Drucksache 17 / 16 320 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 01.Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juni 2015) und Antwort Hungerstreik im Justizvollzug Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Gefangene in den Justizvollzugsanstalten des Landes Berlin sind seit Beginn der Legislatur in den Hungerstreik getreten? (Bitte eine Einzelauflistung nach Anzahl und Monat und Jahr.) 2. Wie lange und aus welchen Gründen sind die unter 1. genannten Gefangenen jeweils in den Hungerstreik getreten? 3. Welche (ärztlichen) Maßnahmen wurden jeweils durch die Anstaltsleitung ergriffen, um Betroffene zum Essen zu bewegen bzw. um sicherzustellen, dass Be- troffene nicht verhungern oder sonstige körperliche Schä- den durch Mangelernährung erleiden? 4. Kam es in diesem Zusammenhang auch zur An- wendung von Zwangsmaßnahmen und wenn ja, zu wel- chen und über welchen Zeitraum wurden diese jeweils angewendet? Zu 1. bis 4.: Die Anstalten berichten nach Nummer 1 g) der Allgemeinen Verfügung zu Nummer 3 der Ver- waltungsvorschriften zu § 156 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) als außerordentliches Vorkommnis jeden Hungerstreik von mehr als siebentägiger, jeden Durst- streik von mehr als zweitägiger Dauer. Diese Berichte werden von hier ausgewertet und verfolgt. Eine darüber- hinausgehende Erfassung der kürzeren Hungerstreiks bzw. Durstvorkommnisse erfolgt nicht. Generell lässt sich sagen, dass alle sich in einem Hun- ger- und/oder Durststreik befindenden Gefangenen unter regelmäßiger medizinischer Betreuung stehen. Nur in seltenen Einzelfällen werden medizinische Maßnahmen aufgrund eines Hunger- und/ oder Durststreiks erforder- lich, in den übrigen Fällen trat weder ein medizinisch relevanter Gewichts- oder Vitalitätsverlust ein. Medizini- sche Zwangsmaßnahmen nach § 101 Abs. 1 StVollzG mussten nicht durchgeführt werden. Alle notwendigen medizinischen Untersuchungen und gegebenenfalls auch erforderlichen medizinischen Maßnahmen erfolgten mit dem Einverständnis der Gefangenen. Es war auch in kei- nem Fall von einem Ausschluss einer freien Willensbe- stimmung oder einem reduziertem Geisteszustand auszu- gehen. Zum weiteren Verfahren, Betroffene zum Essen zu bewegen, wird auf die Antwort zur Frage Nummer 5. verwiesen. Ergänzend ist noch auszuführen, dass sich in einem Hunger- und/oder Durststreik befindende Gefan- gene weiterhin am Gefangenen-Einkauf, Paketempfang sowie Automatenzug teilnehmen und auch die für die Inhaftierten bestimmten Stationsküchen benutzen können. Die Versorgung mit ausreichend Trinkwasser ist den Inhaftierten auch über die Leitungswasserzufuhr in den Hafträumen jederzeit möglich. Die seit Beginn der Legislatur von den Justizvollzugs- anstalten nach den oben genannten Vorgaben berichteten außerordentlichen Vorkommnisse sind mit Angabe der Dauer, Gründe und erforderlichen medizinischen Maß- nahmen den fortlaufend nummerierten nachfolgenden Übersichten 2011 bis 2015 zu entnehmen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 320 2 2011 Lfd. Nr. Monat Dauer Gründe Medizinische Maßnahmen 1 05.10 bis 13.10. - mittags 8 Tage Fühlte sich ungerecht behandelt, nachdem er aufgrund seiner Arbeitsverweigerung von der Arbeit suspendiert und vom Arbeitsbetrieb Tischlerei zur schuldhaften Ablösung vorge- schlagen wurde. nein 2 03.12. bis 15.12. - mittags 13 Tage Gefangener gab zunächst keine Gründe an. Mit Annahme der Anstaltsver- pflegung am 15.12. gab der Gefangene an, dass er nicht im Hungerstreik gewesen sei; er habe die Annahme der Anstalts- kost wegen Appetitlosigkeit abgelehnt. Auf Empfehlung der Leiten- den Anstaltsärztin: Verbringung in den besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände wegen psychischer Auffällig- keiten und Suizidgefahr am 08.12. Diese Maßnahme wurde am 09.12. wieder aufgehoben. 2012 Lfd. Nr. Monat Dauer Gründe Medizinische Maßnahmen 1 17.01. bis 24.01. 8 Tage Wechsel des Stations-Hausar- beiters. Der Inhaftierte wies daraufhin, dass er nur die An- staltskost verweigere und sich nicht im Hungerstreik befinde. nein 2 28.01. bis 04.02. 8 Tage Aufgrund der bevorstehenden Abschiebung am Entlassungstag (17.02.). nein 3 02.03. bis 16.03. Ab 14.03. bereits wie- der Annahme der Mit- tagsverpflegung. 15 Tage Möchte während seines lfd. Verfahrens ins Justizvollzugs- krankenhaus verlegt werden. Wähnt dort bessere gesundheit- liche Betreuung. Der am Gefangeneneinkauf teilnehmende Gefangene er- klärte gegenüber der Anstalts- ärztin, dass er nicht hungere, sondern lediglich keine An- staltskost annehme. Er trinke auch ausreichend. nein 4 14.03. bis 25.03. Angabe der Gefange- nen: sie sei seit 17 Wochen im partiellen Hunger-/Durststreik mit 1 Mahlzeit pro Woche und 500 ml Flüssigkeit am Tag 12 Tage Aus ihrer Sicht zu Unrecht verhängte Sanktion von 15 Tagen Ordnungshaft (Zivilhaft). Beabsichtigt, so die vorzeitige Entlassung aus der Haft zu erzwingen (Haftende 28.03.). Verlegung in das Justizvoll- zugskrankenhaus am 16.03. aufgrund eines reduzierten Allgemein- und Ernährungs- zustandes. Aber keine akute Lebensgefahr. Verdacht psychischer Erkran- kung. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 320 3 5 06.03. bis 22.3. 17 Tage Mit dem Hunger- und Durst- streik will er das Gericht von seiner Unschuld überzeugen und seine Entlassung aus der Haft erwirken. Verlegung in das Justizvoll- zugskrankenhaus am 09.03. Der U-Gefangene erhielt auf- grund seines reduzierten All- gemein- bei noch ausrei- chendem Ernährungszustand Infusionen und Medikamente bis zum 19.03. Gewichtsverlust, akute Le- bensgefahr bestand jedoch nicht. 6 28.03. bis 20.04. 23 Tage Inhaftierter gab an, dass die Verweigerung der Anstaltskost nicht mit einem Protest gegen die Anstaltsbedingungen ver- bunden sei. Er habe lediglich keinen Hunger, trinke aber ausreichend Wasser. Seine Ap- petitlosigkeit sei Folge eines länger bestehenden Grolls gegen Institutionen der Justiz, die u.a. für seine Jahre zurückliegende Scheidung und seine anstehende Wohnungsräumungsklage ver- antwortlich seien. nein 7 25.05. bis 04.06. 10 Tage Abgabe eines Antrags auf Haft- raum-Rückverlegung wurde von dem Gefangenen verweigert. Nachdem der entsprechende Haftraum anderweitig vergeben war, trat er in den Hungerstreik. nein 8 11.06. bis 15.06 5 Tage Nach der aus seiner Sicht zu Unrecht erfolgten Festnahme und Verbringung in die JVA am 11.06. verweigerte er ab 12.00 Uhr die Anstaltskost. nein 9 03.11. bis 24.11. 21 Tage Sieht sich zu Unrecht inhaftiert. nein 10 17.12. bis 24.01. 39 Tage Sieht seine Inhaftierung als unrechtmäßig an, da über seine Klage beim Europäischen Ge- richtshof noch nicht entschie- den worden sei. Verlegung in das Justizvoll- zugskrankenhaus am 17. 12. aufgrund akuter Suizidgefahr. Unterbringung im Krisenin- terventionsraum ohne gefähr- dende Gegenstände. Inhaf- tierter droht nun auch mit aktivem Suizid für den Fall der Herausverlegung in einen anderen Haftraum des Justiz- vollzugskrankenhauses. Gefahr eines lebensbedrohli- chen Zustandes aufgrund einer chronischen Grunderkrankung des Gefangenen. Mit Haftende (24.01.) Verle- gung in ein öffentliches Kran- kenhaus. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 320 4 11 17.12. bis 29.12. 13 Tage Protest gegen den Beschluss des BGH vom 08.12.: rechtskräftig gewordenes Urteil in Höhe von 7 Jahren, 10 Monaten und Un- terbringung wegen bandenmä- ßigen Handeltreibens mit Be- täubungsmitteln in nicht gerin- ger Menge. Nein 2013 Lfd. Nr. Monat Dauer Gründe Medizinische Maßnahmen 1 20.02. bis 07.03. 16 Tage Will unbedingt in die JVA Mo- abit verlegt werden; dort sei der Vollzug am besten. nein 2 03.03. bis 15.04. 44 Tage Inhaftierter befürchtet die Ver- unreinigung des Essens durch die ausgebenden Hausarbeiter. Nimmt deshalb nur Milch und Obst an und versorgt sich mit Lebensmitteln über den Gefan- genen-Einkauf. nein 3 31.03. bis 30.04. 31 Tage Vollzugssituation - Fühlt sich zu Unrecht beschuldigt, einen Mitgefangenen mit sexuellen Absichten behelligt zu haben. nein 4 30.05. bis 02.07. 33 Tage Gibt Eiweißunverträglichkeit an. Lehnt die entsprechende eiweißfreie Anstalts-Sonderkost ab und nimmt nur laktosefreie Milch und Obst an. Versorgt sich darüber hin-aus über den Gefangeneneinkauf. nein 5 20.06. bis 14.08. 56 Tage Angestrebtes Wiederaufnah- meverfahren, dass von der StA Berlin aktuell abgelehnt worden sei; ebenso die Nicht-Bereit- stellung eines Rechtsbeistandes. Verlegung in das Justizvoll- zugskrankenhaus am 07.08. aufgrund eines reduzierten Allgemein- und Ernährungs- zustandes. Keine akute Le- bensgefahr. 6 12.07. bis 22.07. 10 Tage Der Gefangene gab an, dass seine Kopf- und Ohrenschmer- zen medizinisch nicht angemes- sen versorgt worden seien. nein 7 04.09. bis 11.09. 8 Tage Dem Gefangenen wurde die Sonderkost, die er vormals in der JVA Moabit erhielt, verwei- gert. nein 8 22.10. bis 12.11. - morgens 23 Tage Der Gefangene gab als Grund an, in seinem Auslieferungsver- fahren keine Akteneinsicht zu erhalten. nein 9 29.10. bis 14.11. 16 Tage Der Gefangene gab an, er sei mit seiner Inhaftierung nicht einverstanden, da er keine Straf- tat begangen habe. Er versorge sich über den Ge- fangenen-Einkauf. nein Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 320 5 2014 Lfd. Nr. Monat Dauer Gründe Medizinische Maßnahmen 1 30.01. bis 14.02. - nachmittags 16 Tage Allgemeine Unzufriedenheit mit den Haftbedingungen. nein 2 24.02. bis 22.03. (erneute Annahme- verweigerung der An- staltsverpflegung) 27 Tage Weiterhin unzufrieden mit der Haftsituation. nein 3 09.02. bis 28.02. 20 Tage Äußerung gegenüber seiner Gruppenleiterin: er leide unter Stuhlinkontinenz und bei Nah- rungsentzug habe er in dieser Hinsicht keine Probleme. nein 4 13.02. bis 20.02. 8 Tage Protestiert damit gegen seine Gesamtsituation. nein 5 17.03. bis 30.03. 14 Tage Keine Äußerung. Nimmt von der Anstalts-kost nur Milch und Obst an. nein 6 20.03. bis 26.03. – mittags (Verweigerung der Anstaltsgetränke am 24.3. und 25.3.) 7 Tage Das Fernsehgerät wurde aus dem Haftraum entnommen, da der Gefangene nicht den vollen Betrag der TV- und Kabelge- bühr für diesen Monat aufbrin- gen konnte. nein 7 07.04. bis 19.05. 13 Tage Fehlende Beschäftigung. nein 8 17.04. bis 08.05. - abends 22 Tage Enttäuschung darüber, dass der zuständige Richter seinen Haft- befehl nicht außer Vollzug ge- setzt und er somit keine Ladung zum offenen Vollzug er-halten habe. nein 9 21.05. bis 28.05. 8 Tage Persönliche Probleme, auf die er nicht näher eingehen wolle. nein 10 01.07. bis 16.07. - mittags 16 Tage Die als ungerecht empfundene Inhaftierung. nein 11 15.08. bis 19.02.2015 189 Tage Der sich in psychiatrischer Be- handlung befindende Gefangene wollte durch die Verweigerung, von Bediensteten Anstaltskost anzunehmen, auf seine Rechte aufmerksam machen. Versorgt sich über den Gefan- genen-Einkauf und Mitgefan- gene, die ihm z. B. den Nach- schlag abtreten. Nimmt nur Anstaltsverpflegung an, wenn Bedienstete dies vermeintlich nicht bemerken. nein Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 320 6 12 03.09. bis 24.09. 22 Tage Verlangt die Zubereitung ko- scherer Kost. Lehnt die von der Jüdischen Gemeinde empfohlene Sonder- kostform der Anstalt bis zur Verlegung in den offenen Voll- zug ab. Nimmt bis dahin aus der An- stalts-Verpflegung nur Milch und Obst an und versorgt sich über den Gefangenen-Einkauf. Nein 13 09.09. bis 15.09. - abends 7 Tage Verlangt einen Arbeitsplatz. nein 14 16.09. bis 01.10. 16 Tage Ist mit der gegen ihn verhängten Disziplinarmaßnahme nicht einverstanden. nein 15 25.09. bis 12.11. 48 Tage Verärgerung über gerichtliche Anordnungen. Versorgt sich über den Gefan- genen-Einkauf. nein 16 31.10. bis 26.11. 26 Tage Bevorstehende Verlegung in den geschlossenen Vollzug. Gefangener begehrt den Ver- bleib in der JVA Moabit. nein 17 21.11. bis 04.12. - nachmittags 14 Tage Vermeintlich ungerecht-fertigte Suspendierung vom Arbeits- platz. nein 2015 Lfd. Nr. Monat Dauer Gründe Medizinische Maßnahmen 1 20.01. bis 26.01. 7 Tage Habe auf seine Anträge an die Zentrale Medizinische Ambu- lanz (seit 2 Wochen) keine Antwort erhalten. nein 2 06.02. bis 09.03. 32 Tage Lehnt die als unhygienisch empfundene Bereitstellung der fleischfreien Mittags-Kost ab. Nimmt nur verpackte Lebens- mittel, Obst und Teig-waren aus der Anstalts-verpflegung an. nein 3 10.03. bis 05.04. 25 Tage Meint, zu Unrecht inhaftiert worden zu sein. nein Gewichtsverlust, aber nicht lebensbedrohlich. 4 06.04. - mittags bis 29.05. 54 Tage Ungerechte Behandlung in der Anstalt - z. B. sei Bedrohung durch Mitgefangene von den Bediensteten der Anstalt nicht ernst genommen worden. nein Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 320 7 5. Gibt es interne Anweisungen, Richtlinien und sons- tige Weisungen, wie mit Gefangenen zu verfahren ist, die sich in einem Hungerstreik befinden und wenn ja, wel- che? (Bitte im Originalwortlaut beifügen.) Zu 5.: In den Justizvollzugsanstalten gibt es über die allgemeinen Regelungen - insbesondere die oben ge- nannte Nummer 1 g) der Allgemeinen Verfügung zu Nummer 3 der Verwaltungsvorschriften zu § 156 StVollzG sowie die Meldepflicht aller bedeutsamen Sachverhalte gegenüber der Anstaltsleitung nach Nummer 9 der Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Straf- vollzug (DSVollz) - hinaus keine spezifischen Regelun- gen im Sinne der obigen Nummer 5 der Anfrage oder weitere interne verschriftlichte Vorschriften zur Verfah- rensweise bei einem Hungerstreik. Gesonderte schriftliche Anordnungen werden auch nicht für notwendig erachtet, weil die Thematik zum einen zu den sogenannten Kern- aufgaben der Justizvollzugsanstalten gehört, die alle hier tätigen Bediensteten sicher beherrschen, und die Ursachen der Fälle von Hunger- und/oder Durststreik zum anderen so unterschiedlich sind, dass die erforderlichen Maßnah- men insbesondere zur Betreuung und Behandlung und zur Gegensteuerung in jedem Einzelfall gesondert zu beraten und umzusetzen sind. Zwar stellt sich eine generalisieren- de Richtlinie insoweit als nicht effizient dar, gemein ist dem Management dieser Fälle aber das Folgende: Verweigert eine Inhaftierte oder ein Inhaftierter die Nahrungsaufnahme und kündigt einen Hunger- und/ oder Durststreik an, fertigt die oder der zuerst davon Kenntnis Erhaltende unverzüglich eine schriftliche dienstliche Meldung zur sofortigen Unterrichtung der Anstaltsleitung sowie gegebenenfalls der zuständigen Bereichsleitung, informiert die Stationsbediensteten und den zuständigen Sozialdienst über den Sachstand. Letztere suchen als Erste das Gespräch mit der oder dem Gefangenen, um die Ursa- che für den Hunger- und/oder Durststreik zu verstehen und mögliche Lösungen zu finden. Gleichzeitig wird stationsintern eine Liste über den Beginn und die Fortdauer der regelmäßig angebotenen und in der Folge abgelehnten Speisen und gegebenenfalls auch verweigerten Flüssigkeitsaufnahmen angelegt. In dieser Liste wird anlässlich jeder Essensausgabe (Früh- stück, Mittag und Abendbrot) mit Datum und Uhrzeit dokumentiert, ob die oder der Gefangene die ihr oder ihm fortwährend angebotenen Nahrungsmittel und Flüssig- keiten jeweils verweigert oder angenommen hat. Unverzüglich nach Anlage der Liste - in aller Regel noch am selben Tag - wird der medizinische Dienst über den Hunger- und/oder Durststreik informiert, der dann in der Regel täglich nach der oder dem Gefangenen sieht, die medizinischen Untersuchungen zur Überprüfung des Gesundheitszustandes (Gewicht, Blutdruck, Laborwerte z. B. Ketonkörper im Harn etc.) vornimmt und klärt, ob die Notwendigkeit medizinischer Maßnahmen (Infusionen, Medikamente etc.) besteht. Darüber hinaus werden die betreffenden Gefangenen über die gesundheitlichen Fol- gen des Hunger- und/oder Durststreiks aufgeklärt. Sollte konkret eine Verweigerung über Tage andauern, ent- scheidet der medizinische Dienst auch, ob und wann eine Verlegung in das Justizvollzugskrankenhaus Berlin indi- ziert ist. Ebenfalls wird neben dem Sozialen Dienst auch der Psychologische Fachdienst sowie bedarfsorientiert ein Anstaltsgeistlicher mit eingebunden. Je nach Grund des Hunger- und/oder Durststreiks können auch andere vermittelnde Maßnahmen (Sonder- sprechstunde mit der Ehefrau z. B.) durchgeführt werden. Berlin, den 17. Juni 2015 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2015)