Drucksache 17 / 16 188 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 08. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2015) und Antwort Wenn nur der Profit zählt (VI) – Mängel und Mauschelei in der Flüchtlingsunterkunft des privaten Heimbetreibers PeWoBe in Neukölln-Britz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Von wann ist der Vertrag datiert, mit dem das LA- GeSo den privaten Heimbetreiber PeWoBe mit dem Bau der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln-Britz beauftragt hat? 2. Trifft es zu, dass mit dem Bau der Flüchtlingsunter- kunft in Neukölln-Britz vor Vertragsunterzeichnung begon- nen wurde? 3. Hat das LAGeSo davor oder danach ausgezahlt und zu welchem genauen Zeitpunkt? 4. Auf welcher haushaltsrechtlichen Grundlage geschah eine eventuelle Überweisung von Geldern vor der Vertrags- unterzeichnung? 5. Falls die Überweisung von Geldern vor der Vertrags- unterzeichnung stattfand und somit gegen die Landeshaus- haltsordnung verstieß, wurden diesbezüglich bereits Ermitt- lungen, Disziplinarverfahren oder sonstige Sanktionen gegen die verantwortlichen Personen eingeleitet, falls ja mit wel- chem Ergebnis? Zu 1. bis 5.: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) hat einen Standard-Betreibervertrag konzipiert, der auf dem Internet-Portal der Berliner Unterbringungsleit- stelle (BUL) unter der Adresse http://www.berlin.de/lageso/soziales/unterbringungsleitst elle/vertragsgebunden.html veröffentlicht ist und als PDF-Dokument heruntergeladen werden kann. Dieser ist generell Grundlage für jede Ver- tragsverhandlung und wird entsprechend der jeweiligen Unterkunft mit den besonderen objektspezifischen Erforder- nissen angepasst. Im Zuge der mehrwöchigen Vertragsver- handlungen wurden insgesamt sechs Vertragsversionen erstellt; in der abschließenden Fassung erfolgte die Vertrags- unterzeichnung am 08.11.2013 durch das Land Berlin - vertreten durch das LAGeSo - sowie am 11.11.2013 durch die Betreiberin. Im vorliegenden Fall herrschte eine besonde- re terminliche Eile, einerseits auf Grund der begrenzten Laufzeit und der bevorstehenden Wintersaison, andererseits bestand - wiederum vor allem im Hinblick auf den kommen- den Winter – die dringliche Notwendigkeit der Schaffung zusätzlicher Unterbringungskapazitäten für Flüchtlinge, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Daher war ein Baubeginn vor der endgültigen Vertragsunterzeichnung im besonderen Interesse des LAGeSo; über die Vertragshauptdetails herr- sche Einigkeit zwischen den Vertragsparteien. Grundsätzlich wird angestrebt, dass die Betreiberinnen und Betreiber Her- richtungskosten über den Tagessatz refinanzieren sollen, was immer dann realisiert werden kann, wenn eine Refinanzie- rung der Herrichtungskosten möglich ist, die Betreiberin oder der Betreiber also eine Kreditfinanzierung erhält oder selbst vorfinanzieren kann. Das ist im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen, da eine Fremdfinanzierung durch ein Geldinstitut wegen der kurzen Vorlaufzeit ausschied. Die erste Teilzahlung durch das LAGeSo erfolgte entsprechend der ersten Honorarzwischenabrechnung des Architekten unter dem Vorbehalt einer sachlichen Prüfung durch den externen Projektsteuerer am 11.09.2013. Am 12.09.2013 erfolgte eine Teilauszahlung für die Bereiche Tragwerkspla- nung, Brandschutz, Landschaftsarchitekt und Vermessung. 6. Was sind die Gründe für die Kostensteigerung bei der Herrichtung der Flüchtlingsunterkunft in Neukölln- Britz von den vertraglich vereinbarten rund 5,5 Millionen Euro (plus eine mögliche zehnprozentige Überschreitung) auf rund 8,2 Millionen Euro? Zu 6.: Auf die Antwort des Senats vom 10.11.2014 auf die Schriftliche Anfrage 17/14768 wird verwiesen. 7. Wie hoch waren die Winterbaukosten, die laut schrift- licher Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt "Wenn nur der Profit zählt (III) – Mängel in der Flüchtlingsunterkunft des privaten Heimbetreibers PeWoBe in Neukölln- Britz - Nachfragen zu Drs. 17/14458" mit der Drucksache 17 / 14 768 in der ursprünglichen Kalkulation nicht veranschlagt waren und wie setzen sie sich im Einzelnen genau zusam- men? (Bitte aufschlüsseln nach Beträge, Firmen, Leistungen) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 188 2 8. Trifft es zu, dass für die Winterbaukosten rund € 855.000 veranschlagt wurden und erschien diese Summe dem laut Schriftlicher Anfrage Drucksache 17/14768 "vom LAGeSo beauftragten externen und unabhängigen Projekt- controller" Diplom-Kaufmann Herrn D. angemessen? Zu 7. und 8.: Die Kosten für den Winterbau betragen 855.591,35 Euro (brutto). Diese Kosten waren zum Ver- tragszeitpunkt nicht kalkulierbar. Eine Aufschlüsselung gemäß den in der Fragestellung genannten Kriterien müsste manuell vorgenommen werden und wäre daher nur mit ei- nem unverhältnismäßigen Zeit- und Arbeitsaufwand mög- lich. Der Projektcontroller überprüfte alle eingereichten Rechnungen auf sachliche und rechnerische Richtigkeit und überzeugte sich regelmäßig vor Ort über den Baufortschritt. Bevor er die Rechnungssummen nicht geprüft und freigege- ben hat, erfolgte keine Bezahlung. 9. Trifft es zu, dass sich die Winterbaukosten aus der Be- schaffung von Heizgeräten und Rohöl zusammensetzten, welche auch bei großzügiger Rechnung nur insgesamt ma- ximal € 370.000 betragen können? 10. Wie erklärt sich der Senat diese Differenz zwischen diesen beiden Summen? Zu 9. und 10.: Die Sachdarstellung in Frage 9 ist nicht zutreffend. Vielmehr gehören zu den Winterbaukosten die Kostengruppen Stromaggregate und Heizgeräte, Gerüstein- hausungen zur Beheizung der Wände und Fassaden, Bi- tumenabdichtungen auf den Zwischendecken beider Gebäu- de sowie Betreuungspersonal zur Geräteüberwachung. Die Angemessenheit der abgerechneten Kosten wurde von dem beauftragten Controller bestätigt. 11. Wie wurde der oben erwähnte Prüfer Herr D. ausge- wählt und wann? 12. Welches genaue Auswahlverfahren gab es? Wie viele Prüfer wurden noch kontaktiert, aber abgelehnt? Zu 11. und 12.: Auf Grund der hohen Dringlichkeit wur- den am 17.10.2013 zehn Architektur- und Planungsbüros mit der Aufforderung eines Angebots vom LAGeSo angeschrie- ben. Gesucht wurden Projektsteuerer für bereits begonnene und zukünftig zu realisierende Bauvorhaben. Ein geforderter Leistungsumfang wurde festgelegt. Sieben Büros bekundeten ihr Interesse an der Auftragsvergabe. Nach Sondierungen wurden mit fünf Büros persönliche Gespräche geführt. Im Ergebnis kamen zwei Anbieter in die engere Auswahl. Beide zeichneten sich durch eine langjährige Berufserfahrung ver- bunden mit einer hohen Fachkompetenz aus. Aufgrund der deutlich abweichenden Honorarsätze fiel die Entscheidung für dieses Bauvorhaben auf den Bieter Herrn D.. 13. Trifft es zu, dass verschiedene am Bau an der Unter- kunft in Neukölln-Britz beteiligte Nachunternehmer immer noch auf ihre Auszahlung durch den Generalunternehmer WKSB Klee warten, unter anderem der Bauunternehmer R. S. auf 670.000 Euro? 14. Wie viele juristische Auseinandersetzungen zwischen der WKSB Klee GmbH und Nachunternehmen aufgrund nicht oder nicht vollständig beglichener Rechnungen von Nachunternehmern laufen nach Kenntnis des Senats derzeit? Und mit welchen Unternehmen? 15. Ist das LAGeSo oder der Senat nach der in der Schriftlichen Anfrage Drucksache 17 / 15 640 skizzierten Information seitens des Unternehmens Zakład Budowlany vom 23.06.2014 an das LAGeSo über das Schreiben mit der Bitte um Klärung an die PeWoBe GmbH vom 23.07.2014 hinaus aktiv geworden und wenn ja, wann und wie? 16. Treffen die Informationen aus dem Schreiben der Firma Klee GmbH an die PeWoBe GmbH vom 26.06.2014, in dem das Unternehmen bestätigt, "dass bis auf eine Teil- zahlung aus dem Sicherheitseinbehalt alle Forderungen beglichen wurden" sowie die Mitteilung darüber, "dass u. a. gegenüber dem genannten Unternehmen erhebliche Gegen- ansprüche bestehen und dass eine eventuelle Klage in Aus- sicht gestellt wurde" zu und gab es seitdem weitere Erkennt- nisse? Zu 13. bis 16.: Zwischen dem LAGeSo und der Professi- onellen Wohn- und Betreuungsgesellschaft mbH (PeWoBe) wurde ein Vertrag über die schlüsselfertige Errichtung der Unterkunft abgeschlossen. Zu Verträgen zwischen der Pe- WoBe GmbH und weiteren Unternehmen sowie etwaigen zivilrechtlichen Streitverfahren zwischen der PeWoBe GmbH und Dritten kann der Senat keine Aussagen treffen. Insbesondere kann der Senat nicht bewerten, ob der von dritter Seite erhobene Vorwurf einer nicht vollständigen Zahlung durch die PeWoBe GmbH berechtigt ist. Gleich- wohl wurde die PeWoBe GmbH nach Mitteilung über be- hauptete Zahlungsrückstände hierüber befragt. Nach Aus- kunft der PeWoBe GmbH sei diese allen Zahlungsverpflich- tungen nachgekommen. Berlin, den 29. Mai 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Juni 2015)