Drucksache 17 / 16 212 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 15. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Mai 2015) und Antwort „Übersichtsaufnahmen“ bei Versammlungen am 30. April und am 1. Mai 2015 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Bei welchen Versammlungen zwischen dem 30. April und dem 1. Mai 2015 hat die Polizei „Übersichtsaufnahmen “ von welchen erhöhten Standorten (Hubschrauber , Hausdach, TV-Übertragungswagen etc.) ange- fertigt, welchem Zweck dienten sie jeweils, wo und wie sind die Zwecke und Maßnahmen selbst dokumentiert, wie viele Kameras waren hierfür im Einsatz und an wel- che Einsatzleitstellen wurden die „Übersichtsaufnahmen“ jeweils übertragen (bitte einzeln aufschlüsseln nach Zeit, Versammlung, Anzahl der Teilnehmer*innen, Zweck, räumlichem Aufnahmebereich, Einsatzleitstellen und Dauer der Bildübertragung)? Zu 1.: Am 30. April wurden keine Übersichtsaufnah- men angefertigt. Am 1. Mai wurden Übersichtsaufnahmen durch den Polizeihubschrauber sowie durch drei stationäre Kameras auf Hausdächern entlang der Strecke des sogenannten 18- Uhr-Aufzuges in der Zeit von 18:44 Uhr bis 21:22 Uhr gefertigt. Dieser führte vom Spreewaldplatz über Ohlauer Straße, Pannierstraße, Sonnenallee, Anzengruber Straße, Karl-Marx-Straße, Hermannplatz, Kottbusser Damm, Mariannenstraße, Reichenberger Straße und Skalitzer Straße zum Lausitzer Platz. Nr. Kamera Zeit Standort a) Stationäre Kamera 18:44 Uhr bis 19:17 Uhr Spreewaldplatz b) Polizeihubschrauber 19:19 Uhr bis 21:22 Uhr entlang der angemeldeten Aufzugsstrecke c) stationäre Kamera 20:00 Uhr bis 20:22 Uhr Hermannplatz d) stationäre Kamera 20:37 Uhr bis 21.13 Uhr Lausitzer Platz Die Bilder wurden in jene Befehlsstellen der Polizei Berlin übertragen, die diese zur sachgerechten Beurtei- lung der Einsatzlage benötigten, um jeweils notwendige polizeiliche Maßnahmen zu treffen. An der Versammlung nahmen in der Spitze 18.000 Personen teil. Der Antreteplatz Spreewaldplatz war be- reits in der Vorphase des Aufzuges ausgelastet. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich über 9.000 Personen in diesem baulich eng umgrenzten Bereich, sodass ein Überschauen der Menschenmenge nicht mehr möglich war. Um den Schutz der Versammlung zu gewährleisten und gezielt polizeilich, insbesondere mit umfangreichen Verkehrs- maßnahmen, reagieren zu können, war das Anfertigen von Übersichtsaufnahmen unerlässlich. Aufgrund der Größe des Aufzuges, der sich über eine Länge von ca. 1,5 Kilometern erstreckte und durch bau- lich bedingt enge Straßen führte, konnten im weiteren Verlauf polizeiliche Maßnahmen bis zum Endplatz nur mithilfe der durch die Übersichtsaufnahmen gewonnenen Informationen initiiert werden. Durch die hohe Auslastung der umliegenden Straßen war auch am Endplatz ein Überschauen der 18.000 Ver- sammlungsteilnehmenden nicht möglich, sodass für eine objektive Lagebeurteilung auf Übersichtsaufnahmen zurückgegriffen werden musste. Die Begründung wurde ausführlich schriftlich doku- mentiert und im Stab des Polizeipräsidenten archiviert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 212 2 2. An welchen erhöhten Standorten (Hubschrauber, Hausdach, TV-Übertragungswagen etc.) bei welchen Versammlungen zwischen dem 30. April und dem 1. Mai 2015 hat die Polizei jeweils wie viele Kameras zur Anfer- tigung von „Übersichtsaufnahmen“ bereitgehalten, aber nicht eingesetzt? Zu 2.: Am 30. April 2015 hielt sich der für Über- sichtsaufnahmen vorgesehene Polizeihubschrauber außer- halb Berlins bereit. Stationäre Kamerateams hielten sich an diesem Tag nicht an erhöhten Standorten für Über- sichtsaufnahmen bereit. Am 1. Mai 2015 wurden die bereit gehaltenen Kame- ras (siehe Antwort zu Frage 1) auch eingesetzt. 3. Wer bzw. welche Stelle ordnet aufgrund der Aus- wertung welcher Informationen die Fertigung von „Übersichtsaufnahmen “ in der Regel an und welche Ausnahmen gibt es von dieser Regel? Zu 3.: Die Anordnung zur Fertigung von Übersichts- aufnahmen obliegt nur der jeweiligen Polizeiführerin bzw. dem jeweiligen Polizeiführer nach eingehender Bewertung der vorliegenden Informationen. Ausnahmen sind ausgeschlossen. Insbesondere Faktoren wie die Störanfälligkeit der je- weiligen Versammlung, Ergebnisse der polizeilichen Aufklärung, der Grad der Verkehrsbeeinträchtigung und die Unüberschaubarkeit von Menschenmengen werden zur Prüfung herangezogen. 4. Wie und von wem wird dabei jeweils das Vorlie- gen der rechtlichen Voraussetzungen für die Anfertigung von „Übersichtsaufnahmen“ – die „Größe oder Unübersichtlichkeit des Aufzuges“ - begründet? Zu 4.: Die Begründung erfolgt durch die jeweilige Po- lizeiführerin bzw. den jeweiligen Polizeiführer. Siehe auch Antworten zu den Fragen 1 und 3. 5. Auf welche Weise wurde sichergestellt, dass die „Übersichtsaufnahmen“ offen und wahrnehmbar angefertigt werden? Zu 5.: Die Polizei Berlin hat die Versammlungsleitung unverzüglich über die Anfertigung von Übersichtsauf- nahmen in Kenntnis gesetzt. Polizeidienstkräfte, die Übersichtsaufnahmen von einem erhöhten Standort aus anfertigten, waren mit einer grünen Weste mit der Auf- schrift „POLIZEI“ gekennzeichnet. Darüber hinaus informierte die Polizei Berlin über den Kurznachrichtendienst Twitter sowohl über das Fertigen von Übersichtsaufnahmen durch stationäre Kamerateams als auch durch den Polizeihubschrauber. Es wird zudem auf die Antwort zur Frage 4 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 und auf die Antwort zur Frage 4 der Kleinen Anfrage Nr. 17/12032 verwiesen. 6. Wann und auf welche Weise wurden die jeweili- gen Versammlungsleiter*innen sowie -teilnehmer*innen von der Polizei über die Anfertigung von „Übersichtsaufnahmen “ jeweils informiert (bitte einzeln angeben)? Zu 6.: Die Versammlungsleitung der in der Antwort zur Frage 1 genannten Versammlung wurde um 18:45 Uhr und um 19:01 Uhr durch eine Verbindungskraft der Polizei Berlin persönlich in Kenntnis gesetzt. Darüber hinaus wird auf die Antworten zur Frage 7 sowie zur Frage 7 der Schriftlichen Anfrage Nr. 13/13714 verwiesen. 7. Sind die Einsatzkräfte verpflichtet und in der Lage, den Versammlungsleiter*innen sowie Versammlungsteil- nehmer*innen Auskunft über die jeweils angewendeten Rechtsgrundlagen bei Bildaufnahmen/-aufzeichnungen zu geben? Zu 7.: Die Pflicht der Polizei, die Versammlungslei- tung über die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen zu informieren, ergibt sich aus § 1 Absatz 3 Satz 3 des Ge- setzes über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen. Eine Information von Versammlungsteilnehmenden ist gesetzlich nicht gefordert. Gleichwohl informiert die Polizei Berlin über den Kurznachrichtendienst Twitter über die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen. Es wird hierzu auch auf die Antwort zur Frage 7 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 verwiesen. Eine darüber hinausgehende gesetzliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung bei der Anfertigung von Bildauf- nahmen und -aufzeichnungen besteht nicht. 8. Wie wurde bei den „Übersichtsaufnahmen“ technisch und organisatorisch sichergestellt, dass keine Be- obachtung einzelner Personen durch Heranzoomen – weder vor noch nach der Übertragung in die Einsatzleit- stellen – stattfindet? Zu 8.: Übersichtsaufnahmen im Sinne des § 1 Absatz 3 des Gesetzes über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen werden mit Führungs- und Einsatzmitteln der Polizei Berlin, jedoch ausnahmslos im Weitwinkel- format und ohne Speichermedium gefertigt. Kommt bei der Anfertigung von Übersichtsaufnahmen der Polizei- hubschrauber zum Einsatz, bietet die dort vorhandene Kamera technisch die Möglichkeit, die angefertigten Übersichtsaufnahmen auch aufzuzeichnen. Die Polizei Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 212 3 macht jedoch von der Möglichkeit der Aufzeichnung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben keinen Ge- brauch. Zudem wird hierzu auf die Antwort zur Frage 8 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 und auf die Antwort zur Frage 7 der Kleinen Anfrage Nr. 17/12032 verwiesen. 9. Wie wurde dabei technisch und organisatorisch si- chergestellt, dass keine Aufzeichnung von Bildern statt- findet? Zu 9.: Es wird hierzu auf die Antwort zur Frage 8 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 sowie auf die Ant- wort zur Frage 8 der Kleinen Anfrage Nr. 17/12032 ver- wiesen. 10. Haben die Einsatzkräfte, die bei den in 1. genann- ten Versammlungen „Übersichtsaufnahmen“ angefertigt haben, auch Bildaufnahmen/-aufzeichnungen nach ande- ren Rechtsgrundlagen angefertigt? Zu 10.: Nein. 11. Wurden die Kameras, die für die „Übersichtsaufnahmen “ verwendet wurden, auch für Bildaufnahmen/- aufzeichnungen nach anderen Rechtsgrundlagen verwen- det? Zu 11.: Nein. 12. Welche Auflösung hatten die angefertigten Bild- aufnahmen der „Übersichtsaufnahmen“ bei den in 1. genannten Versammlungen jeweils? Zu 12.: Zu den unterschiedlichen Auflösungen wird auf die Antwort zur Frage 12 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 und auf die Antwort zur Frage 10 der Klei- nen Anfrage Nr. 17/12032 verwiesen. 13. Wie erfolgte die Übertragung in die Einsatzleitstel- len? Zu 13.: Es wird hierzu auf die Antwort zur Frage 13 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 und auf die Ant- wort zur Frage 11 der Kleinen Anfrage Nr. 17/12032 verwiesen. 14. Welche Verschlüsselungstechnik wurde bei der Datenübertragung eingesetzt und auf welche sonstige Weise wurden die Daten bei der Übertragung und danach vor dem Zugriff von Dritten geschützt? Zu 14.: Hierzu wird auf die Antwort zur Frage 13 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/13714 verwiesen. 15. Welche technischen und organisatorischen Verän- derungen haben sich im Vergleich zum 30. April/1. Mai 2014 ergeben, bezogen auf die Kameras, die Übertra- gungs-, die Speicherungs- und die Auswertungstechnik? Zu 15.: Keine. 16. Aus welchen Gründen und auf welchen Rechts- grundlagen wurden Bildaufnahmen/-aufzeichnungen mit welcher Technik bei den Anti-NPD-Demonstrationen am 1. Mai gefertigt? Zu 16.: Auf Grundlage des § 100 h Absatz 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung (StPO) wurden am 1. Mai 2015 im Zusammenhang mit zwei Kundgebungen des Berliner Landesverbandes der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) Bildaufnahmen und -aufzeichnungen angefertigt. Dabei wurden zwei Kameras des Typ Sony HDR-AX2000E und eine Kamera des Typ Sony HDR- CX900E eingesetzt. Die Aufnahmen erfolgten wegen des Verdachts diverser Straftaten im Umfeld der Kundgebun- gen des Berliner Landesverbandes der Nationaldemokra- tischen Partei Deutschlands. Berlin, den 02. Juni 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juni 2015)