Drucksache 17 / 16 164 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 30. April 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2015) und Antwort Staatsvertrag zum gemeinsamen Jugendarrest zwischen Berlin und Brandenburg Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Regelungen sieht der Staatsvertrag zwi- schen Berlin und Brandenburg konkret vor? Zu 1.: Die Fachabteilungen des Ministeriums der Jus- tiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg sowie der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Berlin haben den Entwurf eines Staatsvertrags über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Jugendarrestanstalt abgestimmt. Die Minister haben diesen Entwurf in einer gemeinsamen Pressekonferenz am 24. April 2015 vorgestellt und ihren bereits am 11. September 2014 geäußerten übereinstim- menden Willen bekräftigt. Der Entwurf des Staatsvertrags sieht vor, dass der Vollzug des gemeinsamen Jugendarrests in den bereits vorhandenen Räumlichkeiten der Jugendarrestanstalt Berlin-Lichtenrade erfolgen soll. Die Arrestanstalt Berlin-Lichtenrade verfügt über ins- gesamt 60 Arrestplätze. Die Verteilung dieser 60 Arrest- plätze soll in der Weise erfolgen, dass dem Land Berlin 50 und dem Land Brandenburg 10 Arrestplätze pauschal zur Belegung zur Verfügung stehen. Außerdem können von beiden Ländern bei Bedarf darüber hinausgehende Arrestplätze zu Lasten der insgesamt verfügbaren Plätze beansprucht werden. 2. Welche Gründe haben den Senat bewogen, den Staatsvertrag auszuhandeln? Zu 2.: Der Staatsvertrags-Entwurf sieht einen sozial- pädagogisch ausgerichteten Vollzugsverbund für den Jugendarrest vor, durch dessen gemeinsame Errichtung und Betrieb Synergieeffekte erzielt, weitere unterstützen- de Netzwerke aufgebaut, in beiden Ländern bereits beste- hende Ressourcen besser genutzt und die Qualität der fachlichen Arbeit insgesamt weiter verbessert werden soll. 3. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Berli- ner Jugendarrestanstalt mit 60 Plätzen und wie vielen Bediensteten, mit welchen jährlichen Kosten rechnet der Senat für den gemeinsamen Jugendarrest und wie werden diese Kosten auf Berlin und Brandenburg aufgeteilt? Zu 3.: Die jährlichen Gesamtausgaben für die Jugend- arrestanstalt werden bei 60 Arrestplätzen für das Jahr 2015 auf rund € 2.100.000,00 geschätzt. Die Kostenverteilung erfolgt im Verhältnis der Belegungsrechte von 50 (Berlin) zu 10 (Brandenburg). Auf dieser Grundlage wäre der geschätzte jährliche Anteil für das Land Brandenburg bei rund € 350.000,00 anzusiedeln. 4. Wie viele Berliner Jugendliche saßen in den einzel- nen Monaten der Jahre 2013, 2014 und im 1. Quartal 2015 in der Berliner Jugendarrestanstalt? Zu 4.: Für die einzelnen Monate der Jahre 2013, 2014 und für Januar bis April 2015 ergeben sich die folgenden Belegungszahlen für den Berliner Jugendarrest: Jahr Monat Durchschnitts- belegung Höchste Tagesbelegung 2013 Januar 19,03 42 Februar 23,29 46 März 19,09 32 April 18 28 Mai 12,93 21 Juni 16,77 24 Juli 16,78 22 August 20,75 33 September 15,27 28 Oktober 18,32 30 November 20,5 33 Dezember 16,29 35 2014 Januar 21,13 35 Februar 25,93 37 März 15,29 24 April 17,13 26 Mai 19,81 33 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 164 2 Juni 17,23 24 Juli 19,74 31 August 17,35 22 September 15,07 23 Oktober 18,48 27 November 18,54 29 Dezember 5,48 20 2015 Januar 20,39 38 Februar 20,96 34 März 21,52 31 April 14,4 20 5. Wie stellt der Senat sicher, dass der Staatsvertrag keine Auswirkungen auf die Ausgestaltung des Berliner Jugendarrests haben wird hinsichtlich des Jugendarrest- vollzugsgesetz Brandenburgs? Zu 5.: Der Entwurf des Staatsvertrags sieht ausdrück- lich vor, dass der Vollzug des Jugendarrests in der ge- meinsamen Anstalt auf der Grundlage der bundesgesetzli- chen Bestimmungen und der im Land Berlin geltenden gesetzlichen Regelungen erfolgen wird. Sozialpädagogi- sche Grundsätze des Brandenburger Jugendarrestgesetzes finden dabei Berücksichtigung. 6. Rechnet der Senat damit, dass die Plätze in der Ber- liner Jugendarrestanstalt zukünftig voll belegt sein wer- den, wenn Brandenburger Jugendliche aufgenommen werden und Jugendrichter möglicherweise häufiger Ju- gend- und Warnschussarrest verhängen und wie wird verhindert, dass an alte Zeiten angeknüpft wird, als Ju- gendliche ihren Arrest aufgrund von Vollbelegung nicht antreten konnten? Zu 6.: Angesichts der unter 4. genannten Belegungs- zahlen im Berliner Arrestvollzug und der durchschnittli- chen Belegungszahl von unter 10 Arrestierten und Höchstzahlen von maximal 12 Arrestierten im Branden- burger Arrestvollzug in den letzten Jahren ist bei einer Belegungskapazität von 60 Arrestplätzen mit einer Voll- belegung und dann erforderlich werdenden Abweisungen von zum Arrest Geladenen derzeit nicht zu rechnen. 7. Wann sorgt Justizsenator Heilmann dafür, dass Ber- liner Jugendliche ihren Arrest schneller als durchschnitt- lich 10 Wochen nach ihrem Arresturteil antreten und was unternimmt der Senator hierfür? 8. Trifft es zu, dass Justizsenator Heilmann sein in der Sitzung des Rechtsausschusses am 29. Februar 2012 ver- lautbartes selbstgestecktes Ziel nicht einhalten kann, die Spanne zwischen Verurteilung und Arrestantritt auf zwei Wochen zu reduzieren und wenn ja, was sind die Gründe hierfür? Zu 7. und 8.: Der Zeitraum zwischen der Verhängung des Arrests bis zur Ladung der Arrestierten wird beein- flusst durch ein umfangreiches, nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgestaltetes Verfahren, dessen einzelne Schritte sich allesamt auf den fraglichen Zeitraum aus- wirken und von der Senatsverwaltung für Justiz und Ver- braucherschutz nicht beeinflussbar sind. Im Einzelnen sind dies die folgenden Schritte: - Zunächst hat die entscheidende Richterin oder der entscheidende Richter nach Urteilsfällung fünf Wo- chen Zeit, ihr oder sein Urteil abzusetzen. Dieser Zeit- raum wird nicht selten ausgeschöpft. - Bei Richterinnen oder Richtern, welche die Urteilsgründe diktieren, liegt das Urteil zudem in der Schreibkanzlei zum Diktat. In diesen Fällen kommt es überwiegend zur Ausschöpfung der Fünf-Wochen-Frist. - Anschließend liegt das Urteil in der zentralen Schreibstelle des Gerichts für den Bundeszentralregister- Eintrag, geht dann zur Rechtspflegerin oder zum Rechts- pfleger und schließlich noch einmal zur Richterin oder zum Richter, die oder der nunmehr die Vollstreckung anordnet. - Danach gelangt das Urteil in die Vollstreckungsabteilung , wo unverzüglich die Ladungen zum Arrestan- tritt versandt werden. - Verlängernd auf den durchschnittlichen Zwischenzeitraum wirken sich überdies die statistisch mit erfassten Arrestierten aus, die von der Polizei aufgespürt und vorgeführt werden müssen und solche Arrestierte, die nicht auffindbar oder ohne festen Wohnsitz sind. Hinzu kommt, dass gegen Mittäterinnen und Mittäter in einem Urteil verhängte Arreste aus pädagogischen Gründen nie gleichzeitig, sondern immer nacheinander zur Ladung gelangen und vollstreckt werden. Auch diese Verzögerungen wirken sich statistisch auf den durch- schnittlichen Zwischenzeitraum aus. Zeitliche Verzöge- rungen haben schließlich die Arrestanordnungen auswär- tiger Amtsgerichte zur Folge. Hier sind die Vollstre- ckungshefte zum Teil lange unterwegs, so dass die La- dungen nicht zeitnah erfolgen können. Die Zielvorgabe von Senator Heilmann vom Februar 2012 ist wiederholt zum Anlass genommen worden, die Verfahrensschritte im Einzelnen zu betrachten und Abläu- fe gegebenenfalls zu optimieren. Berlin, den 26. Mai 2015 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mai 2015)