Drucksache 17 / 16 354 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher und Marion Platta (LINKE) vom 04. Juni 2015 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2015) und Antwort Wettbewerbe, Gutachter- bzw. Workshop-Verfahren und Bürgerbeteiligung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Anhand welcher Vorgaben und Kriterien ent- scheiden das Land Berlin und die Bezirke, städtebauliche, architektonische oder landschaftsplanerische Wettbewer- be durchzuführen? Antwort zu 1: Es gibt im Land Berlin keine gesetzli- chen Regelungen, Vorgaben oder festgeschriebenen Kri- terien für die Durchführung von Planungswettbewerben. In der Allgemeinen Anweisung für die Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben Berlins (Anweisung Bau – ABau) wird darauf hingewiesen, dass für die Vergabe von Planungsleistungen für städtebauliche Vorhaben, Freiraum- und Hochbaumaßnahmen sowie für Ingenieur- bauwerke in der Regel Planungswettbewerbe durchge- führt werden. Wettbewerbe sind das zu bevorzugende Instrument für die Auftragsstreuung und zur Förderung der Baukultur. Sie dienen der Transparenz und Nachvoll- ziehbarkeit von Planungsprozessen und Vergabeverfah- ren. Wettbewerbe optimieren die Gestaltungs-, Nutzungs-, und Betriebsqualitäten sowie die Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben und führen zu einer frühzeitigen Kosten- übersicht.“ Im Rahmen der Prüfung des Bedarfsprogramms wird festgelegt, ob ein Architektenwettbewerb für eine öffentliche Baumaßnahme durchgeführt wird. Die Durchführung von Wettbewerben ist eine Selbst- verpflichtung des Landes Berlins zur Förderung der Bau- und Vergabekultur. Frage 2: Wie hoch waren in den Jahren 2013 und 2014 die Ausgaben für solche Wettbewerbe und welcher Anteil wurde von Dritten getragen? Antwort zu 2: Die Ausgaben im Titel 52611 (Städte- bauliche Wettbewerbe) betrugen im Jahr 2013 insgesamt 1.102.643,21 € und im Jahr 2014 insgesamt 790.914,49 €. Aus dem Titel werden sämtliche Verfahrenskosten für städtebauliche und freiraumplanerische Wettbewerbe sowie für städtebauliche Vorplanungen zur Vorbereitung von Investorenprojekten finanziert. Aus dem Titel 52611 werden nicht die Aufwendungen für Bauwettbewerbe von Maßnahmen des öffentlichen Hoch- und Tiefbaus finanziert. Diese Wettbewerbskosten sind aus dem Budget der jeweiligen Baumaßnahme zu erstatten. Frage 3: Bei welchen Vorhaben wird aufgrund entwi- ckelter standardisierter Lösungen (z.B. Sporthallen, Kitas) auf Wettbewerbe verzichtet, um ggf. Kosten und Zeit zu sparen? Antwort zu 3: Auf Grund der Themenstellung und der Eilbedürftigkeit wird z.B. bei der Planung von modularen Gebäuden zur Unterbringung Asylbegehrender, bei modu- laren Ergänzungsbauten für Schulen, bei Typenbauten für Sporthallen oder bei kleineren Baumaßnahmen im Be- reich der inneren Sicherheit (beispielsweise Feuerwachen) auf Planungswettbewerbe verzichtet. Frage 4: Inwieweit sieht der Senat eine Bürgerbeteili- gung innerhalb von Wettbewerben vor und in welcher Weise kann ein Gutachter- oder Workshop-Verfahren mit partizipativen Elementen einen städtebaulichen Wettbe- werb ergänzen oder ersetzen? Antwort zu 4: Bürgerbeteiligung in Wettbewerben ist in mehreren Formen möglich. Zum einen kann vor Aus- lobung des Wettbewerbs ein partizipativer Prozess zur Ermittlung der Vorstellungen und Wünsche aus der Bür- gerschaft durchgeführt werden. Umfang und Aufwand ist von der Bedeutung der Aufgabe, der Anzahl der Betroffe- nen und den zur Verfügung stehenden Mitteln abhängig. Während des Wettbewerbs ist aus wettbewerbs- und vergaberechtlichen Gründen die strikte Wahrung der Anonymität erforderlich. Deswegen ist ein direkter Dia- log zwischen Teilnehmenden und Bürgerinnen und Bür Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 16 354 2 gern nicht möglich. Eine Möglichkeit ist jedoch am Abend vor dem Preisgericht entweder alle Arbeiten, oder bei mehrstufigen Verfahren die engere Wahl, durch die Vorprüfung öffentlich in Anwesenheit des Preisgerichts vorstellen zu lassen. Dort können Anregungen und Be- denken gesammelt werden und in den anschließenden Entscheidungsprozess einfließen. Außerdem können Ver- treterinnen und Vertreter der Bürgerinnen und Bürger als Sachverständige im Preisgericht mitwirken. In einem Gutachter- oder Workshopverfahren bzw. in einer parallelen Mehrfachbeauftragung ist man nicht an die Anonymität gebunden, so dass auch ein direkter Aus- tausch zwischen Entwerfenden und Bürgerinnen und Bürgern möglich ist. Bei einem solchen Verfahren ist die Anzahl der teilnehmenden Büros sehr begrenzt und damit auch die Zahl der Lösungsangebote. Diese Verfahrensart ist jedoch nur für niedrigschwellige Verfahren unterhalb des EU-Schwellenwertes für die Vergabe öffentlicher Aufträge zulässig. Frage 5: Warum wollen Bund und Senat auf einen städtebaulichen Wettbewerb zur Weiterentwicklung des Kulturforums verzichten und wie sollen die städtebauli- chen und denkmalpflegerischen Vorgaben für den geplan- ten Architekturwettbewerb zum Neubau des Museums der Moderne entwickelt werden? Antwort zu 5: In einer ersten Stufe wird es einen offe- nen Ideenwettbewerb geben, mit dem vor allem die städ- tebauliche Einpassung des Vorhabens in das Kulturforum zum Ziel hat, in welchem zwei Museumsstandorte zur Wahl stehen. Im Wettbewerbsverfahren für das Museum des 20. Jahrhunderts wird somit die städtebauliche Positionierung und die Einpassung in die Architekturikonen von Mies und Scharoun sowie Stüler eine der Aufgabenstellungen sein. Ebenso ist die Frage der Vernetzung Teil der zu lösenden Fragestellungen. Die Setzung eines Solitärs, egal an welchem Standort, wird die zukünftige städtebauliche Entwicklung des Kulturforums prägen und damit klären. Frage 6: Welche Inhalte und welche Beteiligungsfor- men soll das Gutachter- bzw. Workshop-Verfahren zur Überarbeitung des Masterplans Alexanderplatz haben, wie werden die Hochhausprojekte Hines und Alexa ein- bezogen und in welchem Zeitrahmen soll es abgeschlos- sen werden? Antwort zu 6: Die Inhalte und Ziele des Verfahrens bestehen in der Suche nach realisierbaren Varianten des Masterplans, von Möglichkeiten des Miteinander von Bestand und Neuem, nach qualitativer Aufwertung des Stadtplatzes „Alexanderplatz“, der Erdgeschosszonen sowie von Sicht- und Fußgängerbeziehungen sowie in der Stärkung der Wohnnutzung. Dabei müssen die Interessen der Stadt, des Gemein- wesens sowie von Investoren und Eigentümern berück- sichtigt werden. Auf Grund der vom Abgeordnetenhaus am 08.05.2015 erteilten Auftrags für das Workshopverfahren, wonach der Alexanderplatz als Standort für Hochhäuser nicht in Frage steht, sowie des erteilten Vorbescheides zum Turmhochhaus von MonArch und dem laufenden B 1 -Plan Änderungsverfahren zum Turmhochhaus von HINES werden beide Standorte als Festpunkt in das Work- shopverfahren übernommen. Das Workshopverfahren gliedert sich in zwei Phasen mit je einem Fach- und einem Bürgerworkshop. Bei den Fachworkshops werden gezielt Vertreterinnen und Vertre- ter der Verwaltung und Politik sowie Fachleute, Anraine- rinnen und Anrainer, Eigentümerinnen und Eigentümer, Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter eingela- den um fachliche, rechtliche und städtebauliche Möglich- keiten für die Modifizierung des Masterplans zu entwi- ckeln. Zu den Bürgerworkshops sind alle interessierten Bürgerinnen und Bürger, Anwohnerinnen und Anwohner und Nutzerinnen und Nutzer des Alexanderplatz eingela- den und können ihre Ideen und öffentliches Interesse zur Nutzung und Gestalt des Alex einbringen. Parallel ist die Onlinebeteiligung möglich, über die die Grundlagen und der Stand der Diskussion gezeigt wird und mit dem Nach- fragen, Kommentare und Anregungen ermöglicht werden. Ab Mitte August ist zudem vor dem Bürgerworkshop eine Ausstellung im Alexanderhaus geplant. Das Ergebnis der Diskussion wird mit Empfehlung bis Mitte 2016 zurück ins Abgeordnetenhaus zur Entschei- dung über weitere Verfahrensschritte gegeben. Prof. Kollhoff (Urheber Masterplan 1993) begleitet das Verfahren mit Skizzen und überträgt die Diskussions- ergebnisse in einen weiterentwickelten Masterplan. Berlin, den 19. Juni 2015 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juni 2015) 1 Bebauungsplan