Drucksache 17 / 16 330 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 28. Mai 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juni 2015) und Antwort „Scheibenputzer“, Hütchenspieler und Bettelbetrüger Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele „Scheibenputzer“ und „Straßenverkäufer “, die seitens der Autofahrerinnen und -fahrer unerwünscht und gegen eine Geldspende während Rotlichtphasen auf den Straßen an Ampelanlagen Autoscheiben putzten oder Kleinstartikel verteilten, wurden im Jahr 2014 und von Januar bis Mai 2015 von der Berliner Polizei festgestellt und wie viele von ihnen waren Wiederholungstäter? Zu 1.: Im Jahr 2014 wurden insgesamt 165 und vom 1. Januar bis 31. Mai 2015 bisher 36 Personen von der Poli- zei im Zusammenhang mit Scheibenputzer-Tätigkeiten festgestellt, wobei Mehrfacherfassungen nicht ausge- schlossen werden können. Zu der angefragten Anzahl der „Wiederholungstäter“ wird keine Statistik geführt. Personen , die Taschentücher, Feuerzeuge oder Ähnliches in Erwartung einer Geldspende verteilt haben, wurden nicht gesondert erfasst. 2. In wie vielen Fällen wurden von der Berliner Polizei im Jahr 2014 und von Januar bis Mai 2015 gegenüber „Scheibenputzern“ und „Straßenverkäufern“ a) Strafanzeigen aufgenommen, b) Ordnungswidrigkeiten- anzeigen aufgenommen, c) Platzverweise ausgesprochen, d) Identitäten festgestellt, e) Tätigkeitsberichte verfasst? Zu 2.: Auf die nachstehende Tabelle wird verwiesen. 2014 2015 (01.01.- 31.05.) Strafanzeigen 2 0 Ordnungswidrigkeitenanzeigen 8 1 Platzverweise 27 13 Identitätsfeststellungen 30 13 Tätigkeitsberichte 52 6 Es ist darauf hinzuweisen, dass sowohl in einem Tä- tigkeitsbericht als auch in einer Strafanzeige mehrere Personen erfasst sein können. Personen, die Taschentücher, Feuerzeuge oder Ähnli- ches in Erwartung einer Geldspende verteilt haben, wur- den nicht gesondert erfasst. 3. In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2014 und von Januar bis Mai 2015 Beleidigungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen von „Scheibenputzern“ und „Straßenverkäufern“ durch Autofahrerinnen und -fahrer zur Anzeige gebracht? Zu 3.: Im Jahr 2014 wurden zwei Strafanzeigen wegen des Verdachts der Beleidigung gefertigt. Die übrigen angefragten Delikte wurden im angegebenen Zeitraum nicht erfasst. 4. Wie viele betrügerische Hütchenspieler wurden im Jahr 2014 und von Januar bis Mai 2015 von der Berliner Polizei festgestellt und wie viele von ihnen waren Wiederholungstäter? Zu 4.: Nach Feststellungen der Ermittlungsgruppe (EG) Hütchenspielbetrug, deren Zuständigkeit sich auf die hauptsächlich von dem Phänomen betroffenen Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Mitte in den Polizeidirektionen 2 und 3 erstreckt, gehören ca. 160 Personen zum harten Kern der betrügerischen Hütchenspielerinnen bzw. Hütchenspieler. Von diesen sind wiederum ca. 70 mit Wohnsitz Berlin gemeldet. Bei den kontrollierten Personen handelt es sich stets um den gleichen Personenkreis, der mehrfach kontrolliert wird. Aufgrund von Mehrfacherfassungen entspricht daher die Zahl der im Jahr 2014 insgesamt erfassten 763 Hütchenspielerinnen bzw. Hütchenspieler und von Januar bis Mai 2015 erfassten 90 Hütchenspielerinnen bzw. Hütchenspieler nicht der Anzahl der tatsächlich aktiven Personen. Der Anteil der „Wiederholungstäter“ ist als besonders hoch anzusehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 330 2 5. In wie vielen Fällen wurden von der Berliner Polizei im Jahr 2014 und von Januar bis Mai 2015 gegenüber betrügerischen Hütchenspielern a) Strafanzeigen aufgenommen, b) Ordnungswidrigkeiten- anzeigen aufgenommen, c) Platzverweise ausgesprochen, d) Identitäten festgestellt, e) Tätigkeitsberichte verfasst? Zu 5.: Folgende Anzeigen und sonstige Vorgänge konnten hierzu statistisch ausgewertet werden: 2014 2015 (01.01. – 31.05.) Strafanzeigen (Betrug pp, Aus- ländergesetz) 214 36 Ordnungswidrigkeitenanzeigen (fehlende Sondernutzungserlaub- nis) 312 51 Sonstige Vorgänge (Platzver- weise, Durchsuchungen, Sicher- stellungen) 393 48 Die Fertigung von Strafanzeigen und Ordnungs- widrigkeitenanzeigen setzt grundsätzlich eine Identi- tätsfeststellung voraus. Deren Zahl lässt allerdings keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Anzahl der Hütchen- spielerinnen bzw. Hütchenspieler zu. Tätigkeitsberichte werden im Falle von Hütchen- spielerinnen bzw. Hütchenspielern nicht verfasst. 6. Was unternimmt der Senat, um stärker gegen die organisierten Hütchenspieler-Banden vorzugehen? Zu 6.: Um eine direktionsübergreifende, konzentrierte Bekämpfung dieser Betrugsart und zugleich die Ahndung und Unterbindung der nicht genehmigten Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes zu gewährleisten, wurde am 21. Mai 2013 durch die Polizei Berlin die Ermitt- lungsgruppe (EG) Hütchenspielbetrug eingerichtet. Deren Zuständigkeit erstreckt sich auf die hauptsächlich von dem Phänomen betroffenen Bezirke Charlottenburg-Wil- mersdorf und Mitte in den Polizeidirektionen 2 und 3. 7. Wie viele Fälle aggressiven Bettelns wurden von der Berliner Polizei jeweils in den Jahren 2012, 2013, 2014 und von Januar bis Mai 2015 festgestellt und wie viele von ihnen waren Wiederholungstäter? Zu 7.: Aus Anlass des „aggressiven Bettelns“ gab es folgende Einsatzzahlen: 2012 2013 2014 2015 (01.01.-31.05.) 303 144 374 170 Eine automatisierte Auswertung in Bezug auf „Wiederholungstäter “ ist nicht möglich. 8. In wie vielen Fällen aggressiven Bettelns wurden von der Berliner Polizei jeweils in den Jahren 2012, 2013, 2014 und von Januar bis Mai 2015 a) Strafanzeigen aufgenommen, b) Ordnungswidrigkeitenanzeigen aufge- nommen, c) Platzverweise ausgesprochen, d) Identitäten festgestellt, e) Tätigkeitsberichte verfasst? Zu 8.: Auf die nachstehende Tabelle wird verwiesen. 2012 2013 2014 2015 (01.01.- 31.05.) Strafanzeigen 59 33 57 14 Ordnungswidrigkeiten- anzeigen 7 1 1 2 Platzverweise 116 157 296 34 Identitätsfeststellungen 568 196 321 36 Tätigkeitsberichte 206 28 67 13 9. Wie viele Fälle betrügerischen Bettelns wurden von der Berliner Polizei jeweils in den Jahren 2012, 2013, 2014 und von Januar bis Mai 2015 festgestellt und wie viele von ihnen waren Wiederholungstäter? 10. In wie vielen Fällen betrügerischen Bettelns wurden von der Berliner Polizei jeweils in den Jahren 2012, 2013, 2014 und von Januar bis Mai 2015 a) Strafanzeigen aufgenommen, b) Ordnungswidrigkeiten- anzeigen aufgenommen, c) Platzverweise ausgesprochen, d) Identitäten festgestellt, e) Tätigkeitsberichte verfasst? Zu 9. und 10.: Die Polizei Berlin erfasst das Phänomen „betrügerisches Betteln“ nicht gesondert. Entsprechende Taten werden unter dem Erfassungs- grund „Sonstige weitere Betrugsarten“ in das Polizeiliche Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) eingegeben. Eine valide Auswertung im Sinne der Fragestellung ist daher nicht möglich. 11. Weshalb spricht die Berliner Polizei bei ertappten „Scheibenputzern“, „Straßenverkäufern“, Hütchenspielern und Bettelbetrügern nicht sofort wie in Hamburg einen Platzverweis aus oder nimmt wie in München sofort eine Straf- oder Ordnungswidrigkeitenanzeige auf oder erfasst in allen jeweiligen Fällen die Identität? Zu 11.: In Berlin gelten die derzeitigen Einsatzhinweise zur Durchführung von polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Scheibenputzer- Tätigkeiten, aggressivem Betteln und wildem Campieren fort. Hiernach werden im Rahmen des täglichen Dienstes gegen Personen, die auf öffentlichem Straßenland bei Scheibenputzer-Tätigkeiten oder in Vorbereitung dazu angetroffen werden, Platzverweise ausgesprochen und Identitätsfeststellungen durchgeführt. Die Vorgangser- fassung erfolgt im polizeilichen Informationssystem POLIKS. Unter Berücksichtigung erkannter Brennpunkte werden Schwerpunktmaßnahmen zur Bekämpfung des Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 330 3 Phänomens durchgeführt und Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen mit entsprechenden Maßnahmen bis hin zur Fertigung einer Strafanzeige ergriffen. Anlassbezogen wird hierbei eine enge Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Bezirksämtern gesucht. Zur Bekämpfung des Hütchenspielbetrugs wurde, wie bereits zur Beantwortung der Frage 6 ausgeführt, eine direktionsübergreifende Ermittlungsgruppe „Hütchenspielbetrug “ gegründet, die auch operativ tätig ist. Bei Antreffen von Hütchenspielerinnen bzw. Hütchenspielern werden durch Polizeikräfte beispielsweise Identitätsfest- stellungen vorgenommen, Straf- und Ordnungswidrig- keitenanzeigen eingeleitet, Sicherstellungen und Be- schlagnahmen vorgenommen, qualifizierte Platzverweise erteilt und schriftlich ausgehändigt oder Aufenthaltsver- botsverfügungen für ein bestimmtes Gebiet verhängt. 12. Wann beschließt der Senat den in der Antwort auf meine Schriftliche Anfrage 17/15197 vom 7. Januar 2015 angekündigten Verordnungsentwurf zur Einführung eines Verbots des Bettelns durch Kinder und in Begleitung von Kindern? Zu 12.: Seitens der Senatsverwaltung für Inneres und Sport ist beabsichtigt, den Entwurf einer Rechtsverord- nung über das Verbot des Bettelns von Kindern und in Begleitung von Kindern nach erfolgreichem Abschluss des derzeit noch laufenden Mitzeichnungsverfahrens dem Senat zur Kenntnisnahme vorzulegen. Vor einer Be- schlussfassung des Senats über den Entwurf wird er zu- nächst dem Rat der Bürgermeister vorgelegt, um auch den Bezirksverwaltungen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Berlin, den 15. Juni 2015 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juni 2015)