Drucksache 17 / 16 290 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 27. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mai 2015) und Antwort Wie schützt der Senat Geflüchtete vor rassistischen Angriffen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Konnte die Person, die am 17. Mai 2015 auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkunft in der Soorstraße mehrere andere Personen mit einem sog. Samuraischwert bedrohte und mindestens eine Person verletzte mittlerweile polizeilich ermittelt werden? Wenn ja, ist diese Person der Polizei bereits wegen anderer Straftaten bekannt? Zu 1.: Der unbekannte Tatverdächtige konnte bisher noch nicht ermittelt werden. 2. Trifft es zu, dass die unter 1. genannte Person mehrere andere Personen am 17. Mai 2015 auch mit einer Schusswaffe bedroht hat? Wenn ja, war die Person zu diesem Zeitpunkt in Besitz einer Erlaubnis zum Führen von Schusswaffen (Waffenschein)? Zu 2.: Nach dem jetzigen Ermittlungsstand liegen Hinweise darauf vor, dass der bisher noch unbekannte Tatverdächtige auch mit einem Gegenstand drohte, der wie eine Schusswaffe aussah. Mit Hinweis auf die Beantwortung zur Frage 1 ist eine Aussage hinsichtlich der Erlaubnis zum Führen von Schusswaffen nicht möglich. 3. Sind Kontakte der unter 1. genannten Person zu Personen, Institutionen und/oder sonstigen Zusammenschlüssen bekannt, die der rechten Szene zugeordnet werden? Wenn ja, zu welchen? Zu 3.: Bisher ist hierzu keine Beantwortung möglich (siehe Frage 1). 4. Wie bewerten die Polizei sowie der Senat den unter 1. geschilderten Vorfall hinsichtlich der Motive des Täters und liegen Anzeichen für eine rassistische Motivlage des Täters vor? Zu 4.: Aufgrund der Gesamtumstände der Tatausführung kann eine fremdenfeindliche Tatmotivation des Täters nicht ausgeschlossen werden. 5. Aus welchen Gründen gelang es der Polizei nicht, die unter 1. genannte Person unmittelbar nach der Tat zu fassen, obwohl ein Securitymitarbeiter bereits während der Tat einen Notruf absetzte und die nächstgelegenen Polizeistationen (Spandauer Damm, Kaiserdamm) nur wenige Autominuten vom Tatort entfernt liegen und anzunehmen war, dass von der unter 1. genannten Person eine erhebliche Gefahr ausging? Zu 5.: Der in Rede stehende Notruf erfolgte zeitgleich mit der Flucht des Täters. Mit dem Eintreffen der ersten Kräfte hatte sich der Täter in unbekannte Richtung entfernt . Um den Nahbereich erfolgversprechend und zielgerichtet nach dem Täter abzusuchen, bedurfte es einer Kontaktaufnahme der ersteintreffenden Kräfte mit dem Anrufer, um eine fahndungstaugliche Täterbeschreibung zu erhalten. Die Auswertung der Einsatzdokumentation der Einsatzleitzentrale ergab, dass der Notruf des Securitymitarbeiters am Einsatztag um 00:35 Uhr durch eine Dienstkraft am Annahmeplatz entgegengenommen wurde. Das Gespräch wurde um 00:36 Uhr beendet. Ebenfalls um 00:36 Uhr erfolgte die Beauftragung von drei Funkwagenstreifen . Zwei dieser drei Funkwagenstreifenbesatzungen dokumentierten in der gleichen Minute, dass sie sich auf der Anfahrt zum Einsatzort befanden. Die dritte Funkwagenstreifenbesatzung dokumentierte die Anfahrt um 00:37 Uhr. Somit befanden sich eine Minute nach Entgegennahme des Notrufes drei Funkwagenstreifen in der Anfahrt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 290 2 Weitere Dispositionen folgten um 00:37 Uhr für eine Streife des Streifendienstes Verbrechensbekämpfung (StrD VB) und um 00:38 Uhr für eine weitere Funkwagenstreife . Auch diese Streifen dokumentierten jeweils in derselben Minute ihre Anfahrt. Zwei Minuten nach Entgegennahme des Notrufes befanden sich nunmehr insgesamt vier Funkwagenstreifen und Einsatzkräfte des StrD VB in der Anfahrt zum Einsatzort . Die erste Funkwagenstreife traf um 00:38 Uhr – zwei Minuten nach Beauftragung des Notrufes – am Einsatzort ein. Die weiteren Eintreffzeiten sind mit 00:39 Uhr, 00:41 Uhr und 00:44 Uhr - also drei, fünf und acht Minuten nach Beauftragung - dokumentiert. Um 00:41 Uhr erfolgte eine erste Zwischenmeldung der am Einsatzort eingetroffenen Kräfte über den Lagedienst der Direktion 2, dass eine mit Schwert bewaffnete Person in unbekannte Richtung flüchtig ist. In derselben Minute begann die gezielte Absuche des Nahbereiches mit einer Zivilstreife und einer Funkwagenstreife. Um 00:48 Uhr konnte eine erste durch eine Funkwagenstreifenbesatzung in Erfahrung gebrachte Personenbeschreibung über Funk an die eingesetzten Kräfte übermittelt werden. Polizeieinsatzkräfte halten sich im Rahmen ihrer Streifentätigkeit im gesamten jeweiligen Zuständigkeitsbereich auf. Die Nähe einer Polizeidienststelle zum Tatort ist daher für die Anfahrtsdauer der Einsatzkräfte nicht maßgeblich . 6. Wie viele Einsatzkräfte waren zur Ergreifung des Täters sowie zur Untersuchung am Tatort eingesetzt? Zu 6.: Insgesamt waren 10 Einsatzkräfte an dem Einsatz beteiligt. Diese verteilten sich auf vier Funkwagenstreifen und eine StrD VB-Streife. An dem Einsatz waren alle drei dem Abschnitt (A) 22 gemäß Einsatzstufenplan zur Verfügung stehenden Funkwagenstreifen beteiligt sowie dessen StrD VB. Zusätzlich wurde eine weitere Streife vom A 23 zur Unterstützung herangezogen. 7. Besteht ein Schutzkonzept bezüglich rassistischer Gefahren für die Flüchtlingsunterkunft in der Soorstraße? Wenn ja, wie ist dieses Konzept ausgestaltet? Zu 7.: Das Objekt wird durch einen privaten Sicherheitsdienst geschützt, welcher durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) beauftragt wurde. Ein Sicherheitskonzept ist fester Bestandteil der Qualitätsanforderungen , die auch für die Einrichtung in der Soorstraße gelten. Die konkrete Ausgestaltung obliegt dem Betreiber entsprechend den Anforderungen vor Ort. Seitens des Polizeiabschnitts 22 wird eine regelmäßige Kontaktaufnahme zur Heimleitung gepflegt. Die Situation an dieser Flüchtlingsunterkunft ist ungeachtet dieses Vorfalls als unauffällig und unproblematisch zu bezeichnen. 8. Welche Schutzmaßnahmen plant der Senat, um künftig Angriffe auf die Flüchtlingsunterkunft Soorstraße zu verhindern? Zu 8.: Der Senat geht davon aus, dass es sich bei dem dargestellten Übergriff mittels eines Samuraischwertes um einen Einzelfall handelt. Das besonnene Reagieren des Wachschutzes hat zudem gezeigt, dass die Sicherheit gewährleistet werden konnte. Unter Hinweis auf die Beantwortung zur Frage 7 besteht kein Bedarf, die bisherigen Schutzmaßnahmen anzupassen . 9. Welche Maßnahmen nimmt das LAGeSo zum Schutz und zur Betreuung von Geflüchteten vor, die Opfer eines wie unter 1. geschilderten Angriffs wurden? 10. Arbeitet das LAGeSo vor diesem Hintergrund mit Institutionen wie bspw. ReachOut Berlin zusammen? Wenn nein, warum nicht? Zu 9. und 10.: Die Arbeit mit den Betroffenen obliegt zunächst den Sozialarbeitern des Trägers vor Ort. Wird von diesen weiterer Handlungsbedarf gesehen, so wird in Abstimmung mit dem Sozialdienst des LAGeSo eruiert, ob weitere Fachstellen und/oder Opferambulanzen eingeschaltet werden. 11. Erhalten Opfer von Angriffen Informationen und/oder mehrsprachiges Informationsmaterial, an welche Stellen sie sich im Fall eines rassistischen Angriffs wenden können? Wenn nein, warum nicht? Zu 11.: Jeder Betreiber hält in der Regel Personal mit Fremdsprachenkenntnissen vor. Auch im Sozialdienst des LAGeSo stehen ggf. Sprachmittler/-innen zur Verfügung. Darüber hinaus erhalten Geschädigte von der Polizei Informationen zu Kontaktstellen, wenn dieses gewünscht wird. Hier ist der „Handzettel für Zeugen / Opfer rechtsextremistischer Straftaten“ anzuführen, welcher neben den Kontaktstellen bei Polizei und Verfassungsschutz ebenso Kontaktstellen der Opferhilfe aufzeigt. Darüber hinaus wird auf den Dienststellen umfangreiches Informationsmaterial von unterschiedlichen nicht-staatlichen Hilfsorganisationen und -einrichtungen in verschiedenen Sprachen zur Verfügung gestellt. Berlin, den 05. Juni 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2015)