Drucksache 17 / 16 196 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Wolfgang Albers (LINKE) vom 12. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mai 2015) und Antwort Im Notfall in der Warteschleife! Warum wird der Rettungsdienst für Wannsee ausgedünnt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.Teilt der Senat die Auffassung, dass bei der medizini- schen Notfallversorgung das Zusammenspiel von präklini- scher und klinischer Akutversorgung ein entscheidendes Kriterium für ein funktionierendes Rettungssystem ist? Zu 1.: Ja. 2. Teilt der Senat die Auffassung, dass es dabei vor allem darauf ankommt, die Zeitspanne von der ersten Alarmierung der Rettungskräfte bis zu ihrem Eintreffen mit dem Patienten im Krankenhaus möglichst kurz zu halten? Zu 2.: Der Senat teilt diese Auffassung grundsätzlich. Voraussetzung für eine Notfallrettung mit einheitlichem Qualitätsniveau ist die Definition eines Schutzzieles, beste- hend aus fachlich- organisatorisch begründeter Hilfsfrist und Erreichungsgrad. Daraus lässt sich in der Folge eine bedarfs- gerechte Ressourcenplanung ableiten. 3. Welche Schlussfolgerung zieht der Senat aus der Tat- sache, dass im Innenstadtbereich nur knapp jeder zweite und in den Außenbezirken nur jeder vierte Rettungswagen den Alarmierungsort innerhalb der vom Senat selbst festgelegten Hilfsfristen erreicht? Zu 3.: Zur Erreichung der vereinbarten Schutzziele ist die Vorhaltung zusätzlicher Rettungswagen erforderlich. Der Senat plant den Mehrbedarf an Ressourcen durch interne organisatorische Veränderungen sowie durch die Einbezie- hung der Hilfsorganisationen an weiteren Standorten zu decken. 4. Trifft es zu, dass in Berlin 150 Rettungswagen und 35 Notarztfahrzeuge zur Verfügung stehen und dass davon nur 80 - 90 eingesetzt werden können, weil für die anderen das notwendige Personal fehlt? Zu 4.: Diese Aussage trifft nicht zu. In Berlin befinden sich derzeit tagsüber 105 und nachts 89 Rettungswagen im Dienst. Zusätzlich werden 18 Notarzteinsatzfahrzeuge rund um die Uhr besetzt. Für besondere Lagen sowie geplante und unvorhersehbare Ausfälle dieser Fahrzeuge müssen taktische und technische Reserven vorgehalten werden. Wird die Anzahl regelhaft besetzter Fahrzeuge erhöht, entsteht in der Folge auch ein Mehrbedarf an Reserven. 5. Trifft es zu, das z.B. die Feuerwache Wannsee seit dem 2. März 2015 abends und in den Nachtstunden nur noch einen Rettungswagen zur Verfügung hat? Zu 5.: Ja. Auf der Feuerwache Wannsee werden entspre- chend der aktuellen bedarfsorientierten Ressourcenverteilung in der Zeit von 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr zwei Rettungswagen und in der Zeit von 19:00 Uhr bis 07:00 Uhr wird ein Ret- tungswagen fest besetzt vorgehalten. 6. Wie oft wurden die in Wannsee stationierten Rettungs- fahrzeuge in den Jahren 2013 und 2014 alarmiert? Wie oft wurden sie in den Abend- und Nachtstunden gerufen? Stei- gen die Einsatzzahlen in den letzten Jahren oder haben sie eine sinkende Tendenz? Zu 6.: Die Alarmierungszahlen entwickelten sich für die stationierten Rettungsfahrzeuge wie folgt: Alarmierungen 2013 19.00-7.00 Uhr 2014 19.00-7.00 Uhr Rettungswagen 4500 1 2.048 840 2.129 872 Rettungswagen 4500 2 577 182 746 233 Gesamt 2.625 1.022 2.875 1.105 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 196 2 Dazu muss erwähnt werden, dass im Jahr 2014 ca. 800 dieser Einsätze außerhalb des Einzugsgebietes der Feuerwa- che Wannsee stattfanden, also knapp 28%. Bemerkenswert ist, dass der Rettungswagen 2 Wannsee zu weniger Einsätzen alarmiert wurde, als jeder andere berufsbesetzte Rettungswa- gen der Berliner Feuerwehr. Ein Anstieg der Einsatzzahlen ist im gesamten Stadtge- biet festzustellen. 7. Wie lang sind die durchschnittlichen Anfahrzeiten für Patienten aus dem Einzugsgebiet der Feuerwache Wannsee bis zum nächsten Krankenhaus mit einer entsprechenden Notfallversorgung? Zu 7.: In der Annahme, dass die Fragestellung auf die Anfahrten der Berliner Feuerwehr im Rahmen der Notfallret- tung abzielt, betrug die Anfahrtsdauer (von der Einsatzstelle zu einem Krankenhaus) im Mittel 19,8 Minuten. 8. Welche Krankenhäuser mit Notfallversorgung liegen im Einzugsgebiet der Feuerwache Wannsee? Zu 8.: Grundsätzlich muss bei einem Notfalleinsatz die Patientin oder der Patient in die nächste geeignete Klinik transportiert werden. Berlin verfügt über 39 Krankenhäuser, die gemäß Krankenhausplan an der Notfallversorgung teil- nehmen. Aus dem Einzugsbereich der Feuerwache Wannsee sind sowohl Kliniken im Bezirk Steglitz- Zehlendorf als auch über die AVUS Kliniken in Charlottenburg- Wilmersdorf, Schöneberg und Mitte erreichbar. In Potsdam befinden sich ebenfalls zwei für die Notfallversorgung geeignete Kliniken. Die genauen Adressen und Versorgungsmöglichkeiten der jeweiligen Kliniken sind dem Krankenhausplan der für das Gesundheitswesen zuständigen Verwaltung zu entnehmen. 9. Wie verträgt sich die Aussage der Innensenatsverwal- tung in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Drs 17/15507, dass die einzelnen Prozesse, aus denen sich die sog. „Eintreffzeit“ zusammensetzt, ggfs. angepasst und optimiert werden müssen, um positive Auswirkungen bei den Hilfsfristen zu bewirken, mit der Feststellung in der Antwort auf die Drs 17/15506, dass die für Berlin definierten Schutz- ziele nun geändert werden sollen, um eine Vergleichbarkeit mit anderen deutschen Großstädten zu ermöglichen? Zu 9.: Sowohl die in den Ländern und Kommunen ver- einbarten oder gesetzlich festgelegten Schutzziele als auch die jeweilige Definition der Hilfsfrist variieren. Die derzeit im Land Berlin vereinbarten Schutzziele weisen mehrere Alleinstellungsmerkmale auf und sind somit nicht vergleich- bar. Alle seitens der Berliner Feuerwehr vorgeschlagenen Änderungen dienen allein der Vergleichbarkeit mit anderen deutschen Großstädten und orientieren sich am Median des Vergleichsringes der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement. 10. Soll mit der „Vergleichbarkeit mit anderen deutschen Großstädten“ eine Heraufsetzung der Hilfsfristen begründet werden? Ist daraus zu folgern, dass den Berliner Bürgerinnen und Bürgern wegen der Vergleichbarkeit mit anderen Bun- desländern zukünftig längere Wartezeiten auf die Rettungs- kräfte zugemutet werden sollte? Zu 10.: Nein. Die Hilfsfrist allein besitzt keine Aussage- kraft, da das Schutzziel immer im Zusammenhang mit einem festgelegten Zielerreichungsgrad steht. 11. Definiert der Senat so die Optimierung der Rettungs- einsätze? Zu 11.: Nein. 12. Wie verträgt sich das mit der Ankündigung des Ge- sundheitssenators im Zusammenhang mit dem neuen Kran- kenhausplan, zukünftig von den Krankenhäusern verstärkt die zeitnahe Versorgung der eintreffenden Notfälle zu ge- währleisten, wenn gleichzeitig sein Parteifreund und Innen- senator einen zeitnahen Transport nicht mehr zu gewährleis- ten in der Lage ist? Zu 12.: Die seit Jahren steigenden Einsatzzahlen in der Notfallrettung erfordern zusätzliche Einsatzmittel in der Regelvorhaltung und führen zu einem erhöhten Versor- gungsaufwand in den Krankenhäusern. Die Senatsverwal- tung für Inneres und Sport sowie für Gesundheit und Sozia- les werden entsprechend ihrer jeweiligen Zuständigkeit auf die gestiegenen Anforderungen reagieren und auch weiterhin eine abgestimmte flächendeckende Notfallversorgung im Land Berlin sicherstellen. Berlin, den 26. Mai 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juni 2015)