Drucksache 17 / 16 247 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 21. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2015) und Antwort Frauenbeauftragte in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung – Wie lief das Pilotprojekt und wie ging es dann weiter? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Frauenbeauftragte in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen wurden während des von der Bundesregierung geförderten Pilotprojekts von 2008 – 2011 in Berlin ausgebildet? Gab es seit Ende des Projekts 2011 eine Evaluation der Maßnahmen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Zu 1.: Bei dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) finanziell geför- derten und von Weibernetz e. V. und Mensch zuerst e. V. durchgeführten Pilotprojekt „Frauen-Beauftragte in Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen“, wurden von 2008 bis 2011 bundesweit 16 Frauen mit Lernschwierigkeiten und ihre Unterstützerinnen aus Werkstätten und Wohnheimen als Frauenbeauftragte geschult. Berliner Werkstätten und Wohneinrichtungen haben an dem Pilotprojekt nicht teilgenommen. Das Pilotprojekt wurde von der Gesellschaft für Sozi- alwissenschaftliche Frauen- und Gender-Forschung e. V. (GSF e. V.) evaluiert. Nach dem Ergebnis der Evaluation tragen Frauenbeauftragte mit Lernschwierigkeiten in Wohneinrichtungen und Werkstätten zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen mit Behinderungen sowie zur Prävention von Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt, bei. Darüber hinaus führt ihre Arbeit zu einer Stärkung der Frauen in Einrichtungen und zu einer Ver- besserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Angestellten und Beschäftigten bzw. Bewohne- rinnen und Bewohnern. Die wichtigste Erkenntnis des Projekts lautet: Frauen mit Lernschwierigkeiten können sehr gut als Frauenbeauftragte in Werkstätten und Wohneinrichtungen arbeiten, wenn sie ausreichend ge- schult werden und vor Ort Unterstützung erfahren. Nach Abschluss des Projekts gab es keine weitere Evaluation. Zwischen dem Projekt Weibernetz e. V. und den Frauenbeauftragten und Einrichtungen findet ein regelmäßiger Kontakt und Austausch statt. 2. Wie viele Schulungen für Multiplikator*innen hat der Senat seitdem in dieser Legislaturperiode bereits durchgeführt? Wie viele Personen nahmen daran teil und welche Mittel wurden hierfür eingesetzt? Zu 2.: Das Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen : Eine Idee macht Schule“ wird durch das BMFSFJ in Kooperation mit den teilnehmenden Ländern finanziert (Laufzeit: Oktober 2013 – September 2016). Ziel des Bund-Länder-Projekts ist die Ausbildung von Trainerin- nen für die Schulung von Frauenbeauftragten in Wohneinrichtungen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Pro teilnehmendes Land werden jeweils zwei Tandems ausgebildet, bestehend aus einer Referen- tin mit Lernschwierigkeiten und einer Unterstützerin aus dem Behindertenbereich. Entsprechend den Ergebnissen der Evaluation des Vorgängerprojekts „FrauenBeauftragte in Wohnheimen und Werkstätten für behin- derte Menschen“ geht der Berliner Senat von der positiven Wirkung der Frauenbeauftragten in den Einrichtun- gen der Behindertenhilfe aus und ist sehr daran interes- siert, dass über das Multiplikatorinnenprojekt Frauenbe- auftragte und ihre Unterstützerinnen in Wohneinrichtun- gen und Werkstätten ausgebildet werden. Der Berliner Senat hat sich sehr dafür eingesetzt, dass Berlin, neben Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Schleswig-Holstein an der ersten Staffel des Projekts teilnehmen konnte. Durch finanzielle Unterstützung der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen war es möglich, den Länderanteil in Höhe von ca. 10.000 € für die Schulung von zwei Berliner Trainerinnen-Teams zu finanzieren. Die beiden Berliner Tandems aus dem Be- reich der Wohneinrichtungen und Werkstätten werden Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 247 2 zum Herbst ihre ersten Schulungskurse durchführen und Frauenbeauftragte mit Lernschwierigkeiten und ihre Un- terstützerinnen ausbilden. 3. Hat der Senat, wie von der GFMK gefordert, paral- lel zu dieser Erprobungsphase geprüft, in welchem Um- fang und mit welchen Regelungen die Funktion und Auf- gaben von Beauftragten für Frauen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen gesetzlich verankert wer- den können? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht und wann soll dies geschehen? Zu 3.: Der Senat ist in unterschiedlichen Gremien auch zu der Thematik der Prävention und des Umgangs bei stattgefundener Gewalt beteiligt. Im betreuten Woh- nen ist als rechtliche Grundlage das Wohnteilhabegesetz (WTG) insbesondere mit den §§ 1 und 8 heranzuziehen. Darin werden der Schutzgedanke des Gesetzes sowie die Verpflichtungen der Träger von Einrichtungen und Diens- ten zur Einrichtung von Beschwerdemanagement defi- niert. Der Senat unterstützt besonders die in § 8 WTG postulierten Bewohnerbeteiligungen. Darüber hinaus hat der Senat Trägerinitiativen und gemeinsame Fachtagungen zur Thematik begleitet und gefördert. Im Bereich der Menschen mit geistiger, körper- licher und /oder mehrfacher Behinderung werden die Träger nach Konzepten zur Gewaltprävention, des Opfer- schutzes und des Umgangs mit Tätern befragt, um ein Gesamtbild der Träger zu erhalten. Als besonderer Erfolg ist die von der Lebenshilfe ein- gerichtete Ombudsstelle zum Schutz gegen sexualisierte Gewalt an Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zu benennen. Sie bietet seit 01. Juni 2014 trägerübergrei- fend Beratung, erste fachliche Unterstützung an und will helfen, nachhaltige Präventionskonzepte zu entwickeln.“ Für die Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) hat das BMAS in Aussicht gestellt, die Werkstätten- Mitwirkungsverordnung (WMVO) zu überarbeiten. In diesem Zusammenhang sollen auch die Belange von Frauen in WfbM stärker berücksichtigt werden. Ein ent- sprechender Entwurf liegt aber noch nicht vor. Berlin, den 05. Juni 2015 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2015)