Drucksache 17 / 16 155 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Wolf (LINKE) vom 06. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mai 2015) und Antwort Rummelsburger See in Landeshand? (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In der Beantwortung meiner Schriftlichen Anfrage „Rummelsburger See in Landeshand“ (Drs. 17/15734) heißt es, dass das Land Berlin mit Schreiben vom 9.10.2000 „den Bund (…) gebeten hat, auch ergänzende Bestandsänderungen weiterer Gewässer (z.B. Rummelsburger See, Neuköllner Schifffahrtskanal) zu überdenken.“ Ist dies so zu verstehen, dass das Land damals erwogen hat, den Rummelsburger See in Landesei- gentum zu übernehmen, oder an welche „Bestandsänderungen “ dachte der Senat damals? Antwort zu 1: Aus dem vorliegenden Schriftverkehr aus dem Jahr 2000 kann entnommen werden, dass das Land Berlin zum damaligen Zeitpunkt einen Tausch des landeseigenen Neuköllner Schifffahrtskanals mit der Schleuse Neukölln gegen den Rummelsburger See für denkbar gehalten hat. Frage 2: In der Antwort auf meine o.g. Anfrage heißt es, „dass das Land Berlin für die Übernahme des Rummelsburger Sees den vollen Marktwert bezahlen müsste“. Welchen Markt gibt es nach Ansicht des Senats für den Rummelsburger See? Ist die Aussage des Senats, dass „hierbei (…) die kapitalisierten Kosten unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer ermittelt werden“ so zu verstehen , dass die so kapitalisierten Kosten einen Marktwert ergeben? Oder müssten die kapitalisierten Kosten nicht von einem wie auch immer ermittelten Marktwert abge- zogen werden? Wenn nein, wie ist die Aussage dann zu verstehen? Frage 3: Müsste eine sinngemäße Anwendung der Ab- löserichtlinie des Bundes nicht bedeuten, dass dem Land mit dem Übergang des Rummelsburger Sees in Landesei- gentum und dem damit verbundenen Übergang der Lasten einen Ablösebetrag seitens des Bundes zu zahlen ist, der sich aus den kapitalisierten Kosten unter Berücksichti- gung der Nutzungsdauer ergibt? Wenn nein, wie erklärt sich der Senat, dass der Bund dem Land Brandenburg für eine Übernahme der Teupitzer und Rheinsberger Gewäs- ser und der damit verbundenen Übernahme der Unter- haltspflicht durch Brandenburg anbot, einen abgezinsten Ablösebetrag für eine Erhaltung der Schiffbarkeit über 100 Jahre zu zahlen? (vgl. Landtag Brandenburg, 5. Wahlperiode, Drucksache 5/7097, Antwort auf die Kleine Anfrage 2713 des Abgeordneten Axel Vogel, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Antwort zu 2 und 3: In dem Schreiben der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost vom 19.03.2008 heißt es wörtlich: „die Berechnungen der Ablösesumme zum Rummelsburger See haben ergeben, dass die Einnahmen gegenüber den Unterhaltungskosten überwiegen. Das bedeutet, dass der See von Ihnen zum vollen Marktwert erworben werden müsste. Den Kaufpreis habe ich bisher nicht ermittelt.“ Da das Land Berlin zu diesem Zeitpunkt an einer Übernahme von Bundesgewässern nicht mehr interessiert war, wurden bei der Wasser- und Schifffahrts- direktion Ost keine Werte zur Ablösung oder zum Kauf- preis abgefragt. Eine Übernahme zusätzlicher Gewässer war bereits zu dem damaligen Zeitpunkt aus personellen Gründen grundsätzlich auszuschließen. Während die Gewässerun- terhaltung und der Wasserbau im Jahr 2000 noch über 72 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügte, hat sich die Anzahl nach der Neuorganisation der bauenden Bereich im Jahre 2003 auf heute 15 Personen reduziert. Mit die- sem drastisch verringerten Personal ist es nicht möglich, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Frage 4: In welchem Umfang würden die vom Senat in der Antwort auf die o.g. Anfrage benannten Nachteile eintreten, und welche finanziellen Aufwendungen wären damit verbunden? Konkret: a) Wann und wie oft wäre eine schifffahrtsbedingte Räumung notwendig, welche Kosten wären damit schät- zungsweise verbunden? c) Welche Munitionssuchen und -bergungen müssen nach Ansicht des Senats in Zukunft angesichts der Tatsa- che, dass Anfang der 2000er Jahre eine umfangreiche Munitionssuche und -bergung stattgefunden hat, durchge- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 155 2 führt werden? Welche Kosten wären damit schätzungs- weise verbunden? d) Welche schifffahrtsbedingten Schäden sind in den letzten zehn Jahren entstanden und welche hat das Was- ser- und Schifffahrtsamt beseitigt? Von welchen schiff- fahrtsbedingten Schäden geht der Senat für die Zukunft aus? e) Teilt der Senat die Auffassung, dass die Verpach- tung von Wasserflächen in der Zukunft reduziert werden sollte und damit der personelle Aufwand dafür zu ver- nachlässigen sein dürfte? f) Wie viele wasserbaulichen Anlagen wurden in den letzten zehn Jahren genehmigt, von wie vielen Genehmi- gungsvorgängen geht der Senat in der Zukunft aus? Wel- che finanziellen Aufwendungen sind damit schätzungs- weise verbunden? g) Ist dem Senat bekannt, dass die Wasser- und Schiff- fahrtsdirektion des Bundes in den letzten fünf Jahren keine Unterhaltsmaßnahmen am Rummelsburger unter- nommen hat und auch für die nächsten fünf Jahre keine Unterhaltsmaßnahmen plant, da der Rummelsburger See für die Schifffahrt keine Bedeutung hat (vgl. Antwort des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruk- tur auf eine Berichtsanforderung der Bundestagsabgeord- neten Gesine Lötzsch vom 11.2.2015)? Hält der Senat im Gegensatz zur Bundesregierung Unterhaltsmaßnahmen in den nächsten fünf Jahren für notwendig und wenn ja, in welchem Umfang? Antwort zu 4: a) Zur Verkehrssicherung muss die Gewässersohle mindestens ein Mal pro Jahr auf Untiefen und Hindernisse gepeilt werden. Dabei werden Hindernisse, wie Fahrräder, Motorräder, Tresore, Müll und andere Hindernisse ge- räumt, damit die Bürgerinnen und Bürger das Gewässer gefahrlos nutzen können und Schadensersatzforderungen gegen den Gewässereigentümer abgewendet werden kön- nen. Je nach Müllanfall werden die Kosten für die Ver- kehrssicherungspeilungen und Räumungen des rund 350.000 m² großen Sees auf bis zu 50.000 EURO/Jahr geschätzt. c) Im Rahmen der weiteren Sanierung des Sees müs- sen die noch nicht abgesuchten Ränder des Sees beim Einbringen zum Beispiel von Spundwänden auf Munition abgesucht werden. Bei Kosten von 100 EURO/m² werden hierfür schätzungsweise ein bis zwei Millionen EURO benötigt. Genauere Angaben lassen sich erst nach Ab- schluss der Sanierungsplanungen berechnen. d) Die schifffahrtsbedingten Schäden der letzten Jahre sind dem Land Berlin nicht bekannt, da der Rummelsbur- ger See von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes unterhalten wird. Künftige schiffahrtsbedingte Schäden können durch Anfahrungen und Schäden an den Ufereinfassungen, Ausspülungen durch Schraubenstrahl und Wellen an den Wasserbauwerken oder beispielsweise auch gesunkene Wasserfahrzeuge entstehen. Die Scha- denshöhe kann nicht abgeschätzt werden, da es sich um unvorhersehbare Ereignisse handelt. e) Eine Reduzierung der Verpachtung von Wasserflä- chen am Rummelsburger See wäre aus Sicht der Gewäs- serunterhaltung wünschenswert. Für die räumliche und strukturelle Gesamtentwicklung des Bereiches ist eine differenziertere Betrachtung anzustellen. f) Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt führt über wasserrechtlich genehmigte wasser- bauliche Anlagen keine Statistik. Die Anzahl zukünftiger Genehmigungsanträge sowie deren finanzielle Aufwen- dungen sind nicht vorhersehbar. g) Art und Umfang der Unterhaltungsarbeiten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes am Rummelsburger See sind hier nicht bekannt. Aus Sicht des Landes Berlin sind in dem Gewässer mindestens die unter a) genannten Verkehrssicherheitskontrollen und Räumungen durchzuführen, um eine Gefährdung der Nutzerinnen und Nutzer auszuschließen. Frage 5: Hat der Senat nach meiner o.g. Anfrage ver- sucht, die offensichtlichen Widersprüche zwischen den Aussagen des Bundesministeriums für Verkehr und digi- tale Infrastruktur in der o.g. Antwort an die Bundestags- abgeordnete Lötzsch und der Antwort des Senats aufzu- klären? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 5: Aus Sicht des Senats gibt es keine Wi- dersprüche, sondern allenfalls unterschiedliche Interes- senlagen zwischen Bund und Land. Berlin, den 21. Mai 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mai 2015)