Drucksache 17 / 16 171 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 07. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2015) und Antwort Wann ist Berlins Luft sauber? (IX) - Wie viel Ruß kommt aus den Kleinfeuerungsanla- gen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Kleinfeuerungsanlagen, in denen Festfeuerstoffe verbrannt werden, gibt es in Berlin? 1. Wie viele davon in der Umweltzone? 2. Wie viele davon außerhalb der Umweltzone? Antwort zu 1: Nach Angaben der Schornsteinfegerin- nung gab es im Jahr 2012 in Berlin 88.760 Kleinfeue- rungsanlagen, in denen Festfeuerstoffe verbrannt werden. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Die Angaben liegen nur räumlich differenziert nach Postleitzahlen vor. 30.852 Festbrennstofffeuerungsanla- gen liegen in Gebieten, deren Postleitzahl auch Bereiche mit Umweltzone beinhaltet. Eine eindeutige Zuordnung zur Umweltzone kann damit nicht erfolgen, da die Gren- zen nicht übereinstimmen. Die angegebene Zahl der Anla- gen liegt daher über dem tatsächlichen Bestand in der Umweltzone. Frage 2: Wie haben sich die Emissionen der Berliner Kleinfeuerungsanlagen in den vergangenen zehn Jahren verändert? (Bitte um Auflistung der Werte in Menge und Prozent der Gesamtemission dieses Schadstoffes von Benzo[a]pyren, Feinstaub, Stickstoff) Antwort zu 2: Im Luftreinhalteplan 2011-2017 werden Emissionen aus Kleinfeuerungsanlagen für Ben- zo[a]pyren, Feinstaub (PM10) und Stickoxide in der Quellgruppe „Hausbrand“ angegeben. Diese Quellgruppe umfasst alle Emissionen aus nicht genehmigungsbedürfti- gen Feuerungsanlagen und damit Feuerungsanlagen für Gas, Heizöl und Festbrennstoffe. Benzo[a]pyren wird erst mit dem Emissionskataster 2009 separat ausgewiesen. Zusätzlich wurden in der Quellgruppe „sonstige Quellen“ auch Emissionen aus der „Holzverbrennung als Zusatzheizung in privaten Haushalten“ abgeschätzt. Die Emissionen wurden zuletzt für das Jahr 2009 bestimmt. Derzeit läuft eine Untersuchung zur Aktualisierung der Daten. Die folgenden Tabellen zeigen die Entwicklung der Emissionen seit 1989, wobei die Quelle „Holzverbrennung als Zusatzheizung“ erst mit dem Emissionskataster 2009 eingeführt wurde. Diese Angaben sind mit einer hohen Unsicherheit verbunden, da der Verbrauch von Holz als Brennstoff nur ungenau erfasst werden kann. Tabelle 1: Absolute Emissionen aus der Quellgruppe „Hausbrand“ und „sonstige Quellen – Holzverbrennung als Zusatzheizung in privaten Haushalten“ (nur für 2009) in Tonnen pro Jahr pro Schadstoff 1989 1994 2000 2002 2005 2009 Quellgruppe Hausbrand [t/a] Benzo[a]pyren 0,0815 Feinstaub PM10 2.693 1.148 131 132 96 95 Stickoxide 2.704 3.120 2.860 2.860 2.945 2.807 Quellgruppe Sonstige Quellen - Holzverbrennung als Zusatz- heizung in privaten Haushalten [t/a] Feinstaub PM10 360 Stickoxide 430 Tabelle 2: Relativer Anteil der Emissionen aus der Quellgruppe Hausbrand und „sonstige Quellen – Holzverbrennung als Zusatzheizung in privaten Haushalten (nur für 2009)“ an den Gesamtemissionen, Angaben in % an den Gesamtemissionen pro Schadstoff 1989 1994 2000 2002 2005 2009 Quellgruppe Hausbrand [%] Benzo[a]pyren 90 Feinstaub PM10 15,3 13,0 2,8 3,1 2,5 3,0 Stickoxide 3,9 7,4 11,0 13,1 14,5 14,0 Quellgruppe Sonstige Quellen - Holzverbrennung als Zu- satzheizung in privaten Haushalten [%] Feinstaub PM10 11,5 Stickoxide 2,3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 171 2 Der stärkste Rückgang der Feinstaubemissionen er- folgte in den Jahren 1989 bis 2000 durch den weitgehen- den Ersatz von Kohleheizungen durch emissionsärmere Heizungen. Die Stickoxidemissionen verblieben auf ei- nem gleichbleibenden Niveau. Allerdings muss berück- sichtigt werden, dass die beheizte Fläche von Wohn- und Arbeitsräumen seit 1990 um etwa 45 % gestiegen ist. Frage 3: Was sollten Nutzer von Kleinfeuerungsanla- gen zur Minderung von Luftschadstoffen beachten? Antwort zu 3: Kleinfeuerungsanlagen sollten mindes- tens einmal jährlich gewartet werden. Es sollte eine Ein- weisung in die richtige Bedienung und Steuerung der Anlage erfolgen. Für die Nutzung von Holzöfen ist zudem darauf zu achten, dass nur naturbelassenes, trockenes Holz in der richtigen Größe verwendet wird. Die Bedienung des Ofens, wie richtiges Anfeuern, Regelung der Luftzufuhr und das Nachlegen von Holz, hat starken Einfluss auf die Emission. Daher sollte eine Einweisung von der Schorn- steinfegerin oder vom Schornsteinfeger oder vom Ofen- bauer erfolgen. Aus Sicht der Luftreinhaltung ist eine Gasheizung die sauberste Kleinfeuerungsanlage. Soll trotzdem eine Holz- feuerungsanlage installiert werden, sollte eine emissions- arme Pelletfeuerung mit blauem Engel gewählt werden und die Anlage mit einem Partikelfilter ausgestattet sein bzw. eine Nachrüstung mit einem Staubabscheider ge- prüft werden. Frage 4: Was hat die Quantifizierung des Beitrags von Holzverbrennung zur Feinstaubbelastung in Berlin durch Staubinhaltsstoffanalysen (Levoglucosan) ergeben? Antwort zu 4: Die Untersuchung hat ergeben, dass im Winterhalbjahr im Mittel etwa 4 µg/m³ Feinstaub (PM10) auf Holzverbrennung zurückzuführen ist. Dies entspricht je nach Messstation etwa 10 bis 16 % der mittleren Feinstaubbelastung. Als Spitzenwert für einzelne Tage wurden 25 µg/m³ Feinstaub aus Holzverbrennung und ein Anteil von 48 % am gesamten PM10 gemessen. Die Auswertung der Daten hat zudem gezeigt, dass gerade in der Übergangszeit Holz in Zusatzheizungen verbrannt wird und bei niedrigen Temperaturen und bei Inversionswetterlagen mit schlechter Verdünnung der Abgase erhöhte Beiträge aus der Holzverbrennung auch zu erhöhten PM10-Werten führen. Eine Auswertung des Zusammenhangs zwischen der Feinstaubbelastung und der Windrichtung und –stärke hat in solchen Situationen keinen nennenswerten Transport von Schadstoffen über größere Entfernungen erkennen lassen. Die Schadstoffe aus der Holzverbrennung reichern sich somit in der Region an und führen lokal zu erhöhten Feinstaubwerten. Bei austauscharmen meteorologischen Bedingungen betrifft dies gleichzeitig und gleichmäßig ein größeres Gebiet wie Berlin und Brandenburg. Überre- gionaler Ferntransport von Feinstaub aus der Holzver- brennung aus anderen Regionen spielt somit nur eine nachgeordnete Rolle. Aufgrund der generell höheren Feinstaubbelastung an der innerstädtischen Verkehrsmessstelle Frankfurter Allee kann der Beitrag aus Holzverbrennung gerade dort zur Überschreitung des Tagesgrenzwertes führen. So hätten während der hoch belasteten Periode im Februar und März 2014 von den analysierten 13 Tagen, bei denen es 11 Überschreitungen des PM10-Tagesgrenzwertes gab, 4 bis 5 Überschreitungen vermieden werden können, wenn nicht mit Holz geheizt worden wäre. Frage 5: Wie viele alte Öfen und Kessel mit hohen Emissionen in Berlin müssen nach Bundesgesetz nachge- rüstet oder stillgelegt werden? 1. Welche Fristen sind einzuhalten? 2. Wie wird über dieses Bundesgesetz informiert? 3. Wie wird die Nachrüstung oder Stilllegung der Kleinfeuerungsanlagen kontrolliert? Antwort zu 5: Es liegen keine Daten vor, wie viele Öfen und Kessel mit hohen Emissionen nachgerüstet oder stillgelegt werden müssen. Für die Überprüfung der Öfen und die Feststellung, ob diese noch betrieben werden dürfen, sind die Schonsteinfeger zuständig. Antwort zu 5.1: Die Fristen sind in der hier maßge- benden 1. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzge- setz (1. BImSchV) in § 25 und 26 festgelegt. Demnach müssen bestehende Feuerungsanlagen (aus- genommen Einzelraumfeuerungsanlagen) für feste Brenn- stoffe die in § 5 der 1. BImSchV in Abhängigkeit vom Zeitpunkt ihrer Errichtung festgelegten Emissionsgrenz- werte der Stufe 1 ab den folgenden Zeitpunkten einhalten: Zeitpunkt der Errichtung der Heizung Zeitpunkt der Einhaltung der Grenzwerte der Stufe 1 des § 5 Absatz 1 Bis einschließlich 31.12.1994 1.1.2015 1.1.1995 – 31.12.2004 1.1.2019 1.1.2005 – 21.3.2010 1.1.2025 Für Feuerungsanlagen (ausgenommen Einzelraumfeu- erungsanlagen) für feste Brennstoffe mit einer Nennwär- meleistung von 4 Kilowatt und mehr, die ab dem 22. März 2010 und vor dem 1. Januar 2015 errichtet werden, gelten die Grenzwerte der Stufe 1 des § 5 Absatz 1 der 1. BImSchV nach dem 1. Januar 2015 weiter. Für Einzelraumfeuerungsanlagen, die vor dem 22.03.2010 errichtet wurden, gelten die in §26 Absatz 1 der 1. BImSchV festgelegten Emissionsgrenzwerte. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 171 3 Der Zeitpunkt, zu dem Einzelraumfeuerungsanlagen die Grenzwerte einhalten müssen, hängt vom Zeitpunkt der Typprüfung ab: Zeitpunkt der Typen- prüfung (laut Typen- schild) Zeitpunkt der Nachrüstung bzw. Außerbetriebnahme Vor dem 1.1.1975 oder Jahr der Typenprüfung nicht mehr feststellbar 31.12.2014 1.1.1975 – 31.12.1984 31.12.2017 1.1.1985 – 31.12.1994 31.12.2020 1.1.1995- 21.3.2010 31.12.2024 Antwort zu 5.2 und 5.3: Informiert und kontrolliert wird durch die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfe- ger/innen bzw. ausführenden Schornsteinfeger/innen vor Ort. Frage 6: Wie viele Kleinfeuerungsanlagen sind von der Verschärfung der Emissionsgrenzwerte durch die Novelle in der Bundesgesetzgebung ab 2015 betroffen? Antwort zu 6: Aufgrund fehlender statistischer Erhe- bungen liegen hierzu keine Daten vor. Anlagen der tech- nischen Gebäudeausrüstung sind gem. § 62 Bauordnung für Berlin (BauO Bln) verfahrensfrei, d.h. die Errichtung, Änderung oder Beseitigung dieser Anlagen ist den Bau- aufsichtsbehörden nicht vorzulegen. Frage 7: Wie viele Altanlagen im Leistungsbereich 4 bis 400 kW gibt es in Berlin? 1. Wie viele Altanlagen im Leistungsbereich 4 bis 400 kW wurden aufgrund der Energieeinsparverordnung (EnEV) ausgetauscht? 2. Welche Einsparungen wurden dadurch erzielt? Antwort zu 7: Es werden keine diesbezüglichen Sta- tistiken geführt. Die Errichtung oder Änderung dieser Feuerungsanlagen gehört ebenfalls zu den nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 BauO Bln verfahrensfreien Vorhaben. Frage 8: Wieviel Emissionen könnten durch ein Ver- bot von Festbrennstoffen für Kleinfeuerungsanlagen und Zusatzheizungen eingespart werden? 1. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um solch ein Verbot voranzubringen? 2. Wie ist der Planungsstand einer Berliner Festbrenn- stoffverordnung mit Festlegung von Emissionsgrenzwer- ten für Feststofffeuerungen unter den Werten der 1. BIm- SchV für neue und alte Anlagen? Antwort zu 8: Im Rahmen der Bewertung künftiger Maßnahmen im Luftreinhalteplan 2011-2017 wurde ge- schätzt, dass ein vollständiger Ersatz von Kleinfeuerungs- anlagen mit Festbrennstoffen durch staubemissionsfreie Gasheizungen oder Fernwärme und einem Verbot der Holzverbrennung in Zusatzheizungen wie Kaminöfen eine Minderung der Emissionen von Feinstaub (PM10) um gut 400 Tonnen pro Jahr bedeuten würde. Der größte Teil der Emissionsminderung ergäbe sich aus der Ver- meidung der Verbrennung von Holz in Zusatzheizungen. Die angegebene Emissionsminderung ist mit einer hohen Unsicherheit verbunden (s. auch die Antwort zu 2). Antwort zu 8.1 und 8.2: Wie aus den Antworten zu den Fragen 4-7 ersichtlich, ist die momentane Datenlage hinsichtlich der Anzahl und Größe der von einem mögli- chen generellen, auch den Bestand umfassenden Verbot betroffenen Feuerungsanlagen insbesondere hinsichtlich der dort eingesetzten Brennstoffe und einer erzielbaren Emissionsminderung noch zu wenig belastbar, um die Wirksamkeit und die Kosten eines generellen Verbots des Einsatz von festen Brennstoffen realistisch abschätzen und bewerten zu können. Um die Datenlage zu verbes- sern, wird derzeit das Emissionskataster für Kleinfeue- rungsanlagen neu aufgestellt und berechnet. Hinsichtlich der Wirkung eines generellen Verbots spielt darüber hinaus auch der Beitrag von Feuerungsan- lagen aus dem Brandenburger Umland eine wichtige Rolle. Nach den Ergebnissen der Untersuchung des Bei- trags der Holzverbrennung durch Messung von Levoglu- cosan, führt ein auf Berlin begrenztes Verbot vermutlich nur zu einer sehr begrenzten Reduzierung von Über- schreitungstagen von PM10 in Berlin, da ein merklicher Beitrag zur Feinstaubbelastung auch aus der Holzver- brennung in Brandenburg stammt. Um die Wirkung, Ver- ursachergerechtigkeit, räumliche Ausdehnung und Ver- hältnismäßigkeit eines Verbots besser abwägen zu kön- nen, sind weitere Analysen der Ursachen erhöhter PM10- Belastungen notwendig. Diese werden derzeit zusammen mit Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Umweltbundesamt geplant. Erst nach Vorliegen der Ergebnisse kann über ein Verbot aller Festbrennstoffheizungen entschieden werden. Mit Blick auf Vorgaben für die Heizungsanlagen in neu errichteten Gebäuden wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Frage 9: Plant der Senat die Ausweisung eines Luft- vorranggebiets mit Vorgaben zu Heizungsanlagen? 1. Welche Vorgaben zu Emissionsgrenzwerten für Feinstaub und Nox sollen dort gemacht werden? 2. Auf welchem Gebiet in Berlin soll das Luftvor- ranggebiet liegen? 3. Bis wann soll das Luftvorranggebiet ausgewiesen sein? 4. Wie soll das Luftvorranggebiet kontrolliert werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 171 4 Antwort zu 9 und 9.1 bis 9.4: In Berlin gibt es bereits seit Anfang der 90er Jahre ein Luftreinhaltevorranggebiet, das im Flächennutzungsplan definiert ist. Es umfasst das Zentrum Berlins und ist etwas größer als die Umweltzone. In diesem Gebiet dürfen Heizungssysteme in Neubauten nicht mehr Schadstoffe emittieren, als Heizungen mit leichtem Heizöl. Damit sind Feststofffeuerungen prak- tisch ausgeschlossen. Diese Anforderung kommt im Rahmen von Bauleitplänen als textliche Festsetzung zum Tragen. Eine Kontrolle der Umsetzung der Anforderun- gen erfolgt durch die/den Bezirksschornsteinfeger/in bei Abnahme des Anschlusses der Heizung oder bei der Bau- abnahme. Frage 10: In welcher Höhe werden Partikelfilter- nachrüstung von Feuerungsanlagen über das UEP-Nach- folgeprogramm BENE gefördert? Antwort zu 10: Im Operationellen Programm von BENE 1 , das die Rahmenbedingungen für die neue Förder- periode festlegt, wurden Maßnahmen zur Minderung von CO2 und anderen klimaschädlichen Emissionen auf Nichtwohngebäude beschränkt. Da solche Gebäude nicht mit emissionsträchtigen Einzelfeuerungen mit Festbrenn- stoffen beheizt werden, kommt eine Partikelfilter- nachrüstung nicht in Frage. Berlin, den 22. Mai 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mai 2015) 1 Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung