Drucksache 17 / 16 308 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 27. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mai 2015) und Antwort Konsequenzen aus dem BVerfG-Urteil (2 BvL 17/09) zur Besoldung der Richter*innen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass die Besoldung der Berliner Rich- terinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwäl- te bereits im Jahr 2010 hinter der vom Bundesverfas- sungsgericht für verfassungswidrig erklärten Besoldung im Land Sachsen-Anhalt zurücklag? Wenn ja: Wie hat sich seitdem jährlich die Differenz bis 2015 zwischen Berlin und Sachsen-Anhalt entwickelt? Zu 1.: Ja. Differenz des fiktiven Jahresbruttogehalts der Besoldungsgruppe (BesGr.) R 1 im Land Berlin ggü. dem fiktiven Jahresbruttogehalt der BesGr. R 1 im Land Sachsen-Anhalt (jeweils ausgehend vom Endgrundgehalt) Jahr in Euro in Prozent 2010 3.345,32 € 5,39% 2011 2.894,48 € 4,56% 2012 3.102,80 € 4,79% 2013 3.618,68 € 5,48% 2014 3.711,56 € 5,46% 2015 3.196,77 € 4,57% 2. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat von Berlin aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 hinsichtlich der Besoldung der Berliner Rich- terinnen und Richter, welcher Handlungsbedarf wird gesehen? 3. Welche Auswirkungen hat das Urteil des Bundes- verfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 auf die Besoldung der Berliner Beamtinnen und Beamten und welcher Hand- lungsbedarf wird hier gesehen? 4. Bis wann wird der Senat dem Abgeordnetenhaus von Berlin gegebenenfalls den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Besoldung der Berliner Richterinnen und Richter sowie der Berliner Beamtinnen und Beamten zur Beratung vorlegen? 5. Wie hoch sind gegebenenfalls die für die Schaf- fung eines verfassungskonformen Besoldungszustandes erforderlichen Aufwendungen an Haushaltsmitteln (bitte aufschlüsseln nach rückwirkenden Aufwendungen für die zurückliegenden Jahre, in denen eine Anpassung notwen- dig ist, und Aufwendungen für die Jahre 2015, 2016, 2017 und 2018 – jeweils getrennt nach Richter- bzw. Beamtenbesoldung)? Zu 2. bis 5.: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 5. Mai 2015 festgestellt, dass die Höhe der Besoldung in der Besoldungsgruppe R 1 des Landes Sachsen-Anhalt in den Jahren 2008 bis 2010 nicht mit dem aus Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes folgenden Alimentationsgrundsatz vereinbar ist. Das Urteil entfaltet unmittelbare Wirkung nur für die Höhe der Besoldung in der Besoldungsgruppe R 1 des Landes Sachsen-Anhalt. Der Gesetzgeber des Landes Sachsen-Anhalt hat verfas- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 308 2 sungskonforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2016 an zu treffen. Zur Überprüfung der Verfas- sungsmäßigkeit der Richterbesoldung hat das Bundesver- fassungsgericht in dem Urteil ein dreistufiges Prüfschema mit zahlreichen Parametern entwickelt. Es ist davon aus- zugehen, dass das Urteil auch Ausstrahlungswirkungen auf andere Besoldungsgesetzgeber haben kann. Das Bun- desverfassungsgericht hat in dem Urteil konkrete Prü- fungsstufen und Parameter zur amtsangemessenen Ali- mentation entwickelt, die grundsätzlich auch auf Beam- tinnen und Beamte übertragbar sein dürften. Die Frage nach den Auswirkungen für die Berliner Richterinnen und Richter sowie die Berliner Beamtinnen und Beamten und dem gegebenenfalls daraus folgenden Handlungsbedarf bedarf noch näherer Prüfung. Es sind Datenerhebungen sowie umfangreiche Berechnungen für längere Zeiträume notwendig. Zum gegenwärtigen Zeit- punkt können daher zu den möglichen Auswirkungen noch keine Angaben gemacht werden. Soweit unter Frage 1 Besoldungsdifferenzen zwischen dem Land Berlin und dem Land Sachsen-Anhalt erfragt werden, wird an dieser Stelle davon abgeraten, gegebe- nenfalls voreilige Schlüsse zu ziehen. Zum einen kommt es anhand des o.g. Prüfschemas des Bundesverfassungs- gerichts darauf an, welcher Zeitraum jeweils genau zu betrachten ist. Zum anderen sind die vom Bundesverfas- sungsgericht formulierten volkswirtschaftlichen Parame- ter jeweils auf die Situation in dem einzelnen Land zu beziehen. Im Übrigen wird auf Artikel VI des Gesetzes zur An- passung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2014/2015 vom 9. Juli 2014 verwiesen, nach dem die zukünftigen Anpassungen bis zu einer Angleichung an das Durchschnittsniveau der übrigen Bundesländer min- destens um 0,5 Prozent über dem entsprechenden Durch- schnittswert der Anpassungen aller anderen Bundesländer liegen. Aus dieser Regelung ergibt sich ohnehin die Ver- pflichtung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Anpas- sung der Besoldung ab 1. August 2016. Inwieweit dieser Gesetzentwurf durch die Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 über die in Artikel VI getroffenen Regelungen hinausgehen wird, bedarf, wie dargelegt, noch der Prüfung. Berlin, den 5. Juni 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2015)