Drucksache 17 / 16 248 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 21. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2015) und Antwort Cybergewalt III Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wurde, wie in der Antwort auf meine Anfrage vom 11.12.2014 (Drs. 17/15162) angegeben, im Rahmen der Vorkonferenz der Frauen und Gleichstellungsministerin- nen und -senator*innen der Länder eine mögliche Bund- Länder-Kooperation erörtert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Zu 1.: Im Rahmen der diesjährigen Vorkonferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, - senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK), die am 23. und 24. April 2015 in Berlin stattgefunden hat, wurde das Thema Cybergewalt und Möglichkeiten der Zusam- menarbeit von Bund und Ländern erörtert. Dabei wurde vereinbart, dass sich die Bund-Länder-AG Häusliche Gewalt im Frühjahr 2016 mit dem Thema Bekämpfung von Cybergewalt gegen Frauen und Mädchen befasst. Behandelt werden sollen u.a. strafrechtlich relevante Aspekte zur Verbesserung des Schutzes vor Cybergewalt, die Durchführung einer Kampagne zu Cybergewalt sowie eine verstärkte Etablierung des Themas in die Aus- und Fortbildungen der Strafverfolgungsbehörden. Darüber hinaus sollen die Schutz- und Hilfeeinrichtungen in den Ländern durch geeignete Fortbildungen unterstützt wer- den. Diese Themen sollen auch auf der Hauptkonferenz der GFMK am 2. und 3. Juli erörtert werden. 2. In der Antwort auf meine Anfrage vom 17.2.2015 (Drs. 17/15606) verweist die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen bezüglich eines Zeitplans für die Identifizierung von erforderlichen Bedarfen zur Bekämp- fung von Cybergewalt gegen Mädchen und Frauen auf die im April von der Friedrich-Ebert-Stiftung durchgeführte Fachtagung. Welche Schlüsse zieht die Senatsverwaltung aus den dort gewonnen Erkenntnissen? 3. In der Antwort der Senatsverwaltung für Arbeit, In- tegration und Frauen auf meine Anfrage vom 17.2.2015 (Drs. 17/15606) wurde Frage 3 nicht beantwortet. Ich frage daher erneut: Wer wird die erwähnte Bedarfsprü- fung durchführen? In welchen Zeitrahmen findet sie statt und wann ist geplant, sie abzuschließen? 5. In der Antwort auf Frage 5 meiner Anfrage vom 17.2.2015 (Drs. 17/15606) wurde darauf hingewiesen, dass keine Aussage zum zusätzlich benötigten finanziel- len Bedarf für Maßnahmen gegen Cybergewalt getroffen werden könne. Welchen Zeitplan hat die Senatsverwal- tung für die Ermittlung des Bedarfs vorgesehen? In wel- cher Form wird sie stattfinden und wann soll sie abge- schlossen sein? Zu 2., 3. und 5.: Die Fachtagung der Friedrich-Ebert- Stiftung „Wessen Internet? Geschlechterverhältnisse und Genderdebatten im Netz“ vom 22. April 2015 hat erneut deutlich gemacht, dass es sich bei Gewalt im Netz gegen Frauen und Mädchen um ein hochkomplexes Thema handelt, für das es keine einfachen und schnellen Antwor- ten in Form von Handlungsanleitungen gibt. Wichtige Themen, die bei der o.g. Tagung diskutiert wurden, wa- ren u.a. die Inverantwortungnahme der Plattformbetreiber, die Schaffung von Möglichkeiten zur Abwehr von Inter- netangriffen die Identität der Täter zu erfahren sowie die konkreten Ausprägungen und verschiedenen Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt im Netz und die Bedeu- tung der Maskulinistenszene. Aus Sicht des Berliner Se- nats ist für die Länder auch die Vermittlung von techni- schem „know-how“ für die Beratungsstellen von Bedeutung . Eine Bedarfsprüfung im herkömmlichen Sinne kann wegen der räumlichen, zeitlichen und inhaltlich entgrenzten Dimension von Cybergewalt im Netz nicht durchgeführt werden. Der Senat wird sich entsprechend der Ergebnisse der Hauptkonferenz der GFMK im zwei- ten Halbjahr 2015 verstärkt mit dem Thema Schutz vor Cybergewalt an Frauen und Mädchen auf Länderebene und der Frage der Bedarfsermittlung befassen. Ein finan- zieller Bedarf kann derzeit noch nicht beziffert werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 248 2 4. In welcher Form wurde das Thema frauenspezifi- sche Gewalt im Netz in den zu Punkt 6 in der Antwort auf meine Anfrage vom 17.2.2015 (Drs. 17/15606) genannten Schulungen für Richter*innen und Staatsanwält*innen thematisiert? Hält der Senat die Schulung von insgesamt 23 Personen in staatlichen Behörden für ausreichend, um der mangelnden Sensibilität der Strafverfolgungsbehörden für das Thema beizukommen? Zu 4.: Ziel der 6-tägigen Spezialschulung zur Be- kämpfung der IT-Kriminalität war es, bei den Justizbe- hörden Spezialistinnen und Spezialisten auszubilden, die den ständig wachsenden technischen und juristischen Anforderungen bei der Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Internet - so auch der Cyberge- walt - gewachsen sind. Hauptprobleme der Verfolgung dieser Art von Straftaten sind die Rückverfolgung von Äußerungen im Netz ggf. mit Auslandsbezug -, EDV- Beweissicherungsmaßnahmen, Probleme des Datenschut- zes etc. Gerade in diesen Problemfeldern wurden die Teilnehmenden der 6-tägigen Fortbildungsmaßnahme geschult, so dass diese Fortbildungsmaßnahme auch zur Verfolgung der frauenspezifischen Gewalt im Netz lang- fristig und nachhaltig Früchte tragen wird. Die 2-tägige Schulung zum Thema „Stalking und häusliche Gewalt“ befasste sich allgemein mit Aspekten der Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Die durch diese Fortbildungsmaßnahme intendierte Sensibilisierung der Teilnehmenden für dieses Thema dürfte sich auch för- dernd für die Strafverfolgung der frauenspezifischen Gewalt im Netz auswirken. Formen beider Veranstaltungen waren Vorträge, Dis- kussionen, Gruppenarbeit sowie der Austausch von Erfah- rungen. Zwar nahmen an den in der Anfrage aufgeführten Fortbildungsveranstaltungen (nur) 23 Personen teil. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Aspekte der Cybergewalt (gegen Frauen) sowohl im Bereich der Internetkriminali- tät wie auch in den Bereichen Sexualstraftaten und Opfer- schutz eine Rolle spielen; zu diesen Themen bietet das Gemeinsame Juristische Prüfungsamt (GJPA) fortlaufend gut besuchte Fortbildungsveranstaltungen an, so dass eine die angegebene Zahl von 23 Personen deutlich überstei- gende Anzahl von Berliner Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowohl über das notwendige juristische Rüstzeug wie auch über die notwendige Sensibilisierung zur sachgerechten Behand- lung dieser gewichtigen Problematik verfügen dürfte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass eine Grundidee der Fortbildung dieser Personengruppen darin liegt, dass die fortgebildeten Personen in ihren Stammbehörden später als Multiplikatoren wirken, also im kommunikativen Austausch ihre Kolleginnen und Kollegen an den im Rahmen einer Fortbildung gewonnenen Erkenntnissen teilhaben lassen. Gerade dieser Weg sorgt in der Praxis oftmals dafür, dass auch Strafverfolgerinnen und Strafver- folger, die an der einzelnen Fortbildung nicht teilgenom- men haben, an den in dieser Veranstaltung gewonnenen Erkenntnissen partizipieren. Berlin, den 03. Juni 2015 In Vertretung Barbara Loth Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Juni 2015)