genannten Rettungssanitä- ter*innen und Notärzt*innen an die ärztliche Verschwie- genheitspflicht nach §203 Abs. 1 StGB gebunden? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, unter welchen genauen Voraussetzungen gelten für sie Ausnahmen von der Ver- schwiegenheitspflicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 130 2 Zu 7.: Notärztinnen, Notärzte sowie Rettungssanitäte- rinnen und Rettungssanitäter unterliegen aufgrund ihrer Angehörigkeit zu Heilberufen gemäß § 203 Abs.1 Nr.1 Strafgesetzbuch (StGB) grundsätzlich der Schweige- pflicht. Sie sind daher grundsätzlich nicht zur Offenba- rung fremder Geheimnisse befugt, die ihnen in ihrer Ei- genschaft als Ärztin bzw. Arzt oder Rettungssanitäterin bzw. Rettungssanitäter anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Im Fall einer Polizeizugehörigkeit kann sich darüber hinaus eine Schweigepflicht nach § 203 Abs.2 S.1 Nr.1, 2 StGB aus der Eigenschaft als Amtsträ- gerin oder Amtsträger oder sonst für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten ergeben. 8. Ist durch die unter 1. genannten Rettungssanitä- ter*innen und Notärzt*innen der Grundsatz der medizini- schen Versorgung von Personen gewährleistet, die einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verdächtig sind? Wenn ja wie genau? Zu 8.: Die primäre Aufgabe der Sanitätskräfte der Po- lizei Berlin ist die medizinische Versorgung von Polizei- kräften im Einsatz (siehe auch Antwort zu 4. und 5.). Die Notwendigkeit der Hilfeleistung für andere Personen im Einsatz ergibt sich aus §5 des Gesetzes über die Anwen- dung unmittelbaren Zwangs bei der Ausübung öffentli- cher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin (UZwG). Danach ist dem bei der Anwendung unmittelba- ren Zwanges Verletzten Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen, sobald es die Lage zulässt. Unabhängig davon gilt die „Jedermannspflicht“ zur Hilfeleistung in Unglücksfällen oder in gemeiner Not. Bei ausgebildetem Rettungsdienstpersonal kann zudem eine Garantenstellung bestehen, die zu einem über die „Jedermannspflicht “ hinausgehenden Handeln verpflichtet. Bedürfen Personen, denen im täglichen Dienst der Po- lizei aufgrund des Verdachts einer Straftat oder Ord- nungswidrigkeit die Freiheit entzogen wurde, der medizi- nischen Versorgung, werden dafür regelmäßig die auch der Öffentlichkeit zugänglichen Krankenhäuser oder die allgemeinen Rettungsdienste genutzt. 9. Welche konkreten dienstlichen Anweisungen und Vorschriften für den Einsatz der unter 1. genannten Poli- zeidienstkräfte regeln die Sicherstellung dieser medizini- schen Versorgung? Zu 9.: Die Aufgaben der Sanitätskräfte in der Berliner Polizei sind durch die Geschäftsanweisung der Zentralen Service Einheit (ZSE) I Nr. 01/2007 geregelt. Diese be- zieht sich auch auf weitere Polizeidienstvorschriften und Leitfäden, in denen das Verhalten der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten geregelt ist. Entsprechend § 1 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über den Rettungsdienst für das Land Berlin (RDG) gilt dieses Gesetz nicht für den Sanitätsdienst der Polizei, der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes. Die Regelun- gen des RDG sind für den Sanitätsdienst der Polizei daher nicht bindend. 10. Wie viele Kraftfahrzeuge werden von den unter 1. genannten Rettungssanitäter*innen und Notärzt*innen jeweils in welchen konkreten Untergliederungseinheiten der Berliner Polizei jeweils genutzt? Zu 10.: Auf die Antwort zu 1. wird verwiesen 11. Sind alle Kraftfahrzeuge von unter 1. genannten Rettungssanitäter*innen und Notärzt*innen neben ihrer Kenntlichmachung als Sanitätsfahrzeuge äußerlich auch als Fahrzeuge der Berliner Polizei erkennbar und von zivilen Sanitätsfahrzeugen auf Anhieb unterscheidbar? Wenn ja, wie durch welche Schriftzüge und Symbole in welcher Größe genau jeweils? Wenn nein, warum nicht? Zu 11.: Die Fahrzeuge sind jeweils mit dem Polizeis- tern an den Türen versehen, ähneln allerdings in der Farbe anderen Rettungsfahrzeugen (beige/ rot). 12. Inwiefern genau würde das öffentliche Bekannt- werden der genauen Anzahl der Rettungssanitäter*innen und Notärzt*innen und der Sanitätsfahrzeuge der Einsatz- hundertschaften dem Land Berlin „schwerwiegende Nachteile“ bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Allgemeinwohls führen, wie vom Polizei- präsidium in dem Bescheid auf den IFG-Antrag vom 17. März 2015 [#8899] ausgeführt? Zu 12.: Es besteht die Gefahr, dass die gesetzlich übertragene Aufgabe der Polizei zur Gefahrenabwehr und zur Strafverfolgung nicht mehr erfüllt werden kann. Wenn in Gefährdungslagen die Polizei eines Landes auf Grund von Störmaßnahmen diese Aufgaben nicht mehr oder nur teilweise umsetzen könnte, ist auch eine Gefährdung der inneren Sicherheit zu erwarten. Deshalb kommt auch hier eine öffentliche Bekanntgabe nicht in Betracht. Berlin, den 18. Mai 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2015)