Drucksache 17 / 16 223 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fréderic Verrycken (SPD) vom 06. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mai 2015) und Antwort Taxigewerbe: Mindestlohn, P-Scheine und Konzessionen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Hat sich das Thema Mindestlohn im Taxige- werbe Berlin mittlerweile flächendeckend durchsetzen können? Frage 2: Wenn nicht, was unternimmt der Senat, um den Mindestlohn zu unterstützen, ohne die Unternehmen finanziell zu gefährden? Frage 3: hat sich der Stundenlohn von derzeit ca. 6,50 € dadurch messbar erhöht? Antwort zu 1.bis 3.: Der allgemeine flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro gilt seit dem 1. Januar 2015 in allen Branchen, in denen weder unmittelbar durch das Mindestlohngesetz selbst Ausnahmen zugelassen sind noch branchenbezogene Regelungen auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes eine Unterschreitung des Mindestlohnes ermöglichen. Entsprechende Abwei- chungsmöglichkeiten existieren für das Taxigewerbe derzeit nicht. Gesetzeskonformes Verhalten vorausgesetzt muss der Mindestlohn daher seit seiner Einführung auch im Taxigewerbe in Berlin Anwendung finden und zu einer Erhöhung der Stundenlöhne in allen Fällen geführt haben, in denen vor dessen Einführung ein niedrigerer Stundenlohn als 8,50 Euro gezahlt wurde. Welche Entgel- te in den einzelnen Wirtschaftsbereichen tatsächlich ge- zahlt werden, ist dem Senat gegenüber nicht mitteilungs- pflichtig. Die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns ist durch das Mindestlohngesetz den Behörden der Fi- nanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) zugewiesen. Dem insoweit zuständigen Hauptzollamt Berlin liegen hierzu aus seiner Prüftätigkeit bislang allerdings auch noch keine Erkenntnisse vor. Der Senat geht jedoch da- von aus, dass die FKS ihrer bisherigen Praxis der Durch- führung von Schwerpunktprüfungen in einzelnen Wirt- schaftsbereichen folgend auch im Taxigewerbe zu gege- bener Zeit solche Prüfungen durchführen wird, die zu Erkenntnissen über die tatsächliche Einhaltung des Min- destlohns führen werden. Frage 4: Warum hat sich der Senat trotz Protesten von Taxiverbänden für eine Erhöhung der Tarife ausgespro- chen? Antwort zu 4: Proteste der Taxiverbände gegen eine Tariferhöhung sind dem Senat nicht bekannt. Vielmehr haben vier Taxiverbände Erhöhungen selbst beantragt. Die Anpassung des Berliner Taxitarifs an die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns entspricht den Interessen des Berliner Taxengewerbes. Die Berliner Taxiverbände haben nach anfänglicher Zurückhaltung (erst) im Oktober 2014 eine Anhebung des Berliner Taxitarifs beantragt, damit die Berliner Taxiunternehmer ihren Fahrerinnen und Fahrern den gesetzlichen Mindestlohn zahlen können. Die Prüfungen des Senats ergaben die Notwendigkeit einer Tarifanpassung um durchschnittlich 13,9%. Damit soll einem durchschnittlichen Taxibetrieb mit Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmern die Zahlung des Mindest- lohns unter Beibehaltung einer angemessenen Gewinn- spanne und eines Rahmens für notwendige Investitionen ermöglicht werden. Eine vollständige Weitergabe der gestiegenen Kosten an die Kundinnen und Kunden kommt nicht in Betracht, weil bei erheblichen Tarifsteige- rungen mit deutlichen Fahrgastabwanderungen zu rech- nen ist, die zu einer Relativierung der Einnahmeauswir- kungen einer Tariferhöhung führen. Frage 5: Trifft es zu, dass ein Taxiunternehmen prak- tisch in unbegrenzten Umfang Taxi-Konzessionen bean- tragen kann? Antwort zu 5: Sofern die gesetzlichen Voraussetzun- gen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) erfüllt sind, besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Genehmi- gung für die Beförderung von Personen im Taxenverkehr. Gleiches gilt für die Erweiterung der einem Taxiunter- nehmer oder einer Taxiunternehmerin erteilten Konzessi- onen um weitere Taxifahrzeuge. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 223 2 Frage 6: Wann wurde die Alternative, die Zahl der Konzessionen endlich (wie in vielen anderen Großstäd- ten) zu beschränken, verworfen? Antwort zu 6: Nach § 13 Abs. 4 PBefG ist die Ge- nehmigung beim Verkehr mit Taxen zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträch- tigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktions- fähigkeit bedroht wird. Diese Vorschrift begründet keine Alternative zu dem in der Antwort zur Frage 5 genannten grundsätzlichen Genehmigungsanspruch. Vielmehr regelt sie die aufgeführte Sondersituation und ist dabei unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Berufsfreiheit (Art. 12 des Grundgesetzes) derjenigen anzuwenden, die den Beruf des Taxiunternehmens erst ergreifen oder die Zahl der ihnen genehmigten Taxen erweitern wollen. Eine Begrenzung der Taxenzahlen darf insoweit nicht etwa das Ziel verfolgen, die bereits im Beruf tätigen Taxiunter- nehmer/innen vor Konkurrenz oder den wirtschaftlichen Risiken dieses Berufs zu schützen. Die Regelung des § 13 Abs. 4 PBefG dient allein dem öffentlichen Verkehrsinte- resse und greift nur, wenn die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes tatsächlich konkret bedroht ist. Dafür gab und gibt es für Berlin jedenfalls seit etwa 15 Jahren keine ernsthaften Anhaltspunkte. Zudem gibt es ein einschlägi- ges Gerichtsurteil dazu. Frage 7: Was hält der Senat von der Praxis in anderen Städten, wie etwa Hamburg, die Konzessionen nicht pau- schal auszustellen? Antwort zu 7: Zur bundeseinheitlich geltenden Rechtslage nach dem Personenbeförderungsrecht wird auf die Antworten zu 5 und 6 verwiesen. Die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse in anderen Zuständigkeitsbereichen können hier nicht beurteilt werden. Frage 8: Hält der Senat die Personenbeförderungs- scheine in ihrer jetzigen Ausfertigung für fälschungssi- cher? Antwort zu 8: Der aktuelle, zum 01.07.2014 einge- führte Führerschein zur Fahrgastbeförderung besteht aus Neobondpapier, einem äußerst gebrauchsfesten Synthese- faserpapier. Die hellgelbe Farbe und die Maße entsprechen dem Muster 4 der Anlage 8 zu § 48 Absatz 3 Fahrerlaubnis- verordnung. Die persönlichen Angaben werden - compu- terunterstützt aus dem Fachverfahren - gedruckt. Der Führerschein zur Fahrgastbeförderung wird mit einem nummerierten und im Durchmesser 20mm großem Do- kumentenklebesiegel versehen. Dieses trägt den Aufdruck „Bundeshauptstadt Berlin“ und ist nicht im Ganzen ablösbar . Fälschungen können dadurch nur erschwert werden, eine absolute Fälschungssicherheit gibt es - wie auch bei anderen Dokumenten - nicht. Im Übrigen ist der Verord- nungsgeber hier der Bund. Frage 9: Wenn nicht, was unternimmt der Senat, um die Personenbeförderungsscheine sicherer zu machen? Antwort zu 9: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat im April 2015 eine Neufas- sung der Fahrerlaubnis-Verordnung - einhergehend mit einer grundlegenden Überarbeitung - angeregt. Es ist beabsichtigt, in diesem Zusammenhang auch die Einfüh- rung eines neuen Führerscheins zur Fahrgastbeförderung zu prüfen. Berlin, den 03. Juni 2015 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Juni 2015)